200.000 Euro für den Verlust beider Nieren
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Hamm (jur). Für den Verlust beider Nieren hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm einer Jugendlichen ein Schmerzensgeld von 200.000 Euro zugesprochen. Der lange Krankheitsverlauf und die nun bestehende dauerhafte Dialysepflicht rechtfertigten eine Entschädigung in dieser Höhe, heißt es in dem am Mittwoch, 19. August 2015, bekanntgegebenen Urteil (Az.: 26 U 104/14).
Die damals 15-Jährige litt an einer krankhaften Fettsucht und einem Nikotinmissbrauch. Im September 2001 stellte die Hausärztin einen deutlich erhöhten Blutdruck fest und wies auf die Notwendigkeit regelmäßiger Kontrollen hin. Nachdem die Jugendliche vier Mal bewusstlos geworden war, überwies die Hausärztin sie zu weiteren Kontrollen an einen Internisten beziehungsweise Kardiologen. Zudem bot sie weitere Blutdruckkontrollen an, kontrollierte die Blut- und Nierenwerte aber nicht.
Später wurden bei der Jugendlichen sogenannte Schrumpfnieren diagnostiziert. Bei dieser Krankheit schrumpfen die Nieren auf etwa die Hälfte ihrer ursprünglichen Größe zusammen, so dass sie letztendlich ihre Aufgabe der Blutreinigung nicht mehr erfüllen können. Ursache können unter anderem Entzündungen aber auch Bluthochdruck sein.
Auch bei der Jugendlichen versagten die Nieren letztlich ganz. 53 Operationen blieben ohne Erfolg, darunter auch zwei Nierentransplantationen. Sie wurde daher dauerhaft dialysepflichtig.
Ihrer Hausärztin warf sie vor, sie habe sie nicht richtig und ausreichend untersucht. Daher verlangte sie Schadenersatz und ein Schmerzensgeld von 200.000 Euro.
Das OLG Hamm sprach ihr nun diesen Betrag zu. Die Ärztin habe nicht genug unternommen, um die Ursache für den Bluthochdruck der Klägerin abzuklären. Bereits der im September 2001 gemessene Blutdruck sei „ein krankhafter Befund“ gewesen, der durch weitere regelmäßige Blutdruckmessungen habe abgeklärt werden müssen. Soweit die Jugendliche nicht einsichtig gewesen sei, habe die Ärztin den Eltern die „hohe Dringlichkeit“ der Sache erläutern und die Patientin später statt zum Internisten gleich in ein Krankenhaus einweisen müssen.
Dass dies alles unterblieben war, wertete das OLG als „groben Behandlungsfehler“. Daher sei davon auszugehen, dass die schweren späteren Folgen auf diesen Fehler zurückgehen.
„Der komplikationsträchtige, lange Krankheitsverlauf mit der dauerhaften Dialysepflicht für die noch junge Klägerin rechtfertigt die Größenordnung des zugesprochenen Schmerzensgeldes“, erklärte das OLG abschließend zur Begründung seines Urteils vom 3. Juli 2015.
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