ARBEITSRECHT
Anspruch auf Weihnachtsgeld trotz Freiwilligkeitsvorbehalt
Autor: Volker Backs LL.M. - Rechtsanwalt
Weihnachtsgeld trotz Freiwilligkeitsvorbehalt bei betrieblicher Übung
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 08.12.2010, 10 AZR 671/09, entschieden, dass ein Arbeitgeber trotz einer Klausel im schriftlichen Arbeitsvertrag über die Freiwilligkeit der Weihnachtsgratifikation zur Zahlung verpflichtet sein kann. In dem vom BAG entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber über einen Zeitraum von drei Jahren Weihnachtsgeld gezahlt. Schon bisher war das BAG davon ausgegangen, dass bei einer Zahlung über drei Jahre ein Anspruch des Arbeitnehmers aus so genannter betrieblicher Übung entstehen kann.
Die in dem Arbeitsvertrag enthaltene Klausel hatte allerdings neben der Vereinbarung eines Freiwilligkeitsvorbehaltes auch einen Widerrufsmöglichkeit vorgesehen. Es hieß:
„Soweit der Arbeitgeber gesetzlich oder tarifvertraglich nicht vorgeschriebene Leistungen, wie Prämien, Zulagen, Urlaubsgeld, Gratifikationen, Weihnachtsgratifikationen gewährt, erfolgen sie freiwillig und ohne rechtliche Verpflichtung. Sie sind daher jederzeit ohne Wahrung einer besonderen Frist widerrufbar."
Nachdem der Arbeitgeber in dem vom BAG entschiedenen Fall nach dreimaliger Zahlung die weitere Zahlung von Weihnachtsgeld einstellte, machte der Arbeitnehmer seine Ansprüche geltend und berief sich auf die durch dreimalige Zahlung entstandene betriebliche Übung. Der Arbeitgeber verwies darauf, dass er im Arbeitsvertrag auf die Freiwilligkeit hingewiesen habe und die Widerruflichkeit der Leistung vereinbart worden sei. Er sei deshalb nicht weiter zur Zahlung von Weihnachtsgeld verpflichtet.
Das BAG hat klargestellt, dass entsprechende Regelungen in Arbeitsverträgen klar und verständlich im Sinne des § 307 BGB sein müssen. Diese Klarheit lasse die Regelung jedoch vermissen, da sie widersprüchlich sei.
Nach Ansicht des BAG betone der Arbeitgeber zwar die Freiwilligkeit seiner Leistung. Er behalte sich jedoch den Widerruf der Leistung vor, was allerdings voraussetze, dass überhaupt ein Anspruch bestehe. Diese beiden Vorbehalte (Freiwilligkeit und Widerruf) sind für den Arbeitnehmer nach Auffassung des BAG aber widersprüchlich, weil nicht klar erkennbar sei, ob tatsächlich eine Verpflichtung zur Leistung gewollt war oder nicht.
Ähnlich hatte das Bundesarbeitsgericht bereits in früheren Fällen entschieden, in denen Freiwilligkeitsvorbehalt und Widerrufsvorbehalt nebeneinander verwendet wurden.
Praxistipp: Ältere Verträge sollten anhand der nunmehr anzuwendenden Regeln der Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf etwaige Widersprüche überprüft werden. Bei neu abzuschließenden Verträgen muss der Arbeitgeber darauf achten, dass widersprüchliche und unklare Regelungen vermieden werden. Bezüglich des Weihnachtsgeldes empfehlen wir, eindeutige Klausel für den Freiwilligkeitsvorbehalt zu verwenden.
Formulierungsbeispiel (im Arbeitsvertrag): „Der (Die) Arbeitnehmer(in) erhält eine freiwillige Jahresgratifikation. Die Zahlung dieser Gratifikation erfolgt ohne Anerkennung einer Rechtspflicht. Der Arbeitgeber behält sich vor, jährlich neu eine Entscheidung darüber zu treffen, ob und in welcher Höhe diese Zahlung geleistet werden soll."
© VolkerBacks LL.M.
Rechtsanwalt und FAArbR
im Dezember 2010