Befristete Verträge mit der Bundesagentur für Arbeit
Autor: Dr. Elke Scheibeler - Rechtsanwältin
Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit mit befristeten Verträgen sind zurzeit oft verunsichert über ihre eigene arbeitsvertragliche Situation. Und dies, obwohl sie sich oft selbst mit der Vermittlung von Arbeitssuchenden befassen und über gute arbeitsrechtliche Kenntnisse ver-fügen. Grund hierfür ist das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 17.03.2010, AZ 7 AZR 843/08, das die Befristung einer Angestellten der Arbeitsagentur für unwirksam erklärt hatte.
Der Arbeitsvertrag der betreffenden Mitarbeiterin war gemäß § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TzBfG befristet, d.h. sie wurde aus Haushaltsmitteln vergütet, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind. Die Ermächtigung für Kräfte mit befristetem Vertrag be-fand sich in Kapitel 5 Titel 425 02 der Bundesagentur für Arbeit. Dort hieß es: „Vergütungen und Löhne der Kräfte mit befristetem Arbeitsvertrag".
In den Erläuterungen in der Anlage 2 hieß es weiter: „In der Übersicht zur Gruppe 425 „für Aufgaben nach dem SGB II" sind 5.000,00 (Vorjahr:0) Ermächtigungen für Kräfte mit befristetem Arbeitsvertrag (§ 14 Abs. 1 Nr. 7 TzBfG) zusätzlich für die Dauer von 3 Jahren bis 31.12.2007 ausgewiesen. Mit der zeítlichen Befristung wird die Erwartung verbunden, dass der Bedarf für Ausgaben nach dem SGB II infolge der Arbeitsmarktentwicklung zurückgehen wird. Zudem wird die BA personelle Entlastungswirkungen im SGB III-Bereich dazu nutzen, vorhandenes Dauerpersonal zusätzlich für die Aufgabenerledigung nach dem SGB II einzu-setzen.
Dem Bundesarbeitsgericht reichte diese haushaltsrechtliche Bestimmung aber nicht aus. Es ist nämlich erforderlich, dass die Rechtsvorschriften, mit denen die Haushaltsmittel ausgebracht werden, selbst die inhaltlichen Anforderungen für die im Rahmen der befristeten Arbeitsverträge auszuübenden Tätigkeiten oder die Bedingungen, unter denen sie auszuführen sind, enthalten. Der soeben zitierte Haushaltstitel enthalte pauschal und ohne nähere Aufschlüsselung 5.000 Ermächtigungen für die befristete Beschäftigung mit Aufgaben nach dem SGB II. Es gebe keine Angaben, für welche Aufgaben innerhalb des SGB II Bereiches die Mittel genutzt werden dürfen, so dass Arbeitnehmer zu jedweden Aufgaben im Arbeitsbereich des SGB II genutzt werden dürfen. Aufgaben nach dem SGB II seien Daueraufgaben der Arbeitsagenturen und keine vorübergehend anfallenden Arbeiten.
Es gebe zwar Andeutungen, dass mit Hilfe der befristet beschäftigten Arbeitnehmer ein mit dem vorhandenen unbefristet beschäftigten Stammpersonal nicht zu bewältigender Arbeitsanfall im Bereich der Aufgaben nach dem SGB II abgedeckt werden sollte, und dass erwartet wurde, dass das anfallende Arbeitsaufkommen nach dem Jahr 2007 mit dem Stammpersonal erledigt werden kann. Es sei aber nicht klar, auf welchen objektiv vorliegenden und nachprüfbaren Umständen diese Erwartung beruhte. Das Arbeitsaufkommen im Bereich des SGB II hänge von kaum vorhersehbaren Faktoren ab und könnte ohne nähere Analyse keine Grundlage für eine objektiv fundierte Prognose sein. Gleiches gelte sinngemäß für die Prognose, dass Dauerpersonal aus dem SGB III-Bereich frei werde.
Daraus folgte, dass die Befristung der klagenden Arbeitnehmerin unwirksam war. Sie ist als unbefristete Dauerangestellte bei der Bundesagentur für Arbeit tätig.
Was bedeutet dies nun für Angestellte, die aktuell bei der Bundesagentur für Arbeit beschäftigt sind? Hier gilt wie so oft die - für Mandanten zunächst unbefriedigende - Antwort: Es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an. Die vom BAG geprüfte Ermächtigung erlaubte die Beschäftigung von befristeten Arbeitnehmern bis zum 31.12.2007. Das bedeutet: Wer aktuell bei der Bundesagentur für Arbeit tätig ist, kann sich auf die unwirksame Ermächtigung im Haushaltsplan 2005 und das Urteil des BAG nicht berufen, da er aufgrund einer neuen Ermächtigung aus einem späteren Haushaltsplan eingestellt wurde. Das gilt sogar dann, wenn er zuvor aufgrund von Kapitel 5 Titel 425 02 des Haushaltsplans 2005 eingestellt war, da es jeweils auf die Wirksamkeit der aktuellen Befristung ankommt.
Im Haushaltsplan 2008 und gleichlautend im Haushaltsplan 2009 ist jeweils in Kapitel 5 Titel 425 02 wieder die Anstellung von Kräften mit befristetem Arbeitsvertrag bis zum 31.2010 vorgesehen. Die Ausführungen in der Anlage sind etwas präziser, denn es heißt: „Infolge der absehbaren demographischen Entwicklung und der Arbeitsmarktentwicklung wird der aktuel-le Personalbedarf, der sich aus der Anzahl der Bedarfsgemeinschaften bzw. der erwerbsfä-higen Hilfsbedürftigen errechnet, bis zum 31.12.2010 zurückgehen. Ab dem 01.01.2011 wird der dann bestehende Dauerstellenbestand ausreichen, um die Aufgaben nach dem SGB II zu erledigen. Bis zu diesem Zeitpunkt besteht ein erhöhter Arbeitsanfall und damit größerer, aber temporärer Personalbedarf, der nur durch zusätzlich beschäftigte Kräfte in den Bereichen „Markt und Integration" bzw. „Leistungsgewährung" der Arbeitsgemeinschaften bzw. Agenturen in getrennter Aufgabenwahrnehmung bewältigt werden kann."
Ob diese Formulierung den Gerichten ausreicht, bleibt abzuwarten. Die genannte Arbeitsmarktentwicklung ist unter Zugrundelegung der Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 17.03.2010 zu unsicher, um eine Befristung zu begründen. Die demographische Entwicklung könnte es eher sein, da diese ja bekannt ist. Ob die Zuweisung der Kräfte in die Bereiche „Markt und Integration" bzw. „Leistungsgewährung" ausreicht, ist ebenfalls zweifelhaft, da es sich hierbei um Daueraufgaben handelt. Wer aufgrund dieser Ermächtigung angestellt ist und es sich leisten kann, z.B. weil er über eine Rechtsschutzversicherung verfügt, sollte jedenfalls eine Entfristungsklage erheben und die Klausel gerichtlich überprüfen lassen. Die Bundesagentur für Arbeit wird wohl außergerichtlich nicht bereit sein, befristete in unbefristete Verträge umzuwandeln.
Auf keinen Fall sollte sich ein Arbeitnehmer, der aktuell aufgrund der Ermächtigung in Kapitel 5 Titel 425 02 befristet angestellt ist, darauf einlassen, einen weiteren befristeten Vertrag zu schließen. Dann kommt es nämlich nur noch auf die Wirksamkeit der neuen Befristung an. Zu beachten ist außerdem, dass eine etwaige Entfristungsklage innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende der befristeten Arbeitsvertrags erhoben werden muss. Sollte innerhalb dieser Frist keine Klage eingereicht worden sein, kann die Unwirksamkeit der Be-fristung nicht mehr geltend gemacht werden.
Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass es auch Arbeitnehmer gibt, die aufgrund einer anderen Haushaltsermächtigung befristet angestellt sind, z.B. gemäß Kapitel 5 Titel 425 07. In diesem Fall kann eine Unwirksamkeit in Anlehnung der dargestellten Entscheidung des BAG nicht geltend gemacht werden, sondern es ist individuell zu prüfen, ob der betreffende Arbeitnehmer aufgrund einer Ermächtigung beschäftigt wird, die die inhaltlichen Anforderungen für die im Rahmen der befristeten Arbeitsverträge auszuübenden Tätigkeiten oder die Bedingungen, unter denen sie auszuführen sind, enthält, und ob insbesondere auch eine Beschäftigung gemäß der Ermächtigung erfolgt.