BGH: DDR-Verfolgung der Eltern schlägt nicht automatisch auf Kinder durch
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Karlsruhe (jur). Die Heimunterbringung der Kinder politisch verfolgter Eltern in der DDR ist nicht automatisch eine politische Verfolgung auch der Kinder. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Montag, 4. Mai 2015, veröffentlichten Beschluss entschieden (Az.: 4 StR 525/13). Anlass für Rehabilitierung und Entschädigung besteht danach nur, wenn die Heimunterbringung eine Benachteiligung des Kindes bezwecken oder die Eltern disziplinieren sollte.
Damit dürfte eine Frau aus Thüringen kaum Aussicht auf Rehabilitierung und Entschädigung haben. Ihre geschiedene Mutter war 1961 vom Bezirksgericht Erfurt wegen „staatsgefährdender Hetze“ zu einer Gefängnisstrafe von 20 Monaten verurteilt worden. Vom 9. September 1961 bis 9. Mai 1963 war die Mutter in Haft. Die damals zunächst siebenjährige Tochter kam unterdessen in ein Kinderheim.
Nach der Wende in der DDR hat das Bezirksgericht Erfurt die Mutter 1992 rehabilitiert. Nach der Vereinigung stellte auch die Tochter einen Rehabilitierungsantrag. Das Landgericht Erfurt gab dem weitgehend statt und stellte 2012 einen rechtswidrigen Freiheitsentzug fest. Dagegen wandte sich die Staatsanwaltschaft.
Das Thüringer Oberlandesgericht (OLG) in Jena will die Erfurter Entscheidung bestätigen. Es ist der Auffassung, dass die Anordnung einer Heimunterbringung ebenfalls Ausdruck politischer Verfolgung ist, wenn die Eltern aus politischen Gründen inhaftiert waren. Allerdings hatte das Kammergericht Berlin bereits 2011 gegenläufig entschieden (Beschluss vom 13. Dezember 2011, Az.: 2 Ws 443/11 REHA). Daher legte das OLG Jena die Frage dem BGH vor (Beschluss vom 7. Mai 2013, Az.: 1 W Reha 3/11).
Wie nun der BGH entschied, ist die Heimuntebringung eines Kindes für sich genommen in solchen Fällen noch keine politische Verfolgung. Anders sieht es danach allerdings aus, wenn die Heimunterbringung zumindest auch das Ziel hat, das Kind politisch zu benachteiligen. „Auch die zur politischen Disziplinierung von Eltern oder Verwandten angeordnete Heimunterbringung stellt sich als politische Verfolgung dar“, heißt es weiter in dem Karlsruher Beschluss.
Dagegen mache „der bloße ursächliche Zusammenhang mit einer gegen die Eltern gerichteten Verfolgungsmaßnahme“ eine Heimunterbringung noch nicht zur politischen Verfolgung. Die politische Verfolgung der Eltern schlage hier nicht auf die Kinder durch, so der BGH in seinem jetzt schriftlich veröffentlichten Beschluss vom 25. März 2015.
Über den konkreten Fall muss nun das OLG Jena entscheiden.
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