VERWALTUNGSRECHT
Der Massenabgleich von Kfz-Kennzeichen in Bayern ist rechtmäßig
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Leipzig (jur). Der automatisierte Massenabgleich von Kfz-Kennzeichen in Bayern ist rechtmäßig. Weil nur bestimmte Kennzeichen gespeichert werden, greift dies beim Gros der Autofahrer nicht in ihre Persönlichkeitsrechte ein, urteilte am Mittwoch, 22. Oktober 2014, das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig (Az.: 6 C 7.13).
Mit mehreren stationären Anlagen erfasst Bayern seit 2006 die Kennzeichen vorbeifahrender Autos auf den Autobahnen. Weitere mobile Kennzeichenerfassungsgeräte werden je nach polizeilicher Lage eingesetzt, etwa bei Fußballspielen oder anderen großen Veranstaltungen. Die Geräte nehmen die Kennzeichen der Autos mit einem nicht sichtbaren Infrarotblitz von hinten auf. Sie werden dann mit polizeilichen Fahndungsdaten abgeglichen. Nur bei einer Übereinstimmung wird das Kennzeichen gespeichert.
Ein Informatiker mit Wohnsitzen in Bayern und Österreich sah dadurch seine Persönlichkeitsrechte verletzt. Er befürchtete, dass die Polizei mit den Daten ein „Bewegungsbild“ erstellen könnte. 50 Millionen Autofahrer in Deutschland würden unter einen „Generalverdacht“ gestellt. Allein in Bayern würden monatlich acht Millionen Kennzeichen überprüft.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München hatte die Klage abgewiesen (Urteil vom 17. Dezember 2012, Az.: 10 BV 09.2641; JurAgentur-Meldung vom 15. März 2013). Dies hat das Bundesverwaltungsgericht nun bestätigt.
Im Fall des Informatikers – wie auch der allermeisten anderen Autofahrer – liege kein Eingriff in Persönlichkeitsrechte oder das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vor. Denn sein Kennzeichen sei in der polizeilichen Fahnungsdatenbank nicht gespeichert. In diesen Fällen werde ein erfasstes Kennzeichen aber sofort „spurenlos und ohne die Möglichkeit, einen Personenbezug herzustellen, gelöscht“, so das Bundesverwaltungsgericht zur Begründung.
Auch das Argument, wonach angeblich jedes 20. Kennzeichen falsch eingelesen wird, ließen die Leipziger Richter nicht gelten. Denn jede Übereinstimmung werde sofort von einem Polizeibeamten überprüft. Sei das Kennzeichen falsch eingelesen worden, werde es ebenfalls sofort gelöscht.
Als Konsequenz des Leipziger Urteils können unbescholtene Autofahrer nicht gegen einen solchen Massenabgleich klagen. Dass ein Autofahrer klagt, dessen Kennzeichen in der Fahndungsdatenbank gespeichert ist, ist wohl eher unwahrscheinlich.
Das Bundesverfassungsgericht hatte am 11. März 2008 die automatisierte Kennzeichenerfassung in Hessen (Az.: 1 BvR 2074/05) und Schleswig-Holstein (Az.: 1 BvR 1254/07) als grundrechtswidrig verworfen. Danach liegt ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung allerdings nur vor, „wenn der Abgleich nicht unverzüglich erfolgt und das Kennzeichen nicht ohne weitere Auswertung sofort und spurenlos gelöscht wird“. Zudem dürfe die automatisierte Kennzeichenerfassung nicht anlasslos oder flächendeckend erfolgen.
Hessen hatte daraufhin eine Neuregelung geschaffen, Schleswig-Holstein hat darauf verzichtet. Nach Angaben des Informatikers aus Bayern liegen beim Bundesverfassungsgericht inzwischen neue Verfassungsbeschwerden gegen die Kennzeichenerfassung in Bayern, Baden-Württemberg und Hessen vor.
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