Einfacher Schmerzensgeld vom Apotheker
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Köln (jur). Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat die Haftungsansprüche von Patienten gegenüber Apothekern gestärkt. Nach einem am Mittwoch, 28. August 2013, bekanntgegebenen Urteil vom 7. August 2013 muss nach einem schweren Fehler der Apotheker beweisen, dass nachfolgende Gesundheitsschäden nicht auf diesen Fehler zurückgehen (Az.: 5 U 92/12).
Wer Schadenersatz verlangt, muss üblich selbst beweisen, dass er tatsächlich geschädigt worden ist. Das gilt auch für normale Fehler von Ärzten und Apothekern. Dagegen ist für grobe ärztliche Behandlungsfehler seit längerem eine sogenannte Umkehr der Beweislast anerkannt: Dann muss der Arzt beweisen, dass in der Folge auftretende gesundheitliche Schäden des Patienten nicht auf seinen Fehler zurückgehen. Kann der Arzt dies nicht, muss er Schadenersatz und gegebenenfalls auch Schmerzensgeld zahlen. Seit Ende Februar 2013 ist dies auch gesetzlich so geregelt.
Das OLG Köln hat diese Grundsätze nun auch auf Apotheker übertragen. Nach eigenen Angaben hat das Gericht damit eine bislang offene Haftungsfrage geklärt. Konkret gab es einem heute 17-jährigen Jungen und seinen Eltern recht.
Der Junge war 2006 mit Down-Syndrom und einem Herzfehler geboren worden. Drei Monate nach der Geburt sollte das Herz operiert werden. Für die Zeit bis dahin verordnete der Arzt Herzglykoside. Das sind nach dem lateinischen Namen des Fingerhuts auch „Digitalis“ genannte Wirkstoffe, die den Herzschlag verlangsamen aber kräftigen.
Versehendlich stellte der Arzt das Rezept aber in einer achtfach überhöhten Dosis aus. Der Apotheker übersah den Fehler und gab das Medikament in der verordneten Rezeptur ab. Nach fünf Tagen erlitt der Junge einen Herzstillstand. Er musste 50 Minuten lang reanimiert werden. Zudem wurde sein Darm beschädigt.
Fünf Jahre später wurden eine Hirnschädigung und ein auch für Kinder mit Down-Syndrom erheblicher Entwicklungsrückstand festgestellt. Die Eltern machen hierfür den durch die überdosierte Arznei ausgelösten Herzstillstand verantwortlich. Mit ihrer Klage verlangen sie für den Jungen von Arzt und Apotheker gemeinsam ein Schmerzensgeld von mindestens 200.000 Euro.
Das OLG Köln gab dem nun im Grundsatz statt. Angesichts des hochgefährlichen Fingerhut-Wirkstoffs habe er die Verordnung besonders sorgfältig prüfen müssen. Es liege daher ein grober Fehler vor, wie er „einem Apotheker schlechterdings nicht unterlaufen“ dürfe. „Das Zusammenwirken von Arzt, Apotheker und Medikament“ lasse sich in solchen Fällen nicht sinnvoll trennen.
Wegen der Beweislastumkehr müssten Arzt und Apotheker beweisen, dass der Hirnschaden nicht auf die Überdosierung zurückgeht. Weil sie dies nicht konnten, müssten sie gemeinsam für den Fehler einstehen, urteilte das OLG.
Die konkrete Höhe des Schmerzensgeldes ließ das OLG allerdings noch offen. Zudem ließen die Kölner Richter wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum Bundesgerichtshof in Karlsruhe zu.
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