Fehlende Kündigung nach Insolvenz sichert nicht Arbeitslosengeld
Experten-Branchenbuch.de,
zuletzt bearbeitet am:
Kassel (jur). Erhalten Arbeitnehmer von ihrem pleitegegangenen Chef trotz fehlender
Beschäftigung einfach keine Kündigung, können damit nicht automatisch
notwendige Beitragszeiten für den Arbeitslosengeldanspruch gesichert werden.
Nur wenn Arbeitnehmer tatsächlich beschäftigt werden und ein Arbeitsentgelt
erhalten, liegt eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vor, die sich
auf die Zahlung von Arbeitslosengeld auswirken kann, urteilte am Mittwoch, 4.
Juli 2012, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 11 AL 16/11 R).
Im entschiedenen Rechtsstreit hatte ein ehemaliger kaufmännischer Leiter aus
dem Ruhrgebiet auf die Weiterzahlung von Arbeitslosengeld geklagt. Der Mann war
bis Ende September 2005 bei einem Großmarkt in Gelsenkirchen beschäftigt. Das
Unternehmen musste anschließend Insolvenz anmelden. Die Eröffnung des
Insolvenzverfahrens wurde mangels Masse abgelehnt. Erst 2007 wurde die Firma
aus dem Handelsregister gelöscht.
Da der Kläger nicht mehr arbeiten konnte und auch keinen Lohn mehr erhielt,
beantragte er ab Oktober 2005 Arbeitslosengeld. Bei der Arbeitsagentur wies er
darauf hin, dass er von seinem Chef bislang nicht gekündigt wurde. Die
Arbeitsagentur bewilligte die Arbeitslosengeldzahlung sowie von November 2006
bis Anfang Februar 2007 die Zahlung von Insolvenzgeld. Einen zweiten Antrag auf
Arbeitslosengeld bewilligte die Behörde im Zuge eines Klageverfahrens bis zum
7. August 2007.
Als der Kläger danach zum dritten Mal Arbeitslosengeld beanspruchte, lehnte die
Arbeitsagentur dies ab. Der Arbeitslose habe die notwendigen
versicherungspflichtigen Beitragszeiten nicht erfüllt. Nach dem Gesetz besteht
ein Arbeitslosengeldanspruch, wenn innerhalb der letzten zwei Jahre eine
zwölfmonatige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vorgelegen hat. Diese
Anwartschaftszeit liege bei dem Kläger aber nicht mehr vor. Ansonsten bestehe
die Gefahr, dass pleitegegangene Arbeitgeber ihre Beschäftigten nicht
kündigten, so dass diese immer weiter Arbeitslosengeld erhalten können.
Der Arbeitslose verwies darauf, dass seine fehlende Kündigung nach den
gesetzlichen Bestimmungen maßgeblich sei. Die Arbeitsgerichte hätten in
mehreren Versäumnisurteilen festgestellt, dass weiterhin ein Arbeitsverhältnis
besteht. Daher habe er die Anwartschaftszeit für das Arbeitslosengeld erfüllt.
Der 11. Senat des BSG folgte dem jedoch nicht. Nicht das Fortbestehen eines
Arbeitsverhältnisses führe zur Einhaltung der erforderlichen Beitragszeiten,
sondern das Bestehen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Diese
beinhalte, dass der Arbeitnehmer tatsächlich beschäftigt gewesen war und ein
Arbeitsentgelt erhalten hatte. Der Kläger sei hier ab Oktober 2005 weder
arbeiten gewesen, noch habe er ein Entgelt erhalten. Mit dem dritten Antrag auf
Arbeitslosengeld habe er die gesetzlich vorgeschriebene zwölfmonatige
Beitragszeit nicht eingehalten. Eine Arbeitslosengeldzahlung könne er daher
nicht mehr beanspruchen.
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage