ARBEITSRECHT
Fristlose Kündigung wegen Stromklau ?
Autor: Volker Backs LL.M. - Rechtsanwalt
Fristlose Kündigung wegen Stromklau?
LAG Hamm, Urteil vom 02.09.2010, 16 Sa 260/10
Das LAG Hamm hat die fristlose und hilfsweise ordentliche Kündigung eines Arbeitnehmers wegen „Stromklaus" für unwirksam erklärt. Der Arbeitnehmer, der offenbar unbeanstandet seit fast 20 Jahren bei dem Arbeitgeber beschäftigt war, hatte seinen für einige Tage gemieteten Elektroroller für die Fahrt zur Arbeit genutzt und diesen dort zum Aufladen an das Stromnetz angeschlossen. Hierbei sind Kosten von etwa 1,8 Cent entstanden.
Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich mit der Begründung, der Arbeitnehmer habe ein Vermögensdelikt zum Nachteil des Arbeitgebers begangenen.
Auch das LAG Hamm hat im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung eine Interessenabwägung vorgenommen, die zum Nachteil des kündigenden Arbeitgebers ausfiel. Entscheidend war neben der Tatsache, daß es sich um einen Schaden von 1,8 Cent handelte und der Arbeitnehmer auf eine fast 20jährige Beschäftigungszeit zurückblicken konnte der Umstand, daß im Betrieb des Arbeitgebers die Aufladung von Mobiltelefonen und elektronischen Bilderrahmen gestattet war oder zumindest nicht beanstandet wurde.
Die Entscheidung des LAG Hamm reiht sich in die Liste der Entscheidungen ein, die einen deutlichen Schwerpunkt auf die Prüfung der Verhältnismäßigkeit bei dem Ausspruch einer fristlosen Kündigung wegen vermögensrechtlicher Sachverhalte zum Nachteil der Arbeitgeber legen. Im vorliegenden Fall wäre nach Ansicht des LAG Hamm, wohl insbesondere wegen der unbeanstandeten Nutzung des Stromnetzes für sonstige private Angelegenheiten, eine Abmahnung ausreichend und angemessen gewesen, um eventuell verlorenes Vertrauen wieder herzustellen.
© Volker Backs LL.M.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
im September 2010