Leihmutterschaftstourismus macht schwules Paar zu Eltern
Experten-Branchenbuch.de,
zuletzt bearbeitet am:
Karlsruhe (jur). Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat den „Leihmutterschafts-Tourismus“ von Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch ins Ausland erleichtert. Mit einem am Freitag, 19. Dezember 2014, veröffentlichten Beschluss sprach er einem schwulen Paar aus Berlin die Elternschaft zu (Az.: XII ZB 463/13). Wenn ein ausländisches Gericht dies so entscheide, seien die deutschen Behörden grundsätzlich daran gebunden.
Bei einer Leihmutterschaft tragen Frauen lediglich das Kind aus; sie „verleihen“ quasi ihre Gebärmutter. Für Paare, bei denen die Frau kein Kind austragen kann oder auch für schwule eingetragene Lebenspartner sind Leihmütter die einzige Chance, ein „eigenes“ Kind zu bekommen.
Nach deutschem Recht ist die Leihmutterschaft jedoch verboten. Führen Ärzte diese dennoch durch, drohen ihnen eine Geldbuße oder bis zu drei Jahren Haft.
Deutsche Paare versuchen daher ihr Glück im Ausland. Nach Recherchen des Marburger Juristen Alexander Diehl können für bis zu 30.000 US-Dollar in Indien Leihmütter beauftragt werden. In den USA verlangen Leihmütter meist 80.000 US-Dollar. Schätzungen gehen von über 1.000 Leihmutterschaften jährlich in den USA aus. Dort sind in einigen Staaten wie Kalifornien, Leihmutterschaften gesetzlich erlaubt.
Im jetzt vom BGH entschiedenen Fall hatten zwei schwule Männer in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft sich eine Leihmutter in Kalifornien gesucht. Die beiden Berliner schlossen mit der Frau einen Leihmutterschaftsvertrag ab. Danach wurde eine anonym gespendete Eizelle mit dem Samen einer der Männer künstlich befruchtet. Die so befruchtete Eizelle wurde der Leihmutter eingepflanzt.
Im Mai 2011 kam schließlich das Kind zur Welt. Bereits vor der Geburt hatte der leibliche, schwule Vater die Vaterschaft anerkannt. Ein kalifornisches Gericht erklärte die beiden Männer schließlich auch rechtlich als Eltern.
Doch das zuständige Standesamt in Berlin wollte dies nicht anerkennen. Es verweigerte die Eintragung der Elternschaft in das Geburtenregister.
Das Kammergericht Berlin bestätigte am 1. August 2013 diese Entscheidung (Az.: 1 W 413/12). Nach deutschem Recht sei jene Frau auch rechtlich die Mutter, die das Kind geboren hat. In diesem Fall sei dies die Leihmutter. Die Vaterschaft des leiblichen, schwulen Vaters war dagegen nicht strittig. Der andere Lebenspartner könne aber nicht ebenfalls Vater oder gar Mutter sein.
Schließlich sei die Leihmutterschaft aus gutem Grund verboten. So habe der Gesetzgeber damit gewährleisten wollen, dass sich die Identität des Kindes ungestört entwickelt. Es solle zudem eine gesicherte familiäre Zuordnung finden können. Auch sollten Frauen vor Ausbeutung ihrer oft schlechten finanziellen Lage durch Leihmutterschaft geschützt werden.
Grundsätzlich seien zwar ausländische Gerichtsentscheidungen in Deutschland anzuerkennen, nicht aber wenn diese mit den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts unvereinbar sind. Dies sei hier der Fall, meinten die Berliner Richter.
Der BGH gab jedoch dem schwulen Paar in seiner Entscheidung vom 10. Dezember 2014 recht. Sie hätten Anspruch darauf, dass die Auslandsgeburt und ihre Elternschaft in das Geburtenregister eingetragen werden. Die kalifornische Gerichtsentscheidung weiche zwar von den deutschen Vorschriften zur Anerkennung der Elternschaft ab. Dies sei hier im Hinblick auf das Kindeswohl aber hinzunehmen.
Nach deutschem Recht würde die Leihmutter zwar als rechtliche Mutter gelten. Doch diese müsse nach der Leihmutterschaftsvereinbarung und nach kalifornischem Recht gar keine Elternverantwortung tragen und wolle dies wohl auch nicht. Das Kind habe aber Anspruch auf ein „Eltern-Kind-Verhältnis“. Würden die eingetragenen Lebenspartner als Eltern nicht anerkannt, sei dies nachteilig für das Kind.
Die Entscheidung des kalifornischen Gerichts sei daher anzuerkennen. Da einer der schwulen Lebenspartner mit dem Kind genetisch verwandt sei, weiche die Entscheidung auch „nicht in einem solchen Maß von der deutschen Rechtslage ab, dass ihre Anerkennung untragbar wäre“, so der BGH.
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage