KRANKENHAUSRECHT
Nur erfahrene Kliniken dürfen künstliche Kniegelenke einsetzen
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Kassel (jur). Nur erfahrene Kliniken sollen künstliche Kniegelenke einsetzen dürfen. Nach einem am Dienstag, 14. Oktober 2014, verkündeten Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel wäre die derzeit ausgesetzte Mindestmenge für diese Operationen rechtmäßig und könnte daher wieder in Kraft treten (Az.: B 1 KR 33/13 R).
Mindestmengen wurden erstmals 2002 eingeführt. Sie bedeuten, dass Krankenhäuser eine bestimmte Leistung nur mit den Krankenkassen abrechnen können, wenn sie diese Leistung nicht zu selten erbringen. Nach dem Motto „Übung macht den Meister“ soll dies bei komplexen und schwierigen Behandlungen die Versorgungsqualität verbessern.
Festgesetzt werden die Mindestmengen vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA). Er setzt sich aus Krankenkassen, Ärzten, Kliniken und Patientenvertretern zusammen, letztere haben allerdings kein Stimmrecht. Voraussetzung ist laut Gesetz, dass es sich um eine „planbare Leistung“ handelt, deren Qualität „in besonderem Maße“ von der Menge abhängt.
Die sogenannten Kniegelenk-Totalendoprothesen (Knie-TEPs) wurden 2004 vom GBA in den Mindestmengenkatalog aufgenommen. Im August 2005 wurde dann ein Schwellenwert von 50 pro Jahr und Krankenhaus festgelegt.
Bereits Ende 2012 hatte das BSG eine Mindestmenge für Knie-TEPs im Grundsatz gebilligt; offen blieb aber, ob diese auf die Klinik oder auf den einzelnen Arzt bezogen werden sollte, und ob die Schwelle von 50 richtig ist (Urteil und JurAgentur-Meldung vom 12. September 2012, B 3 KR 10/12 R). Das BSG hatte den Streit daher an das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg in Potsdam zurückverwiesen, er ist dort noch anhängig. Bereits 2011 hatte der GBA die Mindestmenge aber bis zu einer abschließenden Entscheidung ausgesetzt.
Nun hat das BSG in einem anderen Fall die derzeit ausgesetzte Regelung als rechtmäßig bestätigt. Der GBA habe dies „hinreichend mit wissenschaftlichen Belegen untermauert“. Danach sinke mit höheren Fallzahlen das Infektionsrisiko und die Beweglichkeit des operierten Knies sei besser.
Für eine Verbesserung der Qualität sei dabei „eine fortlaufende Praxis des gesamten Behandlungsteams erforderlich“. Daher sei es auch richtig, die Mindestmenge auf das Krankenhaus und nicht auf die einzelnen Ärzte zu beziehen. Aus gleichem Grund sei auch die Schwelle von 50 gerechtfertigt, weil eine Operation pro Woche gerade auch für die Pflegekräfte eine durchgehende Behandlungspraxis mit sich bringe.
Maßgeblich für die Prognose sei das Vorjahr. Sei hier die Mindestmenge nicht erreicht worden, bestehe im Folgejahr kein Vergütungsanspruch mehr, urteilte das BSG.
Dass nach wissenschaftlichen Untersuchungen bei sehr hohen Fallzahlen die Behandlungsqualität teilweise wieder sinkt, spreche nicht gegen eine Mindestmenge, betonten die Kasseler Richter. Dies müsse andere Ursachen haben.
Der GBA wird nun entscheiden müssen, ob er die Aussetzung der Mindestmenge nun sofort beendet, oder ob er trotzdem noch ein Urteil des LSG Potsdam abwartet.
Im konkreten Fall betonte das BSG, dass sich die Mindestmenge nur auf Totalendoprothesen bezieht. Die klagende Klinik in Osnabrück hatte die Mindestmenge nicht erfüllt. Nach den Rechnungsunterlagen war allerdings gar nicht ein komplettes künstliches Kniegelenk, sondern eine sogenannte Schlittenprothese eingesetzt worden. Das LSG Niedersachsen-Bremen in Celle soll nun prüfen, ob daher gegebenenfalls doch ein Vergütungsanspruch besteht.
Eine Mindestmenge von 30 für Frühgeburten hatte das BSG am 18. Dezember 2012 als unzureichend begründet verworfen (Az.: B 1 KR 34/12 R; JurAgentur-Meldung vom Urteilstag). Als Konsequenz gilt wieder die vorausgehende und vom BSG bestätigte Mindestmenge von 14. Zudem will der GBA die anderweitigen Voraussetzungen für die Versorgung Frühgeborener deutlich anheben.
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