RECHT ALLGEMEIN
Polnischer EU Führerschein in Deutschland ungültig, wenn die deutsche Fahrerlaubnis zuvor wegen Drogenkonsums entzogen wurde
Autor: Herr Paul Witkowski - Dolmetscher (beeidigt) und Übersetzer (ermächtigt)
1. Der Fall
Dem Betroffenen wurde die deutsche Fahrerlaubnis wegen Führen eines Kraftfahrzeuges unter Einfluss von Betäubungsmitteln im Jahr 2007 entzogen. Knapp 2 Jahre später wurde dem Betroffenen eine polnische Fahrerlaubnis erteilt. Die deutsche Führerscheinbehörde stellte fest, dass der polnische EU Führerschein den Bertoffenen nicht zur Teilnahme am Straßenverkehr in Deutschland berechtigt und forderte diesen auf, den polnischen Führerschein zur Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen.
2. Die hierzu ergangene Rechtsprechung des OVG Lüneburg (Beschluss vom 18.08.2010)
„(...) Anders als der Antragsteller meint, ist auch die zu Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG ("Zweite Führerscheinrichtlinie") ergangene, einschränkende Rechtsprechung des EuGH auf Art. 11 Abs. 4 Satz 2 der Richtlinie 2006/126/EG ("Dritte Führerscheinrichtlinie") nicht (auch nicht entsprechend) anwendbar. (...) Die Pflicht zur Ablehnung der Anerkennung einer Fahrerlaubnis im Sinne des Art. 11 Abs. 4 UAbs. 2 RL 2006/126/EG zieht mithin die Konsequenz aus dem Umstand, dass diese entgegen der Bestimmung des UAbs. 1 ausgestellt wurde. Auch im Übrigen betont die Richtlinie den Grundsatz, dass jeder nur Inhaber einer Fahrerlaubnis sein darf, begründet insoweit erhöhte Prüfungspflichten der Mitgliedstaaten und verpflichtet diese, die Erteilung weiterer Fahrerlaubnisse abzulehnen und solche ggf. aufzuheben oder zu entziehen (vgl. Art. 7 Abs. 5 RL 2006/126/EG). Nicht zuletzt dürfen die Mitgliedstaaten wie bisher aus Gründen der Verkehrssicherheit ihre innerstaatlichen Bestimmungen über den Entzug, die Aussetzung, die Erneuerung und die Aufhebung der Fahrerlaubnis auf jeden Führerscheininhaber anwenden, der seinen ordentlichen Wohnsitz in ihrem Hoheitsgebiet begründet (Erwägungsgrund 15, Art. 11 Abs. 2 RL 2006/126/EG)."
(OVG Lüneburg, Az.: 12 ME 57/10 - juris.)
3. Fazit
Nach den Bundesländern Bayern, Baden - Württemberg und NRW ist Niedersachsen schon das vierte Bundesland, in dem das jeweils zuständige Oberverwaltungsgericht die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zur früheren „Zweiten Führerscheinrichtlinie" auf Grund der strengeren Bestimmungen der neuen „Dritten Führerscheinrichtlinie" nicht anerkennt.
Der polnische EU Führerschein hat nur noch in Hessen, Rheinland - Pfalz und im Saarland seine (ungewisse) Gültigkeit, falls er ausgestellt wurde, nachdem die deutsche Fahrerlaubnis auf Grund unzureichender Eignung entzogen worden war. Mit der neusten Entscheidung des obersten Verwaltungsgerichts in Niedersachsen formiert sich innerhalb der deutschen Rechtsprechung eine „herrschende Meinung", die mit Recht den im Internet fortwährend stark beworbenen Führerscheintourismus eindämmt.
Dipl.-Jur. Paul Witkowski
Am Plessenfelde 8, 30659 Hannover
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