SCHADENSERSATZ UND SCHMERZENSGELD
Schmerzensgeld für behindertes Kind wg. Arztfehlers: 300.000 DM
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Wegen Verletzung seiner ärztlichen Sorgfaltspflicht verurteilte das Oberlandesgericht Nürnberg einen zur Geburt hinzugezogenen Kinderarzt zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von DM 300.000,-- und stellte weiter fest, dass er für alle zukünftigen Schäden im Zusammenhang mit der Geburt des Kindes aufzukommen habe. Der Kinderarzt wurde zur Zahlung verurteilt, da er seine Behandlung nicht ordnungsgemäß dokumentiert hatte und die äußeren Umstände auf einen groben Behandlungsfehler hindeuteten.
Die OLG-Richter wiesen die Ansprüche gegen den ebenfalls verklagten geburtshelfenden Arzt ab, da ein Behandlungsfehler nicht nachgewiesen worden war. Nach Ansicht des Gerichts konnte dem geburtshelfenden Arzt kein hinreichendes Fehlverhalten vorgeworfen werden.
Sachverhalt
In dem Verfahren vor dem Arzthaftungssenat des Oberlandesgerichts Nürnberg forderten die Eltern eines 1993 geborenen schwer behinderten Jungen Schadensersatz und Schmerzensgeld von dem geburtshelfenden Arzt und einem wegen befürchteter Komplikationen zur Geburt von Anfang an hinzugezogenen Kinderarzt.
Die Eltern hatten die beiden Ärzte verklagt, da sie diese für die Behinderung ihres Kindes verantwortlich machten. Beide Mediziner hätten ihre ärztliche Sorgfaltspflicht bei und nach der Geburt des Kindes schuldhaft verletzt.
Das Kind leidet an schweren und lebenslangen Beeinträchtigungen, aufgrund derer es niemals zu einem normalen, altersgemäßen Leben finden wird. Auch nach Hinzuziehung von sechs medizinischen Sachverständigen konnte nicht geklärt werden, ob der Gesundheitsschaden des Kindes vor, während oder nach der Geburt entstanden war. Nach den vorhandenen ärztlichen Unterlagen zeigte das Kind kurz nach der Geburt keine Auffälligkeiten und wies normale Werte auf. Zwischen der Geburt um 23.40 Uhr und gut einer Stunde später muss es jedoch zu einer dramatischen Wende gekommen sein, so dass der Kindernotarzt des Klinikums Würzburg hinzugezogen wurde. Dieser stellte bei seiner Ankunft um 0.55 Uhr fest, dass das Neugeborene erhebliche Atemnot zeigte und nicht mehr normal reagierte. In dem Schadensersatzprozess konnte nicht geklärt werden, was in dem Zeitraum während bzw. nach der Geburt und der dramatisch verschlechterten Situation um 0.55 Uhr geschehen war. Insoweit fehlte eine ausreichende Dokumentation, auf die Sachverständige ein Gutachten hätten stützen können.
Die Eltern warfen dem verklagten Kinderarzt vor, er habe eine ausreichende Überwachung der Sauerstoffversorgung des Neugeborenen unterlassen, so dass es zu den schweren Folgen gekommen sei.
Das Urteil des Oberlandesgerichts
In dem Verfahren stellten sich im Wesentlichen zwei Fragen:
1. War der Gesundheitsschaden des Kindes schon vor der Geburt angelegt, oder erst während oder nach der Geburt entstanden? Diese Frage konnten auch die sechs hinzugezogenen medizinischen Sachverständigen nicht abschließend beantworten.
2. Was war in der Zeit zwischen der Geburt und der Hinzuziehung des Kindernotarztes geschehen? Auch diese Frage konnte nicht beantwortet werden, weil der Beklagte Kinderarzt, der während und nach der Geburt anwesend war, das Geschehen nicht ausreichend dokumentiert hatte.
Hat der Arzt den Behandlungsablauf nicht ausreichend dokumentiert, so hat der Patient häufig kaum mehr eine Möglichkeit, den Arzt haftbar zu machen, da er keine Tatsachen hat, an die er anknüpfen könnte, um seine Ansprüche darauf zu stützen. Daher hat die Rechtsprechung in Fällen mangelhafter Dokumentation die Position des Patienten gestärkt und die Beweisführung auf den Arzt verlagert. Wichtig ist dabei aber, dass die mangelhafte Dokumentation allein noch keinen Schadensersatzanspruch gegen den Arzt gibt, sondern nur die Beweisführung des Patienten erleichtert.
Der Arzthaftungssenat des Oberlandesgerichts wendete diese Grundsätze auf die Klage des Kindes an und sprach die Klage zu: Obwohl im Prozess letztlich nicht geklärt werden konnte, ob der Gesundheitsschaden des Kindes vor, während oder nach der Geburt entstanden war, haftete der Kinderarzt trotzdem, weil Hinweise auf grobes Verschulden vorlagen und der Arzt nicht nachweisen konnte, welche ärztlich gebotenen Maßnahmen er ergriffen hatte (Az: 5 U 1239/98).
URTEIL IM VOLLTEXT
vom 30.4.2001, Az. 5 U 1239/98
- 300.000 DM Schmerzensgeld für behindertes Kind; zusätzlich Ersatz von Zukunfts-Schäden
- Zivilrechtliche Haftung eines Kinderarztes für Folgen nicht beherrschter Komplikationen nach der Geburt
- Beweiserleichterung zu Gunsten des Kindes wegen unzureichender Dokumentation des Arztes
Vorbemerkung:
"Kläger" ist ein 8 Jahre alter Junge, gesetzlich vertreten durch seine Eltern
"Beklagter zu 1)" ist ein als Geburtshelfer hinzugezogener Arzt
"Beklagter zu 2)" ist ein zur Geburt hinzugezogene Kinderarzt
Siehe auch:
Presseinformation (mit Kurz-Zusammenfassung des Urteils)
E n d u r t e i l
II. Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, an den Kläger 300.000,-- DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 25. Juli 1996 zu bezahlen.
III. Es wird festgestellt, daß der Beklagte zu 2) verpflichtet ist, dem Kläger allen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der Behandlung durch den Beklagten am ... 1993 in der ...-Klinik .... entstanden ist, soweit diese Ansprüche nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von den Beklagten Schadensersatz und Schmerzensgeld für dauerhafte gesundheitliche Beeinträchtigungen, für die er Behandlungsfehler der Beklagten als geburtshelfender Arzt bzw. Kinderarzt bei seiner Geburt verantwortlich macht.
Die Mutter des Klägers wurde am ... 1993 gegen 18.12 Uhr in der 34. Schwangerschaftswoche mit leichten Wehen in das ...-Klinikum ... aufgenommen. Zwischen 18.30 Uhr und 18.45 Uhr kam es zum Blasensprung. Für die Geburtshilfe war an diesem Tag als diensthabender Arzt der Beklagte zu 1) zuständig. In seiner Untersuchung gegen 19.40 Uhr stellte er eine Vernarbung im Bereich des Muttermunds der Gebärmutter fest. Der Muttermund war fest verschlossen, der Kopf des Kindes stand bereits in der Beckenmitte. Die veranlaßte Ultraschalluntersuchung bestätigte das Vorliegen einer Schädellage des Kindes. Nachdem eine manuelle Dehnung des Muttermundes keinen Erfolg brachte, wurde dieser um 23.05 Uhr eingeschnitten. Die Geburt des Klägers erfolgte um 23.39 Uhr mittels Vakuumextraktion. Das Fruchtwasser bei der Geburt wurde als "fötide riechend" festgestellt. Als Apgarwerte wurden nach 3 Minuten 9, nach 5 Minuten 10 und nach 10 Minuten 10 festgestellt.
Der Kläger wurde unmittelbar nach der Geburt, um 23.40 Uhr dem kurz zuvor informierten und zu diesem Zeitpunkt anwesenden Beklagten zu 2) als Kinderarzt übergeben.
Da es innerhalb weniger Minuten danach zu Auftreten von Stöhnatmung kam, wurde der Neugeborenennotarztdienst der Kinderklinik .... um 23.50 Uhr benachrichtigt. Um 00.50 Uhr erreichte der Kindernotarzt, der Zeuge Dr. P., die Klinik in ... und übernahm um 00.55 Uhr die weitere Versorgung des Klägers. Nachdem Dr. P eine Notversorgung des Klägers vorgenommen, ihn insbesondere intubiert hatte, trat der Kindernotarzt um 2.00 Uhr die Rückfahrt an und erreichte zusammen mit dem Kläger die Klinik in Würzburg um 3.05 Uhr. Dort wurde der Kläger bis 28.04.1993 stationär behandelt. Er wurde am zweiten Lebenstag extubiert.
Beim Kläger wurden erstmals durch eine Ultraschalluntersuchung am 27.04. Strukturveränderungen beider Großhirnhälften festgestellt, die inzwischen als periventrikuläre Leukomalazie diagnostiziert wurden.
Der Kläger leidet deswegen an folgenden Erkrankungen und Behinderungen: linksseitige, beinbetonte spastische Zerebralparese, zentrale Sehstörung, Verhaltensstörung mit vermehrten Schreien und Schlafstörung sowie allgemeine geistige Entwicklungsstörung.
Der Kläger hat die beiden Beklagten als geburtshelfenden bzw. als Kinderarzt für seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen verantwortlich gesehen. Dies hat er im wesentlichen auf folgende Vorwürfe gestützt:
Der Beklagte zu 1) habe statt einer Vakuumextraktion eine Geburt durch Kaiserschnitt einleiten müssen. Dann wäre eine Infizierung des Klägers mit dem belasteten Fruchtwasser vermieden worden. Aufgrund des Fehlers des Beklagten zu 1) sei es zu einer Lungenentzündung gekommen, die aufgrund einhergehender Atemstörungen zu dem die Krankheit verursachenden Sauerstoffmangel geführt habe.
Der Beklagte zu 2) habe eine ausreichende Überwachung der Sauerstoffversorgung des Klägers unterlassen. Die entsprechende Mangelversorgung sei erst durch den Kindernotarzt aufgehoben worden.
Aufgrund seiner dauerhaften gesundheitlichen Einbußen und Behinderungen hat der Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 300.000,-- DM für angemessen erachtet.
Der Kläger hat mit der ... Klage begehrt:
1. Die Beklagten zu 1) und 2) werden gesamtschuldnerisch verurteilt, ein angemessenes Schmerzensgeld an den Kläger, nebst 4 % Zinsen hieraus, seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, daß die Beklagten zu 1) und 2) gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger, allen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der dem Kläger durch die durchgeführte, den Regeln der ärztlichen Kunst widersprechende Behandlung, anläßlich während und nach der Geburt, am 01.04.1993, in der ...-Klinik ..., entstanden sind, soweit diese Ansprüche nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder sonstigen Dritten übergegangen sind.
Die Beklagten haben beantragt:
Klageabweisung.
Der Beklagte zu 1) hat vorgetragen, er habe den Geburtsverlauf den Regeln ärztlicher Kunst entsprechend betreut und durchgeführt. Die Vakuumextraktion des Klägers sei sachgerecht durchgeführt worden. Eine Schädigung des Klägers könne sich aus dem Handeln des Beklagten zu 1) nicht ergeben.
Der Beklagte zu 2) hat darauf hingewiesen, daß er den Kläger in der Zeit bis zum Eintreffen des Kindernotarztes sachgerecht versorgt habe. Drei durchgeführte Blutgasanalysen hätten eine Sauerstoffunterversorgung des Klägers nicht ergeben. Er habe, als sich aus diesen Blutgasanalysen eine schrittweise Verschlechterung der Atemsituation des Klägers habe erkennen lassen, zunächst Sauerstoff über einen Beatmungsbeutel zugeführt. Danach habe er sich zu einer Intubation des Klägers gegen 00.30 Uhr entschlossen. Den Tubus habe er nochmals entfernt, da er sich nicht sicher gewesen sei, ob dieser richtig gelegen habe. Danach sei erneut über einen Beatmungsbeutel Sauerstoff zugeführt worden. Bevor eine erneute Intubierung des Klägers habe durchführen können, sei bereits der Kindernotarzt eingetroffen und habe die weitere Behandlung des Klägers übernommen. In diesem Behandlungszeitraum habe er darüberhinaus einen Venenzugang gelegt, der sich allerdings im Laufe dieses Zeitraums wieder verschlossen habe. Jedenfalls sei es in dem von ihm zu verantwortenden Behandlungszeitraum nicht zu einer Unterversorgung mit Sauerstoff gekommen, die für die später festgestellten Beeinträchtigungen des Klägers habe ursächlich werden können. ...
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung ... der Hebamme (Bl. 142f d. A.) und der ... Kinderkrankenschwester (Bl. 148ff d. A.) in der Sitzung vom 14.04.1997 sowie durch Vernehmung des Kindernotarztes Dr. P (Bl. 181ff d. A.) in der Beweisaufnahme vom 30.06.1997. Darüberhinaus ist Beweis erhoben worden durch schriftliches Sachverständigengutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M. vom 12.09.1997 (Bl. 208ff d. A.).
In seinem Endurteil vom 19. Januar 1998 hat das Landgericht Nürnberg-Fürth die Klage in vollem Umfang abgewiesen.
Das Landgericht hat sich dabei wesentlich auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. M. gestützt und ist zu dem Ergebnis gelangt, daß der Beklagte zu 1) den Geburtsverlauf ordnungsgemäß überwacht und durchgeführt habe. Da Fehler in diesem Zeitraum nicht zu erkennen seien, hat sich das Landgericht hinsichtlich des Beklagten zu 1) der Aussage des Sachverständigen angeschlossen, daß eine Schädigung des Klägers im Verlauf der Geburt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen sei.
Das Landgericht hat auch die Behandlung des Klägers durch den Beklagten zu 2) bis zur Übernahme der Behandlung durch den ärztlichen Notdienst für sachgerecht erachtet. Ein Fehlverhalten des Beklagten zu 2) sei nicht erkennbar gewesen.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter.
Er erweitert die gegen den Beklagten zu 1) erhobenen Vorwürfe zunächst dahingehend, daß dieser eine rechtzeitige Verlegung der Mutter des Klägers in die Uni-Frauenklinik ... noch vor der Geburt unterlassen habe. Jedenfalls aber wäre es Aufgabe des Beklagten zu 1) gewesen, den Kindernotarzt nach seiner ersten Untersuchung um 19.40 Uhr zu rufen. Darin sei ein grober Behandlungsfehler zu sehen.
Darüberhinaus wiederholt der Kläger die in erster Instanz aufgestellte Behauptung, es wäre statt einer Vakuumextraktion ein Kaiserschnitt erforderlich gewesen. Zudem habe während der Geburt eine lediglich unzureichende Überwachung stattgefunden.
Schließlich hat der Kläger während des Berufungsverfahrens den weiteren Vorwurf gegen den Beklagten zu 1) erhoben, dieser habe eine Ateminsuffizienz des Klägers in und unmittelbar nach der Geburt dadurch verursacht, daß er es unterlassen habe, sog. Mekoniumaspirat sofort vollständig zu entfernen. Dies hätte im Moment des Austritts des Kopf des Klägers erfolgen müssen. Da dieses Mekoniumaspirat in der Lunge verblieben sei, habe sich als typische Folge eine Sauerstoffunterversorgung beim Kläger eingestellt (Bl. 461, 462 d. A.).
Dem Beklagten zu 2) wirft der Kläger vor, er habe in der ersten Stunde nach der Geburt entweder keine Versorgung und Kontrolle des Klägers vorgenommen oder durch fehlerhafte Behandlung den Notzustand beim Kläger im Zeitpunkt der Übernahme durch den Notarzt verursacht. Zudem habe er eine unsachgemäße Intubation vorgenommen, die für die Schäden des Klägers ursächlich geworden sei.
Insgesamt ist der Kläger der Ansicht, seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen seien in oder kurz nach der Geburt entstanden.
Der Kläger beantragt deswegen mit seiner Berufungsbegründung ...:
I. Die Beklagten zu 1) und 2) werden gesamtschuldnerisch verurteilt, ein angemessenes Schmerzensgeld an den Kläger nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.
II. Es wird festgestellt, daß die Beklagten zu 1) und 2) gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger allen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der dem Kläger durch die durchgeführte, den Regeln der ärztlichen Kunst widersprechende Behandlung, die anläßlich, während und nach der Geburt am ....1993 in der ...-Klinik ... entstanden sind, soweit diese Ansprüche nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder sonstigen Dritten übergegangen sind.
Die Beklagten beantragen
Zurückweisung der Berufung des Klägers.
Der Beklagte zu 1) weist den Vorwurf fehlerhafter Organisation zurück. Es habe ausgereicht, daß mit der Geburt ein ausgebildeter Pädiater anwesend gewesen sei. Darüberhinaus sei aufgrund der bereits begonnenen Geburt eine Verlegung der Mutter nicht mehr möglich gewesen. Jedenfalls könne auch bei einer anderen Ansicht zur Organisation der Geburt ein grober Behandlungsfehler des Beklagten zu 1) nicht festgestellt werden.
Der Beklagte zu 2) verweist auf seine bereits in erster Instanz vorgetragenen Maßnahmen zur Stabilisierung des Zustands des Klägers nach der Geburt. Im übrigen zeigten die Blutgaswerte, daß eine Schädigung des Klägers in dem vom Beklagten zu 2) zu verantwortenden Zeitraum auszuschließen sei. Ein lebensbedrohlicher Zustand des Klägers habe auch bei Übergabe der Behandlung an den Kindernotarzt nicht vorgelegen.
In der Berufungsinstanz ist Beweis erhoben worden durch das schriftliche Sachverständigengutachten des Sachverständigen Prof. Dr. S. vom 22.08.1999 (Bl. 419ff d. A.), das sich auf eine Beurteilung von Ultraschallaufnahmen durch den Sachverständigen Privatdozent Dr. R. stützt (Bl. 440 d. A.), sowie durch ein Ergänzungsgutachten des Sachverständigen Prof. Dr. S. vom 08.06.2000 (Bl. 520ff d. A.).
Desweiteren lagen vor von den Parteien erholten Gutachten, und zwar vom Kläger die Gutachten von Prof. Dr. Sc vom 08.05.1998, 06.10.1998, 01.10.1999, 21.10.1999 und 16.10.2000 sowie ein Gutachten des Instituts ... von Dr. G. und Dr. Brunstein vom 03.11.1997, und vom Beklagten zu 1) ein Gutachten von Prof. Dr. K. vom 12.09.2000 und schließlich vom Beklagten zu 2) ein Gutachten von Prof. Dr. St. vom 14.12.2000.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers gegen den Beklagten zu 2) ist erfolgreich, da zur Überzeugung des Gerichts ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen den Beklagten zu 2) als Kinderarzt besteht. Die Berufung des Klägers gegen den Beklagten zu 1) war zurückzuweisen, da der Kläger ein für seine Beeinträchtigungen ursächliches pflichtwidriges Verhalten des Beklagten zu 1) nicht belegen konnte.
Der Beklagte zu 2) hat nach den Grundsätzen der positiven Forderungsverletzung sowie nach § 823 Abs. 1 BGB für die gesundheitlichen Schäden des Klägers einzustehen, da seine Behandlung am 01.04. bzw. 02.04.1993 als pflichtwidrig und für diese gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers als ursächlich anzusehen ist. Der Anspruch auf Schmerzensgeld ergibt sich aus § 847 BGB.
Der Beklagte zu 2) hat es schuldhaft unterlassen, in der Zeit seiner Verantwortung die medizinischen Befunde ausreichend zu erheben. Die Gesundheitsverschlechterung des Klägers in diesem Zeitpunkt erlaubt deswegen den Schluß darauf, daß der Beklagte zu 2) bei korrekter Befunderhebung über seine Behandlungsmaßnahmen hinaus in wesentlich weiterem Umfang hätte reagieren müssen. Bei korrekter Befunderhebung und -sicherung hätte sich für den Beklagten zu 2) nämlich mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Befund vom Zustand des Klägers dargestellt, der die tatsächliche, geringe ärztliche Behandlungstätigkeit des Beklagten zu 2) als grob fehlerhafte, ganz unverständliche Reaktion erscheinen läßt. Dem Kläger kommt deswegen eine Beweiserleichterung dahingehend zugute, daß der Beklagte zu 2) beweispflichtig für einen fehlenden ursächlichen Zusammenhang zwischen seiner unzureichenden Behandlung und den gesundheitlichen Schäden des Klägers ist.
Zur Überzeugung des Senats verschlechterte sich der gesundheitliche Zustand des Klägers zwischen 23.40 Uhr am 01.04.1993 und 0.55 Uhr am 02.04.1993, also während der Behandlung durch den Beklagten zu 2), in dramatischer Weise.
Bei Behandlungsübernahme um 23.40 Uhr zeigte der gesundheitliche Zustand des Klägers keinerlei Besonderheiten. Alle beteiligten Sachverständige, die sich hierzu äußerten, kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, daß am Ende der Geburt keine Hinweise für eine gesundheitliche Beeinträchtigung des Klägers vorlagen. Dem entspricht zunächst die unstreitig im Verfahren feststehende Apgar-Bewertung von 9,10,10. Dies wurde vom Sachverständigen Prof. Dr. S. in seinem Gutachten vom 22.08.1998 so gewertet, daß nach der Geburt der Zustand des Klägers unbeeinträchtigt war (Bl. 430 d. A.). Dies bestätigte er nochmals in seinem Ergänzungsgutachten vom 08.06.2000 (Bl. 528 d. A.). Auch der vom Kläger mehrfach beauftragte Gutachter Prof. Dr. Sc gelangt zu der Annahme, daß am Ende der Geburt ein guter, regelgerechter Zustand des Klägers gegeben sei (Gutachten vom 08.05.1998, S. 23; Gutachten vom 06.10.1998, S. 6; Gutachten vom 01.10.1999, S. 6). Aber auch in dem vom Beklagten zu 1) vorgelegten Gutachten von Prof. Dr. K. vom 12.09.2000 findet sich der Hinweis, daß der regelgerechte Zustand des Klägers erst nach Ende der Geburt verfallen sei (Gutachten vom 12.09.2000, Bl. 4, 8). Dem widersprechen auch nicht die Feststellungen des Sachverständigen Prof. St., die der Beklagte zu 2) dem Gericht vorgelegt hat. Auch dieser Sachverständige geht davon aus, daß es unter der Geburt zu keiner Schädigung des Klägers gekommen sei (Gutachten vom 15.12.2000, Bl. 9).
Das Gericht schließt sich diesen überzeugenden, lediglich in einzelnen Formulierungen, jedoch nicht sachlich differierenden Angaben der genannten Sachverständigen an. Unabhängig davon, ob bereits eine vorgeburtliche Schädigung des Klägers vorgelegen haben könnte, zeigte jedenfalls sein Zustand am Ende der Geburt keinerlei Auffälligkeiten und unterschied sich nicht von dem eines gesunden Kindes. Damit steht fest, daß der Kläger zu dem Zeitpunkt, als der Beklagte zu 2) die Behandlung übernahm, keine erkennbaren gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufgewiesen hat.
Demgegenüber ist der Zustand des Klägers um 0.55 Uhr, als die Behandlung vom Beklagten zu 2) auf den Notarzt überging, äußerst bedrohlich und wird als "Verfall" beschrieben, ohne daß der Beklagte zu 2) in diesem Zeitraum nachweisbar zielführende und ausreichende Behandlungsmaßnahmen ergriffen hätte.
Zunächst steht die Tatsache, daß der Zustand des Klägers sich in dem vom Beklagten zu 2) zu verantwortenden Zeitraum dramatisch bis an die Grenze einer Notfallsituation verschlechtert hat, wiederum fest aus den einheitlichen Einschätzungen aller hiermit befaßter Sachverständiger. Auch insoweit unterscheiden sich die Feststellungen der Gutachter allenfalls in der Begrifflichkeit nicht jedoch im sachlichen Kern der Aussage.
So stellt der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. S. eine zunehmende Störung der Atemfunktion in der ersten Lebensstunde des Klägers fest (Bl. 422 d. A.). Aus den auf der Patientenkarte vom Beklagten zu 2) selbst vermerkten Symptomen: "anfangs gute Schreiatmung, dann Einziehungen, Nasenflügeln, wenig Stöhnen" diagnostiziert der Sachverständige ein sog. Atemnotsyndrom. Der Gutachter sieht sich allerdings nicht imstande, den Schweregrad der Atemnot exakt zu beurteilen, da ihm hierfür weitere Beschreibungen in der Dokumentation seiner Behandlung durch den Beklagten zu 2) fehlen. Aber auch in den Blutgasanalysen spiegelt sich zur Überzeugung des Sachverständigen eine Verschlechterung der Atemfunktion wieder (Bl. 422 d. A.). Zusammen mit den übrigen festgehaltenen Werten kommt er deswegen zu dem Ergebnis, daß sich bei dem Kläger eine zunehmende "respiratorische Azidose" entwickelt habe. Dies bestätigt er nochmals in seinem Ergänzungsgutachten vom 08.06.2000, wo er die Entwicklung einer "respiratorischen Azidose und Hyperkapnie" während der Behandlungsbetreuung durch den Beklagten zu 2) feststellt. Dies wird unterstrichen durch die Auswertung der Aufzeichnungen des Kindernotarztes, aus denen der Sachverständige (Bl. 527 d. A.) die Symptome einer erschwerten Atmung und schlechter Kreislaufverhältnisse schließt.
Zu sachlich übereinstimmenden Ergebnissen gelangen die vom Kläger vorgelegten Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Sc, der in der ersten Lebensstunde des Klägers eine dramatische Verschlechterung der Lebenssituation feststellt (Gutachten vom 06.10.1998, S. 20f; Gutachten vom 01.10.1999, Bl. 7f; Gutachten vom 16.10.2000, S. 9f), die er als "lebensbedrohenden Zustand", zumindest als "schwer krank" beschreibt (Gutachten vom 06.10.1998, S. 17). Auch der vom Beklagten zu 1) beauftragte Gutachter Prof. Dr. K. geht in seiner Äußerung von einer zunehmenden Verschlechterung des kindlichen Zustands aus (vgl. Gutachten vom 12.09.2000, S. 4) und gelangt zu dem Ergebnis, daß ein rascher "Verfall" im Sinne einer Zentralisation des fetalen Kreislaufs mit einer respiratorischen Insuffizienz vorgelegen habe. Dem entsprechen auch knappe Angaben im Gutachten des bei dem Landgericht beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. M. vom 12.09.1997, wo dieser "kurzfristig eine erhebliche Verschlechterung des Zustandes des Kindes" feststellt (Bl. 215 d. A.). Selbst das von dem Beklagten zu 2) vorgelegte Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. St. vom 14.12.2000 steht dazu nicht im Widerspruch. Auch hier wird nämlich angedeutet, daß der Zustand des Klägers sich bedrohlich verschlechtert hat, wenn der Gutachter feststellt, daß sich die Atem- und Kreislauffunktion des Kindes zunehmend verschlechtert habe. Er gelangt sodann zu der Feststellung: "Allerdings war das Eingreifen des Neugeborenennotarztes ohne Zweifel für das Überleben des Kindes notwendig und hätte nicht zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden dürfen" (Bl. 11 des Gutachtens).
Diese Folgerungen der Sachverständigen aus den vorliegenden Unterlagen werden nachhaltig bestätigt durch die Aussage des Kindernotarztes Dr. P, der in der Beweisaufnahme vom 30.06.1997 vor dem Landgericht ... vernommen worden ist. Hier schilderte der Zeuge eindrucksvoll (Bl. 182f d. A.), daß der Kläger auch auf den Versuch einen Venenzugang zu legen, keine Schmerzreaktionen mehr gezeigt habe. Das Kind sei vielmehr ruhig geblieben. Es sei lediglich eine leise Stöhnatmung zu vernehmen gewesen. Darüberhinaus sei das Kind blaß marmoriert gewesen, was auf eine verminderte Hautdurchblutung hingewiesen habe. Aufgrund der ihm vorliegenden Situation sei er davon ausgegangen, daß das Kind bedroht war.
Aufgrund der Angaben der Sachverständigen und dieser Zeugenaussage ist das Gericht überzeugt, daß zum Zeitpunkt der Übergabe der Behandlung des Klägers vom Beklagten zu 2) an den Kindernotarzt eine bedrohliche Gesundheitssituation vorgelegen hat. Anhaltspunkte dafür, daß wegen der isoliert betrachtet noch regelgerechten Sauerstoffwerte im Blut des Klägers eine solche bedrohliche Gesundheitssituation ausgeschlossen werden kann, liegen nicht vor. Im Gegenteil geben diejenigen Sachverständigen, die sich zu diesem Umstand äußern, an, daß eine das Neugeborene bedrohende Gesundheitssituation auch mit regulären Sauerstoffwerten im Blut einhergehen könne. So stellt etwa der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. S. in seinem Gutachten vom 22.08.1999 (Bl. 431, 432 d. A.) ausführlich dar, daß nicht so sehr auf die einzelnen Werte einer Blutgasanalyse abgestellt werden dürfe sondern auf den gesamten Zustand der Atem- und Kreislaufverhältnisse des Kindes. Aufgrund der wenigen Angaben in der Dokumentation des Beklagten zu 2) kann der Sachverständige trotz der vorhandenen Blutgasanalysen weder eine Hypotonie noch eine Hypoventilation ausschließen (Bl. 431, 432 d. A.). Das Entwickeln einer Azidose, die er als mäßiggradig einstuft, kann er positiv feststellen. Eine zielführende Aussage zur entscheidenden Frage der ausreichenden Sauerstoffversorgung einzelner Organe lasse jedoch eine Analyse von kapillaren Blutproben nicht zu, da es an einer ausreichenden Korrelation zwischen kapillären und arteriellen Blutgasen fehle. Deswegen sei für eine Einordnung des gesundheitlichen Zustands des Kindes nicht ein einzelner Parameter, hier das kapillar entnommene Blut, maßgeblich sondern der gesamte klinische Zustand des Patienten (Bl. 433 d. A.). Auch diese Sachverständigenäußerung befindet sich in sachlicher Übereinstimmung mit den Angaben des von dem Kläger beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. Sc (vgl. Gutachten vom 06.10.1998, S. 24, 25; Gutachten vom 16.10.2000, S. 3).
Obgleich sich somit der Gesundheitszustand des Klägers während des Zeitraums der Behandlung durch den Beklagten zu 2) dramatisch verschlechterte, hat dieser dagegen keine ausreichenden ärztlichen Maßnahmen ergriffen.
Im Krankenblatt hat der Beklagte zu 2) festgehalten: "Klinikbesuch gegen 23.40 Uhr, Spontangeburt in der 34. Schwangerschaftswoche, Blasensprung, etwas fötide riechendes Kind (Herr ...) anfangs gute Schreiatmung, dann Einziehungen, Nasenflügeln, wenig Stöhnen. CO² von 45 bis 62 angestiegen, Intubationsversuche einmal geklappt, unsicher, dann gescheitert. Schließlich von OA P. intubiert NV-Katheter, Verlegung. AZ immer gut. 40 mg Luminal i. v.".
Als ärztliche Behandlungsmaßnahmen sind somit festgehalten ein Intubationsversuch der zunächst gelungen schien, dann aber als gescheitert dokumentiert ist, schließlich ein Venenkatheter, der sich aber später unstreitig verlegt hat. Soweit der Beklagte zu 2) darüberhinaus vorträgt, er habe vor und nach der gescheiterten Intubation mit einem Beatmungsbeutel Sauerstoff zugeführt, ist dies vom Kläger bestritten worden. Einen Beweis dafür, daß er diese zusätzliche Maßnahme ergriffen hat, konnte der Beklagte zu 2) nicht erbringen. Die von ihm hierfür benannten Zeugen, die Hebamme ... und die Kinderkrankenschwester ... konnten in ihren Vernehmungen vor dem Landgericht Angaben zu diesen Behandlungsmaßnahmen des Beklagten zu 2) nicht machen. Die Beatmung mit einem Beatmungsbeutel wäre auch, wie der Sachverständige Dr. S. gut nachvollziehbar und überzeugend in seinem Gutachten vom 08.06.2000 (Bl. 527 d. A.) darstellt, vom Kinderarzt zu dokumentieren gewesen. Es überzeugt uneingeschränkt, daß eine solche Behandlungsmaßnahme, die einen reaktionspflichtigen und vom Normalfall deutlich abweichenden gesundheitlichen Zustand des Säuglings voraussetzt, sowohl in ihrem Anlaß als auch in ihrer Durchführung vom Arzt zu dokumentieren ist. Dem entsprechen auch die Hinweise, die der vom Kläger beauftragte Sachverständige Prof. Dr. Sc in seinen Gutachten vom 08.05.1998 (Bl. 27, 28) und 01.10.1999 (Bl. 8) beiträgt. Ärztliche Maßnahmen, die über eine letztlich fehlgeschlagene Intubation und die Anlegung eines später verlegten Venenzugangs hinausgehen sind somit weder dokumentiert noch durch Beweismittel belegt.
Der Beklagte zu 2) hat bei der Behandlung des Klägers in hohem Maße gegen seine Verpflichtung zur ausreichenden Klärung des von ihm selbst in Ansätzen als reaktionspflichtig erachteten medizinischen Befundes verstoßen. Der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. S. stellt in seinen beiden Gutachten ausführlich dar, welche konkreten Maßnahmen der Befundsicherung der Beklagte zu 2) hätte bei korrektem Handeln ergreifen müssen. Hierzu gehören Beschreibung der Pulshöhe und Pulsqualität (Bl. 432 d. A.) Durchführung und Dokumentation der Temperaturmessungen (Bl. 431 d. A.), Dokumentation der Voraussetzungen der durchgeführten Intubation, Bewertung derselben und Dokumentation der weiteren Behandlung nach Abbruch der Intubation (Bl. 431, 526, 527 d. A.). Nach erfolgreicher Intubation wären die Beatmungsparameter festzustellen und zu dokumentieren gewesen, bei Schwierigkeiten mit einer Intubation müßten diese festgehalten seien (Bl. 527 d. A.). Im Minimum hätten die Vitalfunktionen des Patienten im Zeitraum einer solchen Maßnahme aus den Unterlagen erkennbar sein müssen. Schließlich verlangt der Sachverständige auch Befundsicherungen und Angaben zu Ersatzmaßnahmen zur Sicherung bzw. Aufrechterhaltung der Atemfunktionen nach Scheitern der ursprünglich für indiziert erachteten Intubation (Bl. 527 d. A.). Die vom Beklagten zu 2) in den Krankenunterlagen angegebene Beschreibung "Allgemeinzustand gut" entspricht, wie der Sachverständige überzeugend angibt, dem konkreten Zustand des Klägers nicht. Insbesondere fehlt die Angabe, welche Maßnahmen nach Fehlschlag der Intubation zur Beseitigung des diesen Eingriff ursprünglich rechtfertigenden Zustands des Klägers ergriffen worden sind. Auch hier befindet sich sachlich der gerichtliche Sachverständige in Übereinstimmung mit den gutachtlichen Äußerungen des vom Kläger beauftragten Prof. Dr. Sc, der mit allerdings deutlich pointierteren Formulierungen ebenfalls feststellt, daß die aus den Krankenunterlagen sich ergebenden Befundsicherungen des Beklagten zu 2) in jeder Hinsicht unzureichend gewesen seien (Gutachten vom 08.05.1998, S. 27, 28; Gutachten vom 06.10.1998, S. 25; Gutachten vom 01.10.1999, S. 8, 9; Gutachten vom 16.10.2000, S. 6, 8, 9). Auch dieser Sachverständige stellt für das Gericht überzeugend dar, daß eine sorgfältige Befunderhebung des Beklagten verlangt hätte, eine Klärung und Dokumentation von Herz- und Atemfrequenz, von Atemgeräuschen der Lunge, von Puls und Pulsqualität, der Körpertemperatur, von Bewegungen und reflektorischer Erregbarkeit des Kindes. Gerade letzteres war etwa auch die zentrale Abklärung, die der Kindernotarzt zunächst getroffen hat und anhand der er wegen fehlender Schmerzreaktionen des Klägers zu der Überzeugung gelangte, daß eine bedrohliche Gesundheitssituation des Kindes vorlag.
Lediglich ergänzend kann darauf hingewiesen werden, daß auch der vom Beklagten zu 2) beauftragte Sachverständige Prof. Dr. St. die Dokumentation der Behandlung durch den Beklagten zu 2) für "nicht optimal" hält (vgl. Gutachten vom 14.12.2000, S. 10). Er gelangt deswegen aus seiner Sicht auch nur zu der sachverständigen Äußerung, daß er keine Versäumnisse des Beklagten zu 2) bei der Befunderhebung erkennen kann, die einem Pädiater schlechterdings nicht unterlaufen dürfen (Gutachten S. 11). Soweit dieser Gutachter mit seinem Hinweis einen groben Dokumentationsfehler ausschließen will, kommt es darauf nicht an, da der Beklagte zu 2) auch für nur fahrlässige Fehler bei der hier in Frage stehenden Befundermittlung und -sicherung einzustehen hat.
Aufgrund der sich im sachlichen Kern nicht widersprechenden gutachtlichen Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. S. und des vom Kläger beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. Sc, die überzeugend und plausibel sind, ist das Gericht überzeugt, daß der Beklagte zu 2) es schuldhaft unterlassen hat, während der von ihm zu verantwortenden Behandlungszeit die erforderlichen Befunderhebungen durchzuführen und zu dokumentieren.
Wäre der Beklagte zu 2) dieser Verpflichtung in dem geforderten Umfang nachgekommen, so wäre er mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem in solchem Maße für den Kläger bedrohlichen Befund gelangt, daß seine geringen, tatsächlich durchgeführten Behandlungsmaßnahmen als in grobem, schlechterdings unverständlichem Maße unzureichend erscheinen.
Sowohl der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. S. als auch noch deutlicher akzentuiert der vom Kläger beauftragte Sachverständige Prof. Dr. Sc stellen zur Überzeugung des Gerichts gut nachvollziehbar und transparent dar, daß erst eine Befunderhebung, wie sie der Kindernotarzt in Ansätzen durchgeführt hat, es dem Beklagten zu 2) ermöglicht hätte, auf den signifikant sich verschlechternden Gesundheitszustand des Klägers angemessen zu reagieren. Wenn nämlich, wie allerdings nicht dokumentiert, Befunde vorliegen, die eine Intubation indizieren, dann kann nach deren Fehlschlag nicht ohne erneute Befunderhebung eine die Ateminsuffizienz des Säuglings beseitigende Behandlung unterlassen werden. Es ist unmittelbar einsichtig, daß der Beklagte zu 2) bei sachgerechter Befunderhebung nach der fehlgeschlagenen Intubation zu dem Ergebnis gelangt wäre, daß der durch unzureichende Atmung entstandene, bedrohliche Zustand des Klägers fortbestand. Der Beklagte zu 2) hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit dann schon frühzeitig diejenige Gefährdung des Klägers festgestellt, die wenig später der Notarzt diagnostizierte. Der Sachverständige Prof. Dr. S. stellt deutlich heraus, daß bei entsprechenden Befunden Maßnahmen zur Sicherung bzw. Aufrechterhaltung der Vitalfunktionen und hier insbesondere zur Aufrechterhaltung der Atemfunktion hätten ergriffen werden müssen (Bl. 527 d. A.). Zu einem sachlich vergleichbaren Ergebnis gelangt der vom Kläger beauftragte Gutachter Prof. Dr. Sc (vgl. Gutachten vom 16.10.2000, S. 7, 8). Diese im Kern übereinstimmenden Äußerungen beider Gutachter werden auch daraus plausibel, daß der Kindernotarzt Dr. P unmittelbar nach Übernahme der Behandlung den kritischen Zustand des Klägers durch eine erneute erfolgreiche Intubation und begleitende Maßnahmen beseitigen konnte. Damit ist es in hohem Maße wahrscheinlich, daß auch der Beklagte zu 2), hätte er nur die erforderlichen Befunde festgestellt und gesichert, zu dem Ergebnis gelangt wäre, daß der Zustand des Klägers bedrohlich und von Verfall gekennzeichnet war. Er wäre bei korrekter Befunderhebung damit nicht zu der krass unzureichenden Angabe "AZ immer gut" in dem Krankenblatt gelangt, sondern hätte den dramatischen, schlechten Zustand des Klägers erkannt. Wie wenige Minuten später der Kinderarzt, so konnte auch der Beklagte zu 2) u. a. an den fehlenden Schmerzreaktionen des Klägers dessen tiefe, überdeutliche Bedrohung erkennen. Er hätte dann schon frühzeitig die erst später vom Kindernotarzt eingeleiteten Behandlungsmaßnahmen vornehmen können.
Zwar hat die Beweisaufnahme nicht den Nachweis einer Kausalität zwischen dieser mangelhaft unzureichenden Befunderhebung durch den Beklagten zu 2) und den gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers erbringen können. Jedoch kommt dem Kläger eine Beweiserleichterung im Sinne einer Beweislastumkehr zugute, da bei ordnungsgemäßer Befundermittlung, wie dargestellt, die für den Kläger bedrohliche Situation sich als so gravierend dargestellt hätte, daß eine weitere Untätigkeit des Beklagten zu 2) als in grobem Maße fehlerhaft erschienen wäre.
Die Beweisaufnahme hat zunächst ergeben, daß ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Behandlung durch den Beklagten zu 2) und der beim Kläger verbliebenen gesundheitlichen Beeinträchtigung nicht sicher nachweisbar ist. Die beim Kläger als Folge seiner vorgeburtlichen, geburtlichen oder nachgeburtlichen Schädigung nach übereinstimmender Ansicht aller Sachverständiger diagnostizierte periventrikuläre Leukomalazie hat ihre auslösende Ursache zwischen dem 28.03. und 03.04.1993. Zu diesem Ergebnis gelangt sowohl der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. S in seinem Gutachten vom 22.08.1999 (Bl. 436 d. A.) als auch der vom Kläger beauftragte Sachverständige Prof. Dr. Sc (Gutachten vom 01.10.1999, S. 6; Gutachten vom 21.10.1999, S. 2). Auch wenn die beiden genannten Sachverständigen hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit einen unterschiedlichen Schwerpunkt innerhalb dieses Zeitraums setzen wollen, können sie doch übereinstimmend keine Ursachenquelle in diesem Zeitfenster hinreichend sicher ausschließen. Damit bleibt sowohl ein vorgeburtlicher Schaden des Klägers als auch eine Verursachung durch ein Handeln des Beklagten zu 2) als mögliche Ursache der Gesundheitsbeeinträchtigung des Klägers möglich.
Dem Kläger kommt jedoch deswegen eine Erleichterung für die ihn grundsätzlich treffende Beweispflicht zur Kausalität zugute, da der oben geschilderte, bei korrekter Durchführung der Befundermittlung durch den Beklagten zu 2) mit hoher Wahrscheinlichkeit sich ergebende Befund die konkrete Behandlung des Klägers als in ganz grobem Maße unzureichend und seine weitgehende Untätigkeit schlechthin unverständlich erscheinen läßt.
Der Beklagte zu 2) hat, wie dargestellt, lediglich einen fehlgeschlagenen Intubationsversuch vorgenommen und einen venösen Zugang gelegt. Bei korrekter Befundermittlung hätte sich jedoch, wie ebenfalls oben näher ausgeführt, eine dramatische, für den Kläger in äußersten Maße bedrohliche Beeinträchtigung der vitalen Parameter des Klägers ergeben. Der Beklagte zu 2) hätte mit großer Wahrscheinlichkeit eben genau den Befund ermitteln können, den unmittelbar nach Übernahme der Behandlung der Kindernotarzt seinerseits gestellt hat. Zur Überzeugung des Gerichts wäre es dann aber in hohem Maße unverständlich und fundamental fehlerhaft gewesen, keine weiteren, die Atmung stützende Maßnahmen vorzunehmen. Daß der Beklagte zu 2) nach dem Fehlschlag seines Intubationsversuchs keine weiteren in gleiche Richtung lebenserhaltenen Maßnahmen ergriffen hat, wäre vor dem Hintergrund eines solchen, wahrscheinlichen Befundes schlechthin unverständlich. Bei einem erkennbar als lebensbedrohlich zu wertenden Befund muß weiteres Zuwarten, dessen fatalen Folgen nicht einmal durch Wiederholung einer einmal fehlgeschlagenen Rettungsmaßnahme, hier der Intubation, entgegengewirkt wird, als mit einer korrekten ärztlichen Behandlung schlechthin unvereinbar bezeichnet werden. In diesem Urteil, das im Kern eine juristische Betrachtung ist, sieht sich das Gericht durch die überzeugenden ärztlichen Angaben vor allem des vom Kläger benannten Sachverständigen Prof. Dr. Sc bestätigt, der in seinen Gutachten das fehlende Handeln des Beklagten zu 2) für schlechthin unverständlich hält (Gutachten vom 08.05.1998, S. 28; Gutachten vom 06.10.1998, S. 23, 24; Gutachten vom 01.10.1999, S. 7 - 8). Soweit sich im ersten Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. S zunächst das Ergebnis findet, die Versorgung des Klägers durch den Beklagten zu 2) sei angemessen und sachgerecht gewesen (Bl. 436 d. A.), liegt dem allerdings die unzutreffende Annahme zugrunde, die Ausführungen des Beklagtenvertreters für das Vorgehen bei der Erstversorgung des Klägers könnten als gegeben angenommen werden (Bl. 430ff d. A.). Nachdem der Gutachter, veranlaßt durch einen erweiterten Beweisbeschluß, in seinem zweiten Gutachten diese Tatsachen nicht mehr unterstellt, gelangt er zu einer im Kern ebenso kritischen Einstellung gegenüber der Behandlung des Beklagten zu 2) wie der vom Kläger beauftragte Gutachter Prof. Dr. Sc (vgl. Bl. 526, 527, 528 d. A.).
Da somit das Gericht auf Grundlage korrekter Befunderhebung eine fundamental unzureichende und grob fehlerhafte Behandlung durch den Beklagten zu 2) annimmt, kommt dem Kläger eine Beweiserleichterung in Form einer Beweislastumkehr zugute. Der Beklagte zu 2) konnte den ihm nunmehr obliegenden Beweis, daß sein Verhalten nicht ursächlich für die beim Kläger dokumentierte periventrikuläre Leukomalazie geworden ist, nicht führen.
Allerdings kann der Beklagte zu 2) insoweit auf das Gutachten des von ihm beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. St. vom 14.12.2000 verweisen. Dieser Sachverständige folgert nämlich aus den drei während der Behandlungszeit durch den Beklagten zu 2) erhobenen Blutgaswerten, daß kein relevanter Sauerstoffmangel aufgetreten sei und somit eine Ursache für die später aufgetretene periventrikuläre Leukomalazie während des Behandlungszeitraums durch den Beklagten zu 2) nicht gesetzt worden sein könne (S. 9, 10 des Gutachtens). Dem widersprechen aber die überzeugenden Angaben sowohl im Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Dr. S als auch die Feststellungen des vom Kläger beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. Sc. Zwar bestätigt auch der Sachverständige Prof. Dr. S in seinem Gutachten vom 22.08.1999 (Bl. 432 d. A.), daß die Blutgasanalyse gegen eine globale Kreislaufinsuffizienz spreche. Jedoch weist der Sachverständige einschränkend darauf hin (Bl. 433 d. A.), daß die bei Neugeborenen regelmäßig kapillar entnommenen Blutproben kaum signifikante Angaben zu einer tatsächlichen Organversorgung mit Sauerstoff zuließen. Darüberhinaus läßt sich, wie der Sachverständige in seinem weiteren Gutachten vom 08.06.2000 angibt (Bl. 524, 525 d. A.), die Entstehung einer periventrikulären Leukomalazie nur als multifaktorelles Geschehen begreifen. Neben einer generalisierten Hypoxie kommen als auslösende Faktoren auch eine Hyperkapnie, eine respiratorische Azidose sowie ein präpartaler Infekt in Frage. Da sich durch die Störung der Atmung beim Kläger eine respiratorische Azidose sowie Hyperkapnie entwickelt hatten, die nach Auffassung des Gutachters die Indikation zur Intubation bzw. Beatmung dargestellt haben, kommen diese während der Behandlungszeit durch den Beklagten aufgetretenen Risikofaktoren als die Gesundheitsbeschädigung auslösend in Frage. Auch der vom Kläger zugezogene Sachverständige Prof. Dr. Sc relativiert in gleicher Weise die Aussagekraft der Blutgasanalysen (Gutachten Prof. Dr. Sc vom 06.10.1998, S. 21; Gutachten vom 21.10.1999, S. 2; Gutachten vom 16.10.2000, S. 3, 6). Auch dieser Gutachter sieht u. a. die im Behandlungszeitraum des Beklagten zu 2) beim Kläger aufgetretene Hyperkapnie von zentraler Bedeutung für die Gefährdung einer zerebralen Durchblutung beim Kläger. Ein allgemeiner Sauerstoffmangel müsse dabei nicht vorliegen (Gutachten vom 16.10.2000, S. 3). Dieser Gutachter gelangt sogar über die Wertung des gerichtlichen Sachverständigen hinaus zu der Überzeugung, daß die Leukomalazie beim Kläger mit größter Wahrscheinlichkeit durch die dramatische Zustandsverschlechterung im Gesundheitsbild des Klägers während der Behandlungszeit durch den Beklagten zu 2) entstanden sei (vgl. Gutachten vom 06.10.1998, S. 26; Gutachten vom 01.10.1999, S. 7; Gutachten vom 21.10.1999, S. 2). Es kommt nicht darauf an, ob man diese Schwerpunktsetzung durch den vom Kläger beauftragten Gutachter teilt, denn jedenfalls gelingt damit dem Beklagten zu 2) auf Grundlage der Angaben beider Gutachter nicht der Nachweis, daß durch sein Verhalten die gesundheitliche Schädigung des Klägers nicht ausgelöst worden sein kann. Vielmehr bleibt zur Überzeugung des Senats zumindest offen, ob in dem vom Beklagten zu 2) zu verantwortenden Zeitraum durch dessen Untätigkeit trotz der zufriedenstellenden Blutsauerstoffwerte maßgebliche Ursachen für die beim Kläger später diagnostizierte periventrikuläre Leukomalazie gesetzt worden sind.
Die vom Beklagten zu 2) pflichtwidrig unterlassene Befundermittlung und Dokumentation sowie die auf dieser Grundlage nicht durchgeführten weiteren Behandlungen erweisen sich damit als ursächlich für die beim Kläger entstandene periventrikuläre Leukomalazie. Er hat damit für alle hieraus kausal entstandenen Schäden einzustehen.
Aufgrund des erheblichen, schweren Krankheitsbildes besteht kein Zweifel, daß in Zukunft mit dauerhaften materiellen Schäden zu rechnen ist. Die vom Kläger begehrte Feststellung einer Ersatzpflicht des Beklagten zu 2) für künftige Schäden ist deswegen begründet.
Die schweren, lebenslangen Beeinträchtigungen des Klägers, die im Umfang zwischen den Parteien nicht streitig sind, rechtfertigen zur Überzeugung des Gerichts das vom Kläger für angemessen erachtete Schmerzensgeld von 300.000,-- DM. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß der Kläger niemals zu einem normalen, altersgemäßen Leben finden wird. Er leidet unter einer spastischen, linksbetonten Tetraparese und wird aufgrund dieser bei allen Verrichtungen des täglichen Lebens auf Hilfe angewiesen sein. Darüberhinaus besteht eine weitgehende Beeinträchtigung der Sehfähigkeit und eine erhebliche geistige Behinderung. Ohne Bedeutung ist bei der Bemessung des Schmerzensgeldes, ob der Kläger die ihn betreffenden erheblichen Lebenseinschränkungen in vollen Umfang wahrnehmen kann. Zum einen ist dies nach dem unbestrittenen Vortrag des Klägers zumindest fraglich, zum anderen vermag eine gerade wegen des schädigenden Eingriffs reduzierte Wahrnehmungsfähigkeit des Geschädigten über sein Leiden eine Reduzierung des Schmerzensgeldes nicht zu begründen. Aus all diesen Aspekten hält der Senat zu seiner Überzeugung das vom Kläger vorgeschlagene Schmerzensgeld von 300.000,-- DM für angemessen.
Die gegen den Beklagten zu 1) gerichtete Berufung des Klägers war zurückzuweisen, da ein Behandlungsfehler des Beklagten zu 1) nicht vorliegt bzw. die Kausalität von Mängeln in der Behandlungsorganisation für den dem Kläger entstandenen Schaden nicht feststeht.
Ein fehlerhaftes Verhalten des Beklagten zu 1) bei Leitung der Geburt des Klägers ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht erkennbar.
Die Mutter des Klägers wurde regelgerecht und ausreichend durch die Hebamme, die Zeugin ... überwacht; die erforderlichen diagnostischen Maßnahmen (externe CTG-Ableitung) wurden durchgeführt.
Entgegen der Ansicht des Klägers ergaben sich auch keine Hinweise auf die Notwendigkeit, eine Schnittentbindung durchzuführen. Der Sachverständige Prof. Dr. M. führt in seinem überzeugenden Gutachten vom 12.09.1997 gut nachvollziehbar und transparent aus, daß geburtsmechanisch keine Regelwidrigkeit vorgelegen habe, die zur Notwendigkeit einer Schnittentbindung geführt hätte (Bl. 216 d. A.). Auch die Ergebnisse der laufenden Überwachung des Herzfrequenzmusters hätten zu keinem Zeitpunkt die Notwendigkeit eines entsprechenden Einschreitens ausgelöst (Bl. 215 d. A.). Der Sachverständige kann aufgrund dieser vorliegenden Daten auch sicher eine Mangelversorgung mit Sauerstoff während der Geburt ausschließen (Bl. 219 d. A.). Auch die Dauer des Geburtsverlaufs, die der Sachverständige eher als kurz und damit als "zulässig" bewertet (Bl. 219 d. A.) liefert keine Indikation für eine Schnittentbindung. Eine solche Indikation kann, wie der Sachverständige weiter darstellt, auch nicht in der vom Kläger mehrfach angesprochenen Grünverfärbung des Fruchtwassers gesehen werden (Bl. 218, 219 d. A.).
Der Sachverständige beurteilt auch das weitere Vorgehen des Beklagten zu 1) als korrekt und sachgerecht. Die Diagnose einer "Retraktionsstörung" sei rechtzeitig und zutreffend gestellt worden. Der Versuch einer zunächst manuellen Dehnung des narbig veränderten Muttermunds und die daran anschließende Inzision seien regelgerecht erfolgt (Bl. 209 d. A.). Ein verspäteter Geburtsverlauf ist insgesamt durch diese Maßnahmen nicht eingetreten (Bl. 218 d. A.).
Die schließlich durchgeführte Vakuumextraktion hält der Sachverständige angesichts geringfügiger Änderungen der Herzfrequenz im CTG für zwar nicht zwingend angezeigt jedoch für nachvollziehbar und sieht sie im Sinne besonderer Vorsicht für das Kind als gerechtfertigt an (Bl. 211, 212 d. A.).
Diese insgesamt sorgfältig begründeten, gut verständlichen und nachvollziehbaren sowie erkennbar von großer Sachkunde getragenen Äußerungen des Sachverständigen überzeugen den Senat. Sie befinden sich zudem in Übereinstimmung mit den Stellungnahmen aller Sachverständiger, die sich zu dieser Frage im vorliegenden Verfahren geäußert haben. So stellt der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. S in seinem Gutachten vom 22.08.1999 fest, daß sich Hinweise auf eine Beeinträchtigung des Klägers während des Geburtsvorgangs nicht finden ließen (Bl. 428 d. A.). Ebenso gelangt der vom Beklagten zu 1) beauftragte Sachverständige Prof. Dr. K. in seinem Gutachten vom 12.09.2000 zu dem Ergebnis, daß während der Geburt eine Ursache für später entstandene periventrikuläre Leukomalazie beim Kläger nicht gesetzt worden sei (S. 10 dieses Gutachtens). Dies bestätigt der vom Beklagten zu 2) hinzugezogene Sachverständige Prof. Dr. St. in seinem Gutachten vom 14.12.2000, wenn er angibt, daß unter der Geburt, d. h. zwischen dem Beginn der regelmäßigen Wehen bzw. dem Blasensprung und der Abnabelung keine die Gesundheit des Kindes gravierend beeinträchtigende Schädigung aufgetreten sei, insbesondere kein relevanter Sauerstoffmangel (Bl. 9 dieses Gutachtens). Aber auch der vom Kläger hinzugezogene Sachverständige Prof. Dr. Sc konnte in keinem seiner fünf Gutachten ein Fehlverhalten oder sonst einen Umstand während der Geburt erkennen, der für die Schädigung des Klägers ursächlich geworden sein könnte. Vielmehr stellt auch dieser Gutachter in seinem Gutachten vom 08.05.1998 fest (S. 23 des Gutachtens), daß gegen eine Annahme der Hirnschädigung des Klägers unter der Geburt das gute Befinden des Kindes nach der Geburt spreche und gelangt im Gutachten vom 06.10.1998 zu der Feststellung, die Erkrankung des Klägers sei im Anschluß an die Geburt entstanden (S. 6 dieses Gutachtens).
Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme hat sich somit zur vollen Überzeugung des Senats kein Anhaltspunkt dafür ergeben, daß während der Geburtshilfe durch den Beklagten zu 1) ein Fehlverhalten vorliegt oder sonst eine Ursache für die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers gesetzt worden ist.
Eine Haftung des Beklagten zu 1) kann aber auch nicht, wie der Kläger meint, daraus resultieren, daß über die Möglichkeit einer Schnittentbindung eine Aufklärung der Eltern nicht erfolgt sei. Wie der Sachverständige Prof. Dr. M. ausführlich dargestellt hat, bestand nämlich für eine Entbindung über Kaiserschnitt keine medizinische Indikation. Eine Aufklärung über diese lediglich allgemeine mögliche Alternative war deswegen nicht erforderlich.
Ein Behandlungsfehler des Beklagten zu 1) liegt auch nicht darin, daß er es, wie der Kläger meint, unterlassen habe, unmittelbar in und nach der Geburt in der Lunge des Klägers verbliebenes Mekoniumaspirat abzusaugen, mit der Folge, daß daraus eine perinatale Hypoxie entstanden sei. Dieser erst im Laufe des Berufungsverfahrens vom Kläger nachgeschobene Vorwurf hat, wie der Sachverständige Prof. Dr. S überzeugend dargestellt hat (Bl. 525, 526 d. A.), keine tatsächlichen Grundlagen. Er konnte feststellen, daß es in den gesamten vorhandenen Unterlagen keinen Anhaltspunkt für einen entsprechenden Befund gebe. Insbesondere die Röntgenbilder, die am 02. und 04.05.1993 vom Torax des Klägers gefertigt worden sind, zeigten keinen Hinweis auf eine Mekoniumaspiration. Es fehlt somit für diesen Vorwurf des Klägers an tatsächlichen Anhaltspunkten.
Auch der Vorwurf des Klägers, der Beklagte zu 1) habe die rechtzeitige Verlegung der Mutter des Klägers in ein perinatologisches Zentrum fehlerhaft unterlassen, führt nicht zu einer Haftung des Beklagten zu 1).
Der Sachverständige Prof. Dr. S gibt in seinem Gutachten vom 08.06.2000 zunächst an, daß eine entsprechende Indikation für die Mutter nicht vorgelegen habe. Jedoch weist er darauf hin, daß die Frühgeburtlichkeit des Klägers selber dann eine Verlegung schon der Schwangeren nach den Richtlinien der deutschen Gesellschaft für Neonatologie und Pädriatische Intensivmedizin und der Deutschen Gesellschaft für Geburtshilfe vom 01.09.1996 indizieren würde, wenn mit der Geburt eines gefährdeten Neugeborenen zu rechnen sei. Jedoch berichtet der Sachverständige weiter, daß die insoweit aufgestellten Leitlinien immer wieder Anlaß zu Diskussionen zwischen Geburtshelfern und Pädiatern gegeben hätten. In der klinischen Praxis seien nach dem Jahresbericht der bayerischen Perinatalerhebung im Jahr 1993 von den in Frage kommenden zwischen der 32. und 36. Schwangerschaftswoche Frühgeborenen lediglich 54,1 % aus der geburtshilflichen Klinik in ein perinatologisches Zentrum verlegt worden. Nur in 64,2 % der Fälle sei ein Kinderarzt bei der Geburt anwesend gewesen. Dies zeige, daß im Grenzbereich der Frühgeburtlichkeit zwischen der 34. und 35. Schwangerschaftswoche eine sichtbare Diskrepanz zwischen der ausgeübten Praxis und den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe vom 11.06.1996 (Bl. 534ff d. A.) bestand. Der Sachverständige gelangt deswegen auch nur zu der Aussage, daß im Jahr 1993 die Frühgeburtlichkeit unterhalb der 35. Schwangerschaftswoche als "ausreichende Indikation" für eine Verlegung in eine entsprechend ausgestattete Kinderklinik angesehen worden sei (Bl. 521, 522 d. A.).
Zu einer ähnlich zurückhaltenden Beurteilung gelangt der vom Beklagten zu 1) herangezogene Sachverständige Prof. Dr. K. in seinem Gutachten vom 12.09.2000. Zwar nimmt auch dieser Gutachter an, daß bei Geburten in der 34. Schwangerschaftswoche grundsätzlich eine Verlegung der Schwangeren in ein Perinatalzentrum erforderlich sei. Er weist jedoch darauf hin, daß eine solche Verlegung im konkreten Fall kaum mehr möglich gewesen sei, da bei Ankunft in der Klinik die Wehentätigkeit bereits begonnen habe und somit nicht absehbar gewesen sei, wann die Geburt tatsächlich erfolgen würde. Er hält deswegen die Entscheidung, die Geburt in der Klinik Bad Windsheim zu beenden für gerechtfertigt und richtig (S. 7 des Gutachtens). In dieselbe Richtung weisen die gutachtlichen Äußerungen des vom Kläger beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. Sc, der insgesamt lediglich für eine sofortige Benachrichtigung des neonatologischen Notdienstes plädiert (vgl. Gutachten vom 01.10.1999, S. 9, 10; Gutachten vom 16.10.2000, S. 4 - 6). Auch der vom Beklagten zu 2) herangezogene Gutachter Prof. Dr. St. vertritt die Ansicht, daß bei einer Schwangerschaftsdauer von 34 abgeschlossenen Wochen nicht mit schwerwiegenden Frühkomplikationen zu rechnen sei, so daß sogar die Benachrichtigung eines Neugeborenennotarztdienstes etwas später erfolgen könne. Für eine Verlegung bereits der Schwangeren plädiert auch dieser Gutachter nicht (S. 11 des Gutachten vom 14.12.2000).
Zur Überzeugung des Gerichts steht damit fest, daß eine Verlegung der schwangeren Mutter des Klägers nicht erfolgen mußte. Im Gegenteil überzeugen die Hinweise im Gutachten von Prof. Dr. K., daß bei bereits begonnener Wehentätigkeit und einem Blasensprung kurze Zeit nach Aufnahme in die Klinik eine Verlegung der Schwangeren in ein Perinatalzentrum nicht angezeigt gewesen ist. Bei einer Verlegungsdauer von 60 bis 70 Minuten, wie sie entsprechend der Fahrtdauer des Kindernotarztes zu erwarten war, sind weitergehende Unsicherheiten und Gefährdungen für die Schwangere und das Kind eröffnet als in der stabileren Situation einer geburtshelfenden Klinik. Zudem überzeugt der ergänzende Hinweis des Sachverständigen Prof. Dr. St., daß gerade bei einer Schwangerschaftsdauer von 34 abgeschlossenen Wochen regelmäßig schwerwiegende Komplikationen nicht zu erwarten sind. In diese Richtung weisen schließlich auch die vom Sachverständigen Prof. Dr. S mitgeteilten statistischen Daten, daß gerade im Grenzbereich einer Frühgeburtlichkeit eine Verlegung nicht einmal in der Hälfte aller statistisch erfaßten Fälle erfolgte.
Jedoch teilt das Gericht den Vorwurf des Klägers, daß der Beklagte zu 1) für eine optimale Versorgung den Neugeborenennotarztdienst hätte so rechtzeitig hinzuziehen müssen, daß dieser bereits zur Geburt anwesend ist. Tatsächlich wurde der Kindernotarzt aber erst kurz nach der Geburt des Klägers angefordert.
Zwar ist nach Angabe des Sachverständigen Prof. Dr. S in seinem Gutachten vom 08.06.2000 bei Anwesenheit eines Kinderarztes und nicht vorhersehbarer Notwendigkeit einer Intensivbehandlung die Anwesenheit eines Neugeborenennotarztes nicht als zwingend anzusehen (Bl 523 d. A.). Jedoch habe eine gewisse Wahrscheinlichkeit bestanden, daß es beim Kläger zu Störungen der Atemfunktion kommen könne. Deswegen wäre es für eine optimale Versorgung notwendig gewesen, den Neugeborenennotarztdienst rechtzeitig, d. h. zu Beginn der Geburt, hinzuziehen (Bl. 523 d. A.). Diese Ansicht trifft sich mit den Äußerungen des vom Kläger hinzugezogenen Sachverständigen Prof. Sc, der in seinem Gutachten vom 01.10.1999 fordert, daß der Kindernotarztdienst schon zur Geburt anwesend sein müsse. Dies gelte besonders dann, wenn wie im vorliegenden Fall, die Entfernung zu einer neonatalen Intensivstation für eine Verlegung zu groß sei (Bl. 9, 10 des Gutachtens). In seinem Gutachten vom 16.10.2001 faßt Prof. Dr. Sc deswegen zusammen, daß nur durch die frühzeitige Benachrichtigung eines neonatologischen Abholdienstes das Risiko einer suboptimalen Behandlung vermieden worden wäre. Soweit abweichend hiervon der vom Beklagten zu 1) beauftragte Sachverständige Prof. K. in seinem Gutachten vom 12.09.2000 die Verantwortung für die Benachrichtigung des Kindernotarztes dem Beklagten zu 2) zuweisen will (S. 8, 9 des Gutachtens) folgt das Gericht diesem Ansatz nicht. Dagegen spricht schon der zeitliche Ablauf. Der Beklagte zu 2) als Kinderarzt ist erst eine Minute vor der Geburt des Klägers in der Klinik erschienen. Damit war es ihm schon zeitlich nicht möglich, einen neonatologischen Abholdienst für die Geburt selber zu benachrichtigen. Es ist somit vielmehr allgemein wie im konkreten Fall überzeugend, daß die Verantwortung für die Organisation der Erstversorgung des Neugeborenen der Geburtshelfer trägt. Das Gericht folgt insoweit den überzeugenden Darstellungen des Sachverständigen Prof. Dr. S in seinem Gutachten vom 08.06.2000 (Bl. 522 d. A.).
Jedoch resultiert aus diesem Versäumnis des Beklagten zu 1) kein Ersatzanspruch des Klägers für seine gesundheitlichen Schäden, da der Nachweis einer Kausalität zwischen dieser Pflichtverletzung des Beklagten zu 1) und der später festgestellten Leukomalazie vom Kläger nicht geführt werden konnte. Der Sachverständige Prof. Dr. S gelangt unter sorgfältiger Abwägung der erhobenen nachgeburtlichen Parameter in seinem Gutachten vom 08.06.2000 sogar zu einer die Kausalität ausschließenden Annahme, wenn er feststellt, die maßgeblichen Risikofaktoren wären auch durch eine Anwesenheit des Neugeborenennotarztes nicht zu vermeiden gewesen (Bl. 525 d. A.). Diese Feststellung stößt auf deutliche Kritik des vom Kläger hinzugezogenen Gutachters Prof. Dr. Sc, der in seinem Gutachten vom 16.10.2000 darauf hinweist, daß ein korrekt handelnder Neugeborenennotarzt gerade die Lücken und Unsicherheiten in der Versorgung des Klägers in der Stunde nach der Geburt hätte vermeiden können. Auch zur Überzeugung des Gerichts spricht einiges dafür, daß ein geschulter neonatologischer Notdienst etwa die durch den fehlgeschlagenen Intubationsversuch entstandene Risikosituation entweder vermieden oder schneller entschärft hätte. Jedoch kann diese Differenz der beiden Gutachter aus rechtlicher Sicht dahingestellt bleiben, denn auch der vom Kläger beauftragte Sachverständige Prof. Dr. Sc kann naturgemäß nicht angeben, daß bei rechtzeitiger Benachrichtigung des neonatologischen Notdienstes die Schädigung des Klägers vermieden worden wäre. Dies hält er eben nur für "nicht ausgeschlossen" und "auch nicht für gänzlich unwahrscheinlich" (vgl. S. 6, 7 des Gutachtens vom 16.12.2000).
Dem Kläger kommt zu diesem Vorwurf auch nicht eine Beweiserleichterung deswegen zugute, weil das Unterlassen der frühzeitigen Benachrichtigung des Kindernotarztes als grob fahrlässig zu werten wäre. Auch wenn hierin eine fehlerhafte Organisation der Geburt durch den Geburtshelfer zu sehen ist, so stellt das Unterlassen jedoch keinen so dramatischen Verstoß gegen die anerkannten Grundsätze ärztlichen Handelns dar, daß es als grob fahrlässig einzuordnen ist. Dagegen spricht vor allem auch, daß der Beklagte zu 1) nach den getroffenen organisatorischen Vorkehrungen damit rechnen konnte, daß mit der Geburt die Verantwortung durch einen spezialisierten Kinderarzt in der Klinik übernommen wird. Es mag zwar, wie es der vom Kläger beauftragte Sachverständige Prof. Sc tut, die Versorgung durch einen geschulten Kinderarzt gegenüber derjenigen eines Spezialisten aus einem neonatologischen Zentrum als "suboptimal" einzustufen sein. Grob fahrlässig, also üblicher und allgemein anerkannter ärztlicher Sorgfalt in ganz unverständlichem Maße widersprechend, ist eine solche Versorgung nicht. In diese Richtung weisen auch die vom Sachverständigen Prof. Dr. S in seinem Gutachten vom 06.03.2000 vorgelegten statistischen Werte, wonach auf Grundlage der bayerischen Perinatalerhebung von 1993 bei mehr als 35 % aller Frühgeburten - anders