ARBEITSRECHT
Unzulässige Weisung zur Arbeitsaufnahme im Ausland
Autor: Volker Backs LL.M. - Rechtsanwalt
„Strafversetzung" während der Elternzeit
Hessisches LAG, Urteil vom 15.02.2011, 13 SaGa 1934/10
Das Hessische Landesarbeitsgericht hatte in einem Eilverfahren über die Weisung eines Arbeitgebers zu entscheiden, eine in Elternzeit befindliche Arbeitnehmerin mit einer 13-monatigen Tochter anstatt am Wohnort der Klägerin für zwei Tage in der Woche in London arbeiten zu lassen. Das LAG hielt die Weisung für unwirksam. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die klagende Arbeitnehmerin hatte mit ihrem Arbeitgeber vereinbart, dass sie während der Elternzeit für 30 Stunden in der Woche weiter arbeiten werde. Es war vereinbart, ihrer Tätigkeit an zwei Tagen in der Woche im Büro nachzugehen. Das Büro befand sich etwa 30 km vom Wohnort entfernt.
Der Arbeitgeber teilte in der Folge der Arbeitnehmerin mit, dass das bisherige Büro geschlossen worden sei. Er forderte die Arbeitnehmerin auf, zwei Tage in der Woche in der Konzernzentrale in London zu arbeiten. Anreise und Übernachtungskosten habe sie selbst zu tragen.
In der Berufungsinstanz untersagte das Gericht dem Arbeitgeber die Weisung auf zeitweilige Beschäftigung in London. Das Gericht verpflichtete den Arbeitgeber zur Weiterbeschäftigung von zu Hause oder dem bisherigen Büro aus.
Das Gericht hatte nicht nur Zweifel daran, dass das Büro am Wohnort der Arbeitnehmerin tatsächlich geschlossen war. Es bewertete die Weisung auch als unzulässige Strafversetzung. Es berücksichtigte dabei, dass der Reiseaufwand und die Abwesenheitszeiten im wesentlichen der vereinbarten Arbeitszeit insgesamt entsprächen. Die Weisung verstoße daher gegen das vereinbarte Arbeitszeitmodell und sei nicht interessengerecht.
Eine Entscheidung im Eilverfahren war nach Ansicht des Gerichts auch geboten, da nur auf diesem Wege einer offenkundig rechtswidrige Weisung des Arbeitgebers entgegengetreten werden könne. Eine solche führe, wenn sie Bestand hätte, zu einer nicht hinzunehmenden Beeinträchtigung in der Lebensführung der Arbeitnehmerin und zu einer nicht hinnehmbaren Beschränkung ihrer Persönlichkeitsrechte.
Rechtsanwalt Volker Backs hält die Entscheidung des Gerichts, auch im einstweiligen Verfügungsverfahren zu entscheiden, für zutreffend.
„In Fällen, in denen in derart gravierender Weise Arbeitnehmerrechte offenkundig beschränkt werden sollen, ist es unzumutbar, die Klägerin auf das zeitaufwendige Hauptsacheverfahren zu verweisen. Wenn der Arbeitgeber nach Überzeugung des Gerichts offenkundig sachwidrige Erwägungen anstellt und den Arbeitnehmer in seinem beruflichen und/oder persönlichen Fortkommen in erheblichem Maße beschränkt, kann nur eine Eilentscheidung sachgerecht sein."
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Volker Backs LL.M.
Rechtsanwalt
22.03.2011