INTERNETRECHT
Was kann ich gegen negative Bewertungen im Internet tun?
Autor: Fachanwältin für Gewerblichen Rechtsschutz Katrin Freihof - Rechtsanwältin
Viele Unternehmer sehen sich unberechtigten und geschäftsschädigenden Bewertungen und Äußerungen auf Verkaufsbewertungsportalen ausgesetzt. Grundsätzlich ist das Bestehen von Bewertungssystemen durchaus sinnvoll, um dem Käufer eine gewisse Transparenz hinsichtlich seines Vertragspartners zu gewähren. Das Bewertungssystem ist quasi ein Äquivalent zur Bonitätsprüfung einer kreditgewährenden Bank. Deshalb haben positive Bewertungen einen hohen Stellenwert gerade auch für gewerbliche Verkäufer auf Portalen wie Ebay oder Amazon. Gleichermaßen können umgekehrt negative Bewertungen geschäftsschädigend sein.
Bei Bewertungen in Verkaufsportalen wie Ebay oder Amazon ist zunächst zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen zu unterscheiden. Tatsachenbehauptungen sind dem Beweis zugänglich, sprich deren Inhalt ist nachprüfbar. Meinungsäußerungen sind geprägt durch ein Dafür halten, sprich, sie sind subjektiver Natur. Grundsätzlich gilt, dass alle wahren Tatsachenbehauptungen zulässig sind. Meinungsäußerungen sind grundsätzlich gerade auch vor dem Hintergrund, dass die Meinungsfreiheit eines unserer wichtigsten Grundrechte darstellt, ebenfalls zulässig, solange sie keine Schmähkritik enthalten und diffamierenden Inhalt aufweisen.
Oft jedoch werden aus Frust oder sonstigen Gründen unberechtigte negative Bewertungen verbunden mit unsachlichen Äußerungen abgegeben. Haben die abgegebenen Bewertungen beleidigenden, diffamierenden Inhalt oder entsprechen nicht der Wahrheit, kann der Verkäufer gegen die Bewertung vorgehen. Dabei hat der Verletzte folgende rechtliche Möglichkeiten:
I. Ansprüche gegen den Verletzer
So kann der Verkäufer den Bewertenden auf Unterlassung in Anspruch nehmen und Beseitigung der rechtsverletzenden Bewertung von ihm verlangen. Daneben kommen Schadensersatzansprüche wegen Kreditgefährdung in Betracht, wenn der Bewertende unwahre Tatsachen behauptet, die das Geschäft des Verkäufers gefährden.
1. Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche
Zunächst einmal hat der Verkäufer einen Anspruch auf Unterlassung- und Beseitigung gegen den Bewertenden.
Abmahnung
Um diesen durchzusetzen, fordert man den Verletzer mittels eines Abmahnschreibens auf, eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben, durch welche er unter Anerkennung einer Vertragsstrafe bei jeder Zuwiderhandlung sich verpflichtet, zukünftige Rechtsverletzungen zu unterlassen und die Löschung der Bewertung zu veranlassen. Dabei trägt der Verletzer die Verantwortung, dass der rechtsverletzende Inhalt gelöscht wird.
Der Verkäufer kann schließlich, wenn der Abgemahnte die Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung nicht abgibt und auch keine Löschung der rechtswidrigen Inhalte veranlasst, auf Unterlassung klagen. Dies wird allerdings oft nicht dem Bestreben, die Bewertung schnellstmöglich aus dem Internet zu entfernen, gerecht.
Einstweilige Verfügung
In besonders dringenden Fällen kann der Verkäufer deshalb auch eine einstweilige Verfügung beantragen, etwa, wenn er aufgrund des geschäftsschädigenden Charakters der Bewertung nicht abwarten kann, bis der abgemahnte die Löschung der Bewertung veranlasst. Hier muss der Verkäufer glaubhaft machen, dass eine Rechtsverletzung vorliegt und ein Zuwarten ihm nicht zumutbar ist. Der Beschluss des Gerichts verpflichtet den Verletzer dann, zukünftige Rechtsverletzungen zu unterlassen und die Löschung der Bewertung zu veranlassen. Leistet er dem nicht Folge, muss er ein vom Gericht festgesetztes Ordnungsgeld zahlen. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist der gängigste Weg beim Vorgehen gegen Rechtsverletzungen im Internet, da nur so gewährleistet werden kann, dass sich die Inhalte nicht weiter im Internet verbreiten.
2. Schadensersatzansprüche
Gerade, wenn unberechtigte negative Bewertungen den geschäftlichen Ruf eines Verkäufers schädigen und dieser deshalb weniger Käufer zu verzeichnen hat, hat der Verkäufer einen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Verletzer, welcher sich nach dem infolge der Bewertung entgangenen Gewinn bemisst. In vielen Fällen führen negative Bewertungen sogar zur Sperrung des Verkäuferprofils, sodass die Existenzen der betroffenen Verkäufer bedroht sind. Uns lagen in jüngster Vergangenheit einige Fälle vor, in denen Amazon infolge negativer Bewertungen Verkäuferprofile gesperrt hat und diese ihren Geschäften nicht mehr nachgehen konnten.
3. Strafanzeige
Nicht selten erfüllen Bewertungen und deren Inhalt die Straftatbestände der Beleidigung oder Verleumdung. In derartigen Fällen steht dem Verkäufer auch die Möglichkeit einer Strafanzeige zur Seite, sodass der Verletzer nicht nur zivilrechtlich belangt wird, sondern auch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden würde.
II. Ansprüche gegen den Portalbetreiber: Störerhaftung
Neben dem eigentlichen Verletzer, welcher primär für die rechtswidrige Bewertung verantwortlich ist, kann darüber hinaus auch der Portalbetreiber als sogenannter Hostprovider im Rahmen einer Störerhaftung in Anspruch genommen werden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass er nur zur Löschung der Bewertung und Unterlassung verpflichtet werden kann, nicht jedoch strafrechtlich verantwortlich oder schadensersatzpflichtig gemacht werden kann.
1)Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch
So kann der Verkäufer gegen den Portalbetreiber einen Löschungsanspruch sowie einen Unterlassungsanspruch geltend machen. Dies liegt darin begründet, dass der Portalbetreiber Herr des Angebots ist und daher verantwortlich für die Inhalte innerhalb des Portals ist. Er hat eine Gefahrenquelle geschaffen und muss deshalb die Vorkehrungen schaffen, um Beeinträchtigungen Dritter abzuwenden.
Voraussetzung für eine Störerhaftung ist jedoch, dass der Betroffene den Portalbetreiber über die rechtsverletzenden Inhalte in Kenntnis gesetzt hat. Kommt dieser seinen damit verbundenen Prüfungspflichten nicht nach, kann er als Störer auf Löschung und Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Bundesgerichtshof begründet dies damit, dass dem Portalbetreiber nicht abverlangt werden kann, dass er ohne näheren Anlass sämtliche Inhalte auf seinem Portal dauerhaft zu überprüfen hat. Jedoch hat er dann eine Prüfungspflicht, wenn er in Kenntnis über möglicherweise rechtsverletzende Inhalte gesetzt wird. Der Portalbetreiber hat in diesem Fall eine Stellungnahme des Nutzers einzuholen, der in dem Verdacht steht, die Rechtsverletzung begangen zu haben und den gesamten Sachverhalt zu ermitteln. Bestätigt sich die gemeldete Rechtsverletzung, muss der Portalbetreiber den Inhalt löschen und dafür Sorge tragen, dass zukünftig durch den Nutzer keinerlei Rechtsverletzungen mehr begangen werden. Verletzt der Portalbetreiber seine Prüfungspflichten oder handelt nach sicherer Kenntnis von der Rechtsverletzung nicht entsprechend, indem er die Bewertung löscht, kann ihn der Verkäufer als Störer auf Unterlassung in Anspruch nehmen
Abmahnung
Die Ansprüche gegen den Störer können auf dieselbe Weise durchgesetzt werden wie die gegen den Verletzer. Der Verletzte kann den Portalbetreiber mittels einer Abmahnung zur Löschung der rechtsverletzenden Inhalte und zu einer zukünftigen Unterlassung der Verbreitung rechtsverletzender Inhalte auffordern.
Einstweilige Verfügung
Kommt der Portalbetreiber der Aufforderung nicht nach, besteht die Möglichkeit wegen besonderer Dringlichkeit eine einstweilige Verfügung durch gerichtlichen Beschluss zu erwirken, um eine möglichst schnelle Löschung der Bewertung aus dem Internet zu erreichen. Dabei muss der Betroffene darlegen, warum es erforderlich ist, dass der rechtsverletzende Inhalt unverzüglich gelöscht wird und das wiederholte Rechtsverletzungen zu befürchten sind. In den meisten Fällen dürfte jedoch die Gefahr der Verbreitung der Inhalte im Internet und die damit verbundene Rufschädigung ausreichen, um eine Dringlichkeit zu bejahen.
III. Ansprüche gegen Suchmaschinenbetreiber
Das Oberlandesgericht Hamburg hat in einer Entscheidung aus dem Jahre 2011 deutlich gemacht, dass auch Suchmaschinenbetreiber als Hostprovider im Rahmen der eben erläuterten Störerhaftung in Anspruch genommen werden können. Oft ist es nämlich so, dass rechtsverletzende Bewertungen, welche von den eigentlichen Webseiten bereits gelöscht wurden, in den Suchmaschinen noch auffindbar sind, da die Suchmaschinen ihre Inhalte nur alle paar Wochen aktualisieren. Dies führt dazu, dass die Inhalte noch wochenlang im Internet aufzufinden sind, was weitreichende Folgen für die Betroffenen haben kann, deren Ruf in Gefahr ist.
Jedoch sind laut der Entscheidung des OLG Hamburg an die Haftung von Suchmaschinen für fremde Inhalte besondere Voraussetzungen geknüpft. So besteht ein Anspruch gegen den Suchmaschinenbetreiber auf Unterlassung der Mitwirkung an der Verbreitung rechtsverletzender Inhalte nur, wenn der Anspruchssteller darlegen kann, dass infolge der Eingabe seines Namens ein Eintrag erscheint, der auf seine Person hinweist und einen bestimmten Inhalt hat. Zudem muss der gefundene Eintrag auf einen Internetauftritt verlinken, der einen bestimmten, genau anzugebenden bzw. zu beschreibenden Wortlaut oder sonstigen Inhalt hat. Darüber hinaus muss dargelegt werden, inwieweit durch die Verbreitung des Inhaltes Rechte verletzt werden und inwieweit der Suchmaschinenbetreiber an der Rechtsverletzung mitwirkt.
Liegen diese Voraussetzungen vor, ist auch ein Suchmaschinenbetreiber verpflichtet, bei Kenntniserlangung von rechtsverletzenden Bewertungen zu reagieren und diese zu löschen, soweit eine Rechtsverletzung offensichtlich ist. Ist eine gemeldete Rechtsverletzung zweifelhaft bzw. prüfenswert, hat der Suchmaschinenbetreiber eine Stellungnahme des (vermeintlichen) Verletzers einzuholen und sodann gegebenenfalls weitere Nachweise des Betroffenen einzuholen, um abschließend über eine Löschung der rechtsverletzenden Bewertung zu entscheiden.