WETTBEWERBSRECHT
Zum anwaltlichen Werberecht - Gestaltung einer Werbeanzeige / Webseite
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Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat sich
in einer Entscheidung erneut mit der Beurteilung von Werbemaßnahmen
durch die Berufsgerichte befasst. Die Beschwerdeführer (Bf) -
Rechtsanwälte - waren wegen der Gestaltung einer Werbeanzeige und eines
Internetauftritts mit einer Geldbuße und einem Verweis belegt worden.
Der Anwaltsgerichtshof sah in der Selbstdarstellung der Bf eine
Verletzung der anwaltlichen Pflichten, da sie Merkmale reklamehafter
Anpreisung enthalte. Die Einzelheiten der kritisierten
Selbsteinschätzung sind in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts
dargestellt. Insbesondere waren eine Anfahrtsskizze zum Büro der Bf im
Internet unter der Überschrift "So kommen Sie zu Ihrem Recht", die
Behauptung regelmäßiger Fortbildung der in der Kanzlei tätigen
Rechtsanwälte und die Überschrift "Umfassende Rechtsberatung" in der
Zeitungsanzeige beanstandet worden.
Die Kammer hat die Verurteilung aufgehoben und die Sache zur erneuten
Entscheidung zurückverwiesen. Zur Begründung führt sie im wesentlichen
aus:
Der Anwaltsgerichtshof hat die den Rechtsanwälten eröffnete, in
Art. 12 GG wurzelnde Werbefreiheit verkannt. Die Kammer verweist insoweit auf
das BGH-Urteil vom 1. März 2001 (abgedruckt in NJW 2001, 2087). Auch
ist eine Anzeige, die informativ sowie formal und inhaltlich angemessen
gestaltet ist und keinen Irrtum erregt, dem Rechtsanwalt grundsätzlich
erlaubt. Insofern hätte der Anwaltsgerichtshof überprüfen müssen, ob
die beanstandeten Selbstdarstellungen diesen Kriterien entsprechen. Die
Bf haben in der mit "Umfassende Rechtsberatung" überschriebenen
Zeitungsanzeige insgesamt neun Anwälte mit je zwei
Interessenschwerpunkten aufgeführt. Jeder Interessenschwerpunkt tritt
nur einmal auf. Hierdurch wird der Eindruck einer umfassenden
Beratungskompetenz vermittelt, die in dieser Form nicht
selbstverständlich in jeder Kanzlei anzutreffen ist. Ist die Aussage
richtig, ist sie von Art. 12 Abs. 1 GG gedeckt. Die Angabe von
Interessenschwerpunkten reicht als Nachweis für umfassende Kompetenz
aber nicht aus. Nach der Berufsordnung für Rechtsanwälte können
Interessenschwerpunkte allein auf der Grundlage angegeben werden, dass
der betreffende Rechtsanwalt sich für das Gebiet "interessiert".
Voraussetzungen - sei es in Gestalt von Berufserfahrung, besonderen
Kenntnissen oder vertiefter wissenschaftlicher Beschäftigung - normiert
die Berufsordnung nicht. Insoweit sieht die Kammer durchaus die Gefahr
einer unzulässigen, nämlich übertriebenen und irreführenden Anpreisung
durch Angabe der Interessenschwerpunkte. Dies könnte jedenfalls vom
betroffenen Publikum so empfunden werden, wenn es erführe, dass die
Aufzählung im Belieben des Anbieters steht. Diese den Belangen einer
geordneten Rechtspflege zuwiderlaufende Wirkung beruht aber weniger auf
der beanstandeten Passage in der Anzeige der (Bf), als auf der
unzulänglichen Regelung der Interessenschwerpunkte in der Berufsordnung
für Rechtsanwälte. Der Anwaltsgerichtshof wird sich mit dieser Frage
erneut zu befassen haben; ob die Berufsordnung verfassungsrechtlichen
und gesetzlichen Vorgaben entspricht kann er selbst entscheiden.
Die Kammer hat darüber hinaus erneut klargestellt, dass eine Werbung -
hier der Internetauftritt - nicht dadurch unzulässig wird, dass sie vom
gewohnten Bild abweicht. Auch Ironie und Sprachwitz in werbenden
Anzeigen müssen grundrechtsfreundlich erkannt und können nicht
automatisch als unzulässige Anpreisung interpretiert werden.
BVerfG, Beschluss vom 12. September 2001 - Az. 1 BvR 2265/00 -