STRAFRECHT
Anwalt muss gerichtlichen Anhörungstermin wahrnehmen können
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Karlsruhe (jur). Teilt ein Gericht einem Anwalt den Termin einer Anhörung zu einem Haftantrag mit, darf dieser nicht zu kurzfristig stattfinden. Dem Anwalt muss Gelegenheit gegeben werden, zum Anhörungstermin pünktlich erscheinen zu können, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Montag, 18. August 2014, veröffentlichten Beschluss vom 10. Juli 2014 (Az.: V ZB 32/14). Das Recht des Anwalts auf Teilnahme an der Anhörung kann auch nicht durch die Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme gewahrt werden, so der V. Zivilsenat des BGH.
Hintergrund des Rechtsstreits war die Abschiebung eines Georgiers, der in Deutschland ohne gültige Aufenthaltserlaubnis angetroffen wurde. Um die Zurückschiebung des Mannes nach Lettland sicherzustellen, ordnete das Amtsgericht Görlitz eine Haft an.
Den Haftantrag sendete das Amtsgericht am 21. November 2013 um 9.16 Uhr per Fax an den bevollmächtigten Rechtsanwalt des Georgiers. Darin bestimmte das Gericht den Termin zur Anhörung des Betroffenen auf 13.00 Uhr desselben Tages.
Der Anwalt teilte dem Gericht bereits um 9.51 Uhr per Fax mit, dass er innerhalb dieser kurzen Zeit das Gericht mit Auto oder den öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erreichen könne. Er schaffe es allenfalls nach 15.15 Uhr, bei Gericht zu erscheinen.
Die Anhörung fand ohne den anwaltlichen Beistand um 13.30 Uhr statt.
Damit sah der Anwalt die Rechte seines Mandanten verletzt und legte Beschwerde beim Landgericht Görlitz ein. Er habe das Recht, an der Anhörung teilzunehmen.
Das Landgericht hatte mit dem Vorgehen des Amtsgerichts keine Probleme. Der Anwalt habe sowieso bis zur Anhörung keinerlei Kontakt zu seinem Mandanten gehabt. Ein irgendwie geartetes Vertrauensverhältnis habe nicht bestanden. Auch hätte er ja schriftlich Erklärungen zu dem Haftantrag einreichen können.
Doch der BGH stellte fest, dass die Anhörung durch das Amtsgericht fehlerhaft war. Einem Verfahrensbevollmächtigten müsse die Möglichkeit eingeräumt werden, an dem Anhörungstermin seines Mandanten teilnehmen zu können. Hier sei die Mitteilung über den Termin viel zu kurzfristig erfolgt. Der Anwalt habe dem Amtsgericht zudem mitgeteilt, dass er es unmöglich innerhalb von dreieinhalb Stunden zu dem Anhörungstermin schaffen könne.
Das Amtsgericht hätte daher einen späteren Termin bestimmen müssen. Es habe so „gegen den im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen“, so der BGH. Schließlich habe bei einer Freiheitsentziehungsmaßnahme der Betroffene das Recht, sich von einem Bevollmächtigten seiner Wahl vertreten zu lassen.
Unerheblich sei es hierbei, inwieweit ein Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant bereits bestand. Auch die Möglichkeit, schriftlich Erklärungen zum Haftantrag einreichen zu können, könne nicht das Recht auf Teilnahme an einer Anhörung aufheben.
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