ARBEITSRECHT
Arbeitnehmerhaftung
Autor: Volker Backs LL.M. - Rechtsanwalt
Arbeitnehmerhaftung - Dienstliche Nutzung des privaten Pkw durch Arbeitnehmer
Seit der Entscheidung des BAG vom 27.09.1994, GS 1/89 (A) unter Aufgabe der Erfordernisses der sog. gefahrgeneigten Arbeit haftet der Arbeitgeber allgemein nach den Grundsätzen der beschränkten Arbeitnehmerhaftung.
„Die Grundsätze über die Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung gelten für alle Arbeiten, die durch den Betrieb veranlaßt sind und aufgrund eines Arbeitsverhältnisses geleistet werden, auch wenn diese Arbeiten nicht gefahrgeneigt sind.“
Nach ständiger Rechtsprechung muß der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auch einen am Fahrzeug des Arbeitnehmers entstandene Unfallschäden ersetzen, wenn das Fahrzeug mit Billigung (Genehmigung oder Duldung) des Arbeitgebers in dessen Betätigungsbereich eingesetzt wurde.
Um einen Einsatz im Betätigungsbereich des Arbeitgebers handelt es sich, wenn ohne den Einsatz des Arbeitnehmerfahrzeugs der Arbeitgeber ein eigenes Fahrzeug einsetzen und damit dessen Unfallgefahr tragen müßte. Der Arbeitnehmer hat gegen den Arbeitgeber dann einen Anspruch auf Ersatz des Unfallschadens an seinem Fahrzeug (Aufwendungsersatzanspruch) analog § 670 BGB unter Berücksichtigung etwaigen Mitverschuldens entsprechend § 254 unter Anwendung der vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätze der beschränkten Arbeitnehmerhaftung .
Maßgeblich ist der Verschuldensgrad, der dem Arbeitnehmer zu Last fällt. Im Ergebnis haftet der Arbeitgeber daher nicht, wenn der Arbeitnehmer vorsätzlich handelt, hingegen voll, wenn er sich leicht fahrlässig verhalten hat.
Haftungsvoraussetzungen und Haftungsverteilung
Vorsätzlich durch den Arbeitnehmer herbeigeführte Schäden muß der Arbeitgeber nicht tragen.
Vorsätzlich handelt der Arbeitnehmer aber erst dann, wenn er seine arbeitsvertraglichen Pflichten mißachtet (zum Beispiel gegen die Weisung verstößt, im Winter nur auf gestreuten Strassen zu fahren) und den dann eingetretenen Schaden zumindest als möglich voraussieht und in Kauf nimmt .
Handelt der Arbeitnehmer grob fahrlässig hat der Arbeitnehmer zwar grundsätzlich den Schaden alleine zutragen, es kann aber zu einer Haftungserleichterung zu Gunsten des Arbeitnehmers kommen. Es muß in jedem Fall eine Einzelfallabwägung erfolgen .
Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den Umständen in einem besonders hohen Maße außer Acht läßt , zum Beispiel wenn ein Kraftfahrer mit dem Mobiltelefon telefoniert und dabei einen Unfall verursacht Unfall, BAG 8 AZR 221/97 = NZA 1999, 262.
Bei mittlerer Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer anteilig .
Diese ist anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat und der Schadenseintritt bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt vorhersehbar und vermeidbar gewesen wäre, zum Beispiel wenn ein Kraftfahrer die Vorfahrt missachtet und einen Verkehrsunfall verursacht, LAG Bremen, 4 Sa 116/99 = NZA-RR 2000, 127.,
Der Umfang der Haftung des Arbeitnehmers richtet sich nach unterschiedlichen Kriterien im Rahmen der Gesamtabwägung, und zwar:
- Schadensanlaß- und folgen
- Billigkeits- und Zumutbarkeitsgesichtspunkte
- Höhe des Schadens
- Ist die Entstehung des Schadens durch den Arbeitgeber einkalkuliert?
- Konnte der Arbeitgeber das Risiko angemessen versichern?
- Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb
- Höhe des Arbeitsentgelts
- Erhalt einer angemessenen Risikoprämie .
Bei leichter Fahrlässigkeit entfällt die Haftung des Arbeitnehmers.
Beweislastproblem
Im Rahmen der Arbeitnehmerhaftung liegt – abweichend von der Grundregel des § 280 Abs. 1 BGB – die Beweislast für die Pflichtverletzung beim Arbeitgeber.
Haftungsregelungen
Haftungsausschlußklauseln, die die Haftung des Arbeitgebers begrenzen sollen, sind an §§ 309 Nr. 7 und 307 BGB zu messen und dürften in den meisten Fällen unzulässig sein. Soll die Haftung des Arbeitgebers in Fällen einfacher Fahrlässigkeit um mehr als die Selbstbeteiligung begrenzt werden stellt sich die Frage, ob sich dies in Fällen, in denen der dem Arbeitgeber auf den Abschluß einer zumutbaren Versicherung verzichtet, nicht unangemessen benachteiligend für den Arbeitnehmer ist.
Haftungsklauseln, die die Haftung des Arbeitnehmers verschärfen, verstoßen nach Ansicht des BAG wohl grundsätzlich gegen die Grundsätze der privilegierten Arbeitnehmerhaftung.
Allenfals, wenn die Verschärfung durch einen wirtschaftlichen Ausgleich kompensiert werden kann, wäre eine solche Regelung denkbar (Stichwort: Mankohaftung). Allerdings kann sich der Arbeitgeber nicht sicher sein, daß das Verhältnis von der Rechtsprechung als angemessen betrachtet wird und er deshalb, ohne sich selbst auf eine Haftungsbeschränkung berufen zu können, gleichwohl den wirtschaftlichen Vorteil zu gewähren hat.
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© RA Volker Backs LL.M. 01/2010