ARBEITSRECHT
Arbeitsrecht wird von „Lizenzvertrag“ nicht umgangen
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Karlsruhe (jur). Geltendes Arbeitsrecht kann nicht durch Lizenzverträge umgangen werden. Nach einem am Freitag, 2. November 2018, veröffentlichten Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe ist im Fall von Scheinselbstständigkeit ein solcher Vertrag nicht nichtig, sondern arbeitsrechtliche Schutzvorschriften sind „unabhängig von einer möglichen Umgehungsabsicht“ direkt anwendbar (Az.: VII ZR 298/17).
Im Streitfall geht es um einen Lizenzvertrag für einen Immobilienvertrieb. Die Klägerin, die die Lizenz vergeben hat, macht Forderungen gegen einen Lizenznehmer geltend. Der wehrte dies unter anderem mit dem Argument ab, er sei nur scheinbar Selbstständig, tatsächlich aber Arbeitnehmer.
Lizenznehmervertrag ist „ein nichtiges Umgehungsgeschäft“
In Würdigung der gesamten Umstände hatte auch das Landgericht Berlin dies so gesehen. Die Lizenzgeberin habe arbeitsrechtliche Schutzvorschriften umgehen wollen. Es kam daher zu dem Schluss, der Lizenznehmervertrag sei „ein nichtiges Umgehungsgeschäft“. Daher wies das Landgericht die Forderung der Lizenzgeberin in Höhe von 3.412 Euro ab.
Die dagegen von der Lizenzgeberin eingelegte Revision könnte nun nach hinten losgehen. Denn mit der Einschätzung, der Vertrag sei insgesamt nichtig, war der BGH nicht einverstanden.
Wörtlich heißt es in dem Karlsruher Beschluss: „Eine Umgehung der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften betreffend den Kündigungsschutz (§§ 1 ff. KSchG), die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§ 3 EntgeltFG) sowie die Pflicht zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen und Lohnsteuer (§ 28e SGB IV, § 41a EStG) führt nicht zur Nichtigkeit des Vertrags. Diese Bestimmungen finden vielmehr unabhängig von einer möglichen Umgehungsabsicht der Vertragspartner beim Abschluss eines privatrechtlichen Vertrags Anwendung, wenn die in ihnen niedergelegten Voraussetzungen erfüllt sind“.
Erneute Prüfung durch das Landgericht Berlin
Sittenwidrig können nach dem Karlsruher Urteil vom 11. Oktober 2018 Lizenzverträge nur in Extremfällen ein, wenn sie dem Lizenznehmer kaum wirtschaftliche Freiheiten lasen und letztlich zu einer „Knebelung“ hier des Franchisenehmers führen.
Nach diesen Maßgaben soll das Landgericht Berlin den Streit nochmals prüfen. Stellt es dabei fest, dass Scheinselbstständigkeit bestand, könnten sich daraus zahlreiche arbeitsrechtliche Forderungen des Lizenznehmers gegen die Lizenzgeberin ergeben. Und auch die Steuerfahndung dürfte sich wohl bei ihr melden.
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage