ARBEITSRECHT
Ausnahmsweise gilt die Verletzenrente erst ab Erwerbsminderung von 30
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Kassel (jur). Helfen Familienangehörige von Landwirten auf dem Hof immer wieder mal aus, gelten bei einem Arbeitsunfall für sie schärfere Bedingungen für den Erhalt einer Verletztenrente als in anderen Branchen. Es verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz, dass erst ab einer Erwerbsminderung für sie eine Verletztenrente von 30 infrage kommt, während in anderen Branchen eine Erwerbsminderung von 20 für eine Rentenzahlung ausreicht, urteilte am Dienstag, 20. März 2018, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 2 U 11/17 R).
Im konkreten Fall hatte der Schwippschwager eines Landwirts aus Hessen immer wieder in dessen Betrieb ausgeholfen. Am 24. Mai 2008 stand er an einer Bandsäge, um Weidezaunpfähle zu bearbeiten. Dabei kam es zu einem Unfall, bei dem der Schwippschwager einen Mittelfinger verlor.
Die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau als landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft erkannte den Unfall als Arbeitsunfall an, wollte jedoch keine Verletztenrente zahlen. Wegen des verlorenen Mittelfingers sei der Mann nur zu 20 Prozent erwerbsgemindert. Familienangehörige, die in einem landwirtschaftlichen Betrieb aushelfen, müssten für eine Verletztenrente jedoch zu 30 Prozent erwerbsgemindert sein.
Verletzung des verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz
Der Mann klagte und argumentierte, dass für die Landwirte selbst und auch in anderen Branchen eine Erwerbsminderung von 20 für den Erhalt einer Verletztenrente ausreicht. Im Bereich der Landwirtschaft sehe das Gesetz nur für Familienangehörige eine Erwerbsminderung von mindestens 30 vor. Dies verletze den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz.
Doch vor dem BSG hatte der Kläger keinen Erfolg. Die gesetzlichen Bestimmungen seien verfassungsgemäß. Zum einen sei das Eigentumsgrundrecht nicht verletzt. Denn für den Kläger würden als mitarbeitender Familienangehöriger keine Unfallversicherungsbeiträge gezahlt. Dennoch stehe er unter Unfallversicherungsschutz.
Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung
Auch der Gleichheitsgrundsatz werde daher nicht verletzt. Denn zwischen den regelmäßig aushelfenden Familienangehörigen in Landwirtschaft „und den übrigen in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung aufgenommenen Versicherten bestehen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt ist“, befand das BSG. Der Gesetzgeber hätte mitarbeitende Familienangehörige in der Landwirtschaft auch ganz aus dem Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung streichen können.
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