STAATSRECHT
Ausschluss der Apotheken vom verkaufsoffenen Sonntag verfassungswidrig
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Mit Urteil vom 16. Januar 2002 hat der Erste Senat des
Bundesverfassungsgerichts festgestellt, dass der Ausschluss der
Apotheken von der Teilnahme an verkaufsoffenen Sonntagen gemäß
§ 14 Abs. 4 des Ladenschlussgesetzes mit dem Grundrecht der
Berufsfreiheit unvereinbar und diese Vorschrift daher nichtig ist.
Dem Urteil liegt die Verfassungsbeschwerde einer Apothekerin zugrunde,
die ihre Apotheke an einem verkaufsoffenen Sonntag geöffnet hatte und
deswegen von den Berufsgerichten zu einer Geldbuße verurteilt worden
war. Der Hintergrund des Verfahrens ist in der Pressemitteilung Nr. 97
vom 15. Oktober 2001 dargestellt, die auf der Homepage des
Bundesverfassungsgerichts nachgelesen werden kann.
Der Senat stellt fest, dass § 14 Abs. 4 Ladenschlussgesetz, der
Apotheken ausdrücklich von der Teilnahme an verkaufsoffenen Sonntagen
ausschließt, unverhältnismäßig stark in die Berufsfreiheit der
Apotheker eingreift.
Berufsausübungsregeln - wie Vorschriften über die Ladenöffnungszeit -
müssen durch Gemeinwohlbelange gerechtfertigt und verhältnismäßig sein.
Es entspricht dem Gemeinwohlinteresse, Ladenschlusszeiten zu regeln.
Insbesondere dienen diese dem Schutz des beschäftigten Personals vor
überlanger Arbeitszeit. Dies gilt für Apotheken und sonstige Geschäfte
gleichermaßen. Apotheken genießen hinsichtlich der Öffnungszeiten
insofern eine Sonderstellung, als sie turnusmäßig Notdienst leisten
müssen. Durch die Vorschriften der Arbeitszeitordnung und
tarifrechtliche Regelungen wird insoweit gegen eine Überanstrengung des
Apothekenpersonals Vorsorge getroffen. Das Verbot der Teilnahme an
verkaufsoffenen Sonntagen, die an höchstens vier Wochenenden im Jahr
stattfinden, ist nicht erforderlich, um die Apothekenangestellten vor
übermäßiger Arbeitsbelastung zu schützen. Aufgrund der Regelungen des
Arbeitsschutzgesetzes dürfen die Geschäfte lediglich fünf Stunden
geöffnet haben und müssen am vorangehenden Sonnabend bereits um 14 Uhr
statt um 16 Uhr schließen. Damit beläuft sich die Mehrbelastung für die
Mitarbeiter auf drei Stunden zusätzlich an höchstens vier Wochenenden
im Jahr. Diese kann durch die erwähnten arbeitsrechtlichen Regelungen
aufgefangen werden. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Ausschluss
der Apotheken von der Teilnahme an verkaufsoffenen Sonntagen aus
sonstigen überwiegenden Gründen des Gemeinwohls gerechtfertigt wäre,
wie der Senat ausführt.
Während andere Geschäftsinhaber selbst entscheiden können, ob die
Kosten und personalabhängigen Organisationsmaßnahmen einer
Sonntagsöffnung diese angesichts des Nutzens derselben rechtfertigen
können, bleibt diese Entscheidung den Apothekern verwehrt.
Bei einer Abwägung zwischen den Interessen der Gemeinschaft an
Arbeitsschutz für die Apothekenangestellten und den Interessen der
Apotheker, an der Sonntagsöffnung teilnehmen zu dürfen, erweisen sich
letztere als überwiegend. Dabei ist zugunsten der Apotheker, die auch
kaufmännisch denken müssen, nicht nur der konkrete Umsatz, der an einem
verkaufsoffenen Sonntag erzielt werden kann, zu berücksichtigen.
Vielmehr fällt ebenso ins Gewicht das Interesse, sich als
kundenfreundlich und serviceorientiert zu zeigen und deshalb die
Apotheke an einem allgemeinen verkaufsoffenen Sonntag nicht geschlossen
halten zu müssen.
Die Verurteilungen der Beschwerdeführerin, die auf der
verfassungswidrigen Norm beruhten, hat das Bundesverfassungsgericht
aufgehoben.
BVerfG, Urteil vom 16. Januar 2002 - Az. 1 BvR 1236/99 -