ARBEITSRECHT
Außerordentliche Kündigung eines Werksrennfahrers wegen vorsätzlich Kollision
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Außerordentliche Kündigung eines Werksrennfahrers wegen vorsätzlich herbeigeführter Kollision mit einem Konkurrenten
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hatte zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen der Fahrervertrag eines Werksrennfahrers außerordentlich gekündigt werdenkann.
Der Kläger war als Werksfahrer im Fahrerteam der Beklagten, die die rennsportlichen Aktivitäten eines großen Autoherstellers wahrnimmt, tätig. Er nahm für die Beklagte u.a. an der Deutschen Tourenwagenmeisterschaft (DTM) teil. Schon vor dem Rennen hatte er über einen Konkurrenten, der demselben Team angehörte, geäußert: "Wenn er nicht aus dem Weg geht, ist er fällig". Im Verlaufe der 6. Runde rammte der Kläger bei einer Geschwindigkeit von über 200 km/h und einer Geschwindigkeitsdifferenz von 11 km/h zum Wagen des Konkurrenten diesen am Heck, so dass dieser ausscheiden musste. Der Kläger gewann das Rennen. Die Beklagte kündigte daraufhin das Vertragsverhältnis fristlos mit der Begründung, der Kläger habe einen groben und schwerwiegenden
Vertrauensbruch begangen, indem er die Kollision vorsätzlich herbeigeführt habe.
Das Oberlandesgericht hat die außerordentliche Kündigung bestätigt.
Zwar hat der Kläger, der sich gegen die Kündigung wandte, behauptet, er habe die Kollision nicht abwenden können, ursächlich sei ein zu frühes Abbremsen seines aus dem Rennen gedrängten Konkurrenten gewesen. Bei dem Unfall habe sich lediglich das übliche Motorsportrisiko verwirklicht. Aus den Gesamtumständen der Kollision, insbesondere aus dem Bremsverhalten der Fahrer unmittelbar vor der Kollision unter Berücksichtigung der Reaktionszeiten und –möglichkeiten sowie der technischen Gegebenheiten der Fahrzeuge, ergab sich zur Überzeugung des Senats jedoch, dass der Kläger den Unfall leichtfertig in Kauf genommen und Leben und Gesundheit eines Sportskameraden gefährdet hatte. Anhand des Verlaufs der Bremsdruckkurven war festzustellen, dass der Kläger sein Fahrzeug deutlich höher hätte abbremsen können. Aus alledem zieht der Senat den Schluss, dass der Kläger den Kollisionsvorgang "unter Kontrolle" gehabt und absichtlich herbeigeführt habe. Dies werde schließlich durch seine Äußerung vor dem Rennen bestätigt.
In der Bereitschaft, Kollisionsrisiken einzugehen, komme eine Leichtfertigkeit zum Ausdruck, die gewichtige Interessen der Beklagten als Rennsportteilnehmerin gefährde. Behalte ein Rennteam einen Fahrer in seinen Reihen, der einen Konkurrenten gezielt durch eine Kollision aus dem Rennen schieße, so entstehe der Eindruck der stillschweigenden Billigung eines rücksichtslosen, unsportlichen, Leib und Leben von Konkurrenten gefährdenden Verhaltens. Damit seien der Ruf der Beklagten und deren
sportlich-wirtschaftliche Interessen erheblich gefährdet, so dass es ihr nicht zumutbar gewesen sei, das Vertragsverhältnis fortzusetzen. Andernfalls hätte sie sehenden Auges riskiert, dass sich das Geschehene wiederholen werde. Die Haltung, die der Kläger offenbart habe, sei mit den Anforderungen des Fahrvertrages nicht zu vereinbaren gewesen. Dabei spiele es keine Rolle, dass die Renndirektion und der Motorsportverband sich nicht für eine Bestrafung des Klägers entschieden hatten.
OLG Frankfurt a.M., Urteil des 24. Zivilsenats vom 12.12.2003 – 24 U 258/01