WETTBEWERBSRECHT
Badekugel „Skin Candy“ darf keine Gefahr für Kinder sein
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Luxemburg (jur). Lebensmitteln zum Verwechseln ähnliche Kosmetik- und Hygieneartikel dürfen gegebenenfalls verboten werden. Voraussetzung ist allerdings, dass Verwechslungen zu erwarten und dann beispielsweise für Kinder gefährlich sind, urteilte am Donnerstag, 2. Juni 2022, der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg (Az.: C‑122/21). Ein Nachweis, dass sich solche Gesundheitsrisiken mit Sicherheit verwirklichen würden, ist danach für ein Verbot aber nicht notwendig.
Im konkreten Streit geht es um Badekugeln mit Namen wie „Coco Beach“ oder „Skin Candy“. Dabei sind nicht nur die Namen verlockend. Farbe, Form, Größe und Geruch sind Süßigkeiten nachempfunden. Die Behörden in Litauen hatten daher den Vertrieb untersagt. Es sei zu erwarten, dass die Produkte in den Mund genommen werden und so insbesondere Kinder und ältere Menschen gefährden.
Hersteller „Get Fresh Cosmetics“ wehrte sich. Die Behörde müsse nachweisen, dass eine Verwechslung auch zu Gesundheitsgefahren führt.
Dem ist der EuGH nun im Grundsatz gefolgt. Die EU-Richtlinie zu solchen lebensmittelähnlichen Produkten enthalte keine Vermutung, dass diese gefährlich sind. Ihr Ziel seien lediglich EU-weit einheitliche Wettbewerbsbedingungen. Ein generelles Verbot sehe die Richtlinie daher nicht vor, sondern nur im Einzelfall und nur unter vier Voraussetzungen.
Erstens müsse das Äußere des Produkts dem eines Lebensmittels entsprechen. Zweitens müsse dies zu einem Verwechslungsrisiko führen. „Drittens muss vorhersehbar sein, dass Verbraucher das Erzeugnis deshalb zum Mund führen, lutschen oder schlucken.“ Viertens schließlich müsse dies zu gesundheitlichen Risiken führen, etwa der Gefahr des Erstickens, der Vergiftung oder der Perforation oder des Verschlusses des Verdauungskanals.
Diese Voraussetzungen müssten Behörden und Gerichte jeweils im Einzelfall prüfen, so der EuGH. Die Gewissheit, dass sich solche Gefahren verwirklichen würden, sei für ein Verbot aber nicht erforderlich. Ein solches Erfordernis würde dem angemessenen Gleichgewicht zwischen wirtschaftlichen Freiheiten und Verbraucherschutz nicht mehr entsprechen.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock