INT. STEUERRECHT ALLGEMEIN
Betriebsstätten in Italien
17.09.2021
Definition und Rechtsgrundlage
Eine Betriebsstätte kann allgemein als unselbstständiger Teil eines Unternehmens bezeichnet werden, der sich durch das Bestehen einer festen Geschäftseinrichtung (z.B. Büro, Produktionsstätte), aus der dauerhaft eine unternehmerische Tätigkeit ausgeübt wird, definieren lässt. Der Begriff findet sich sowohl im OECD-Musterabkommen, dem italienischen Einheitstext der Einkommenssteuern, als auch in den Doppelbesteuerungsabkommen wieder und regelt im Wesentlichen den ertragssteuerlichen Zugriff auf das erwirtschaftete Einkommen. Beim Bestehen einer Betriebsstätte in Italien, gehen somit auch verschiedene buchhalterische und steuerliche Verpflichtungen einher.
Voraussetzungen
Eine Betriebsstätte besteht immer dann, wenn einer der folgenden Tatbestände zutrifft:
Feste Geschäftseinrichtung ->Verkaufstätigkeit/Erbringung von Dienstleistungen aus einer Geschäftseinrichtung heraus (Büro, Produktionsstätte, Geschäft, Werkstatt, Baustelle) -> BetriebsstätteJA
Feste Geschäftseinrichtung -> Lager, Ausstellungsfläche, Dienstwagen der Arbeitnehmer -> Betriebsstätte NEIN
Mitarbeiter mit Vertragsvollmacht -> Verkaufstätigkeit inkl. Vertragsabschluss mit Kunden -> Betriebsstätte JA
Mitarbeiter ohne Vertragsvollmacht -> Unterstützung und Vorbereitung zum Vertrieb: -stellt Produkte vor, Beitrag zum Vertragsabschluss; - spielt Schlüsselrolle, Handeln führt zum Abschluss von Verträgen (auch unter Standard-Bedingungen) -> Betriebsstätte JA
Programmierer, Montage- oder Service-Mitarbeiter -> Reine Dienstleistungen ohne Verkaufstätigkeit, z. B. Instandhaltung, Wartung, Übersetzungen, Programmierung, Datenpflege, Verwaltungsarbeiten -> Betriebsstätte NEIN
Selbstständige Handelsvertreter -> Geschäftsanbahnung und Vertragsabschluss als selbstständiges Unternehmen mit Provisionsabrechnung -> Betriebsstätte NEIN
Baustelle -> Bei einer Dauer von mehr als 3 Monaten -> Betriebsstätte NEIN
Eine feste Geschäftseinrichtung aus der heraus die unternehmerische Tätigkeit erfolgt, begründet somit ebenso eine Betriebsstätte, wie ein oder mehrere Mitarbeiter, die für die Geschäftsanbahnungbzw. den Vertrieb zuständig sind (auch ohne feste Geschäftseinrichtung und auch ohne Vertragsvollmacht). Ausnahmen bilden im Normalfall Einrichtungen, die zur Unterstützung der Hauptgeschäftstätigkeit dienen, sowie selbstständige Handelsvertreter und Arbeitnehmer, welche lediglich Dienstleistungen ohne Verkaufstätigkeit erbringen.
Verpflichtungen
Wird einer der genannten Tatbestände erfüllt, muss man davon ausgehen, dass in Italien eine Betriebsstätte vorliegt. In Folge dessen sind in Italien erwirtschaftete Gewinne, auch dort zu besteuern. Um die steuerliche Erfassung der in Italien relevanten Geschäftsvorfälle zu gewährleisten, ist die doppelte Buchhaltung verpflichtend. Ebenso sind ein Jahresabschluss und eine Einkommenssteuererklärung zu erstellen. Die Regeln der Besteuerung sowie alle wesentlichen Buchführungsbestimmungen sind identisch mit jenen der Kapitalgesellschaften.
Tochtergesellschaft vs. Betriebsstätte
Besteht eine Betriebsstätte, so kann diese als solche fiskalisch angemeldet werden oder aber in Form einer eigenständigen Gesellschaft geführt werden. In 90 % der Fälle wird die Abwicklung über eine Gesellschaft (Tochtergesellschaft) aus folgenden Gründen bevorzugt:
- Klarere Abgrenzung zwischen Mutter und Tochter
- Verbesserter Marktauftritt
- Rechtssicherheit gegenüber dem Fiskus
Grundsätzlich gilt, dass in beiden Fällen die Abrechnung nach dem Fremdvergleichsgrundsatzerfolgen muss. Dadurch will der Fiskus einer Gewinnverschiebung zwischen den Staaten entgegenwirken. Nachdem sowohl die buchhalterischen Verpflichtungen bei fiskalischen Betriebsstätten und Gesellschaften dieselben sind und auch die unternehmensinterne Abrechnung in beiden Fällen genauestens dokumentiert werden muss (Verrechnungspreisdokumentation), überwiegen die Vorteile der eigenständigen Gesellschaft. Einziger wesentlicher Unterschied bzw. Nachteil bei der Gründung einer eigenständigen Gesellschaft sind die höheren einmaligen Gründungsaufwendungen. Siehe dazu auch unser Gutachten bzgl. „Tochtergesellschaften in Italien“.
Fazit
Der Betriebsstätten-Begriff wurde in den letzten Jahren sowohl international als auch national laufend verschärft und auch vom Fiskus vermehrt kontrolliert. Liegt eine Betriebsstätte vor, ist es ratsam, von sich aus zu handeln und den Verpflichtungen nachzukommen. Bei Unterlassung besteht das Risiko einer rückwirkenden Besteuerung der in Italien erwirtschafteten Umsätze, unter Aberkennung der entsprechenden Aufwendungen. Formell empfiehlt es sich in den meisten Fällen, die wirtschaftliche Tätigkeit in Form einer GmbH auszuüben.
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