BANKRECHT / KAPITALMARKTRECHT
BGH macht weg für Diesel-Klagen bei finanzierten Mercedes-Pkw frei
Experten-Branchenbuch.de,
zuletzt bearbeitet am:
Klagen wegen Diesel-Skandal. © Studio V-Zwölf - stock.adobe.com
Karlsruhe (jur). Der Bundesgerichtshof (BGH) hat den Weg für Diesel-Klagen gegen Mercedes auch für von der Mercedes-Benz Bank finanzierte Autos frei gemacht. Eine Klausel in den Geschäftsbedingungen, wonach alle Forderungen gegen die Mercedes-Benz Group auf die Bank übergehen, ist unwirksam, urteilte der BGH am Montag, 24. April 2023, in Karlsruhe (Az.: VIa ZR 1517/22).
Der Kläger hatte im März 2019 einen neuen Mercedes GLC 250 zum Preis von 55.335,89 Euro gekauft. Er leistete eine Anzahlung von 9.140 Euro und finanzierte den Rest über die Mercedes-Benz Bank. Nach deren Darlehensbedingungen treten die Darlehensnehmer abgesehen von Garantieleistungen alle Ansprüche aus einem Kaufvertrag mit der Mercedes-Benz Group an die Mercedes-Benz Bank ab. Diese wiederum ist hundertprozentige Tochter der Mercedes-Benz Group.
Das Auto ist mit dem Mercedes-Motor OM 651 ausgerüstet. Um den Schadstoffausstoß zu verringern, werden dort die Abgase teils zur erneuten Verbrennung durch den Motor geführt. Allerdings sorgt ein sogenanntes Thermofenster dafür, dass diese Abgasreinigung bei hohen und niedrigeren Außentemperaturen zurückgefahren und schließlich ganz eingestellt wird, um den Motor zu schonen.
Der Kläger ist der Ansicht, dass ein solches Thermofenster eine unzulässige Abschalteinrichtung ist. Er verlangte Schadenersatz.
Das Landgericht und das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hatten die Klage unter Hinweis auf die Abtretungsklausel in den Geschäftsbedingungen der Mercedes-Benz Bank abgewiesen.
Wie nun der BGH entschied, ist diese Klausel jedoch unwirksam, weil sie von zwingenden gesetzlichen Vorgaben abweicht. Daher hoben die Karlsruher Richter die Urteile der Vorinstanzen auf und verwiesen den Streit zur erneuten und nun inhaltlichen Prüfung an das OLG zurück.
Die Klausel sei so zu verstehen, dass sie auch Ansprüche nach einem Widerruf des Kaufvertrags umfasst. Eine solche Geschäftsklausel sei aber unzulässig, urteilte der BGH. Denn nach den gesetzlichen Vorgaben seien die Verkäufer bei einem zulässigen Widerruf zumindest verpflichtet, eine aus eigenen Mitteln gezahlte Anzahlung des Kunden – je nach Höhe des Schadenersatzes ganz oder teilweise – zu erstatten. Die Klausel sei damit zu weit gefasst und daher „insgesamt unwirksam“.
Zum Thermofenster selbst hatte der BGH am 16. September 2021 entschieden, dass Mercedeskunden deswegen keinen Schadenersatz verlangen können (Az.: VII ZR 190/20 und weitere, JurAgentur-Meldung vom Urteilstag). 2022 hatte allerdings der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg mehrfach entschieden, dass ein Thermofenster jedenfalls dann eine unzulässige Abschalteinrichtung ist, wenn es die Abgasreinigung bei Diesel-Pkw während des überwiegenden Teils des Jahres verringert (Urteil vom 14. Juli 2022, Az.: C-134/20 und weitere; bekräftigt durch Urteil vom 8. November 2022, Az.: C-873/19; JurAgentur-Meldung jeweils vom Entscheidungstag).
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage
Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock