VERWALTUNGSRECHT
Bundeskanzleramt muss Kommunikation mit Medien zu Cum-Ex offenlegen
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Berlin (jur). Das Bundeskanzleramt muss der Presse Auskunft über die Kommunikation von Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD) mit anderen Medien zur „Cum-Ex-Steuergeldaffäre“ geben. Soweit der antragstellende Journalist keine Auskunft über die Namen seiner betroffenen Kollegen oder über deren konkrete individuelle Recherchetätigkeit begehrt, ist der Auskunftsanspruch begründet, entschied das Verwaltungsgericht Berlin in einem am Freitag, 31. März 2023, bekanntgegebenen Beschluss (Az.: VG 27 L 379/22).
Hintergrund des Rechtsstreits ist die sogenannte Cum-Ex-Steuergeldaffäre, bei der Banken und Kapitalanleger den Fiskus bei illegalem „Dividendenstripping“, den „Cum-Ex“-Geschäften, um zig Milliarden Euro geprellt haben. Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft sollte dabei untersuchen, ob Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) als früherer Erster Bürgermeister von Hamburg die Hamburger Privatbank Warburg vor Steuerrückforderungen geschützt hat. Der Ausschuss hatte hierzu im September 2022 auch Kanzleramtschef Schmidt als Zeugen befragt.
Im aktuellen Rechtsstreit wollte der antragstellende Journalist vom Bundeskanzleramt wissen, ob der Kanzleramtschef nach seiner Vernehmung einem Journalisten Informationen zu der Cum-Ex-Steuergeldaffäre erteilt hat und ob er eine Mitteilung an den Chefredakteur des „Stern“ und weitere Chefredaktionen versandt habe, in der auf Recherchen eines anderen Journalisten Bezug genommen wurde. Auch wollte der Journalist wissen, ob Schmidt bestimmten Medienvertretern Informationen zur Verwicklung des Bundeskanzlers in die Steuergeldaffäre erteilt habe.
Das Bundeskanzleramt lehnt die Auskunft ab. Gespräche des Kanzleramtschefs mit Journalisten über die „Cum-Ex-Affäre“ lägen außerhalb der dienstlichen Tätigkeit und seien vertraulich.
Doch das Verwaltungsgericht entschied in seinem Beschluss vom 24. März 2023, dass das Bundeskanzleramt die Auskunft geben muss. Der Austausch mit Medienvertretern sei Teil der Presse-, Öffentlichkeits- und Informationsarbeit. Dazu gehörten auch individuelle Kommunikationsformen „im kleinen Kreis“, wie etwa Hintergrundgespräche. Der vertrauliche Charakter schließe einen Auskunftsanspruch über die Kommunikation mit den Medien nicht aus.
Zwar sei die Recherche- und Redaktionstätigkeit der betroffenen Journalisten grundrechtlich geschützt. In der Abwägung überwiege hier aber das gleichermaßen geschützte Interesse des auskunftsbegehrenden Journalisten. Dieser verlange auch keine Auskunft über die konkreten Namen der Kollegen oder über deren konkrete Recherchetätigkeit, so das Verwaltungsgericht.
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage
Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock