ARBEITSRECHT
Bundesverfassungsgericht klärt Selbstbestimmungsrecht kirchlicher Arbeitgeber
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Karlsruhe (jur). Die Kirchen und ihre Einrichtungen dürfen selbst bestimmen, inwieweit Verstöße gegen kirchliche Glaubensgrundsätze zu einer Kündigung führen. Das hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am Donnerstag, 20. November 2014, veröffentlichten Beschluss bekräftigt (Az.: 2 BvR 661/12). Danach müssen sich kirchliche Arbeitgeber aber „plausibel“ verhalten, Arbeitnehmer können sich gegebenenfalls auf Vertrauensschutz berufen.
Damit bestätigte das Bundesverfassungsgericht wichtige Grundgedanken der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in Erfurt. Danach ist insbesondere das kirchliche Selbstbestimmungsrecht nicht absolut, vielmehr sind bei einer Kündigung immer die Interessen beider Seiten abzuwägen. Zudem können sich kirchliche Betriebe nicht auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht berufen, wenn wirtschaftliche Interessen gegenüber dem kirchlichen Sendungsauftrag überwiegen.
Konkret hob das Bundesverfassungsgericht aber ein Urteil auf, mit dem das BAG die Kündigung eines Chefarztes in einem katholischen Krankenhaus für ungültig erklärt hatte (Urteil und JurAgentur-Meldung vom 8. September 2011, Az.: 2 AZR 543/10). Dieses Urteil trage dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht nicht in dem verfassungsrechtlich gebotenen Umfang Rechnung, befanden die Karlsruher Richter.
Der Chefarzt hatte sich im Arbeitsvertrag verpflichtet, die Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre zu beachten. Dabei wurde auch darauf hingewiesen, dass bei einem schwerwiegenden Loyalitätsverstoß eine Kündigung möglich ist.
Er war katholisch verheiratet, trennte sich aber Ende 2005 von seiner Frau. 2006 zog er mit seiner neuen Lebensgefährtin zusammen. Als er diese 2008 standesamtlich heiratete, wurde er entlassen. Die Wiederheirat sei ein „gravierender“ Verstoß gegen die katholischen Glaubens- und Sittenlehre. Denn die zweite Ehe sei nach den katholischen Glaubensgrundsätzen ungültig.
Das BAG hatte entschieden, dass eine Wiederheirat katholische Arbeitgeber grundsätzlich zur Kündigung berechtigt. Die Kündigung des Chefarztes sei aber dennoch unwirksam. Denn das katholische Krankenhaus habe bei der Einhaltung der katholischen Glaubens- und Sittenlehre inkonsequent gehandelt. So dort auch andere wiederverheiratete Chefärzte beschäftigt, denen nicht gekündigt wurde. Auch habe der katholische Arbeitgeber es toleriert, dass der Kläger zwischen 2006 und 2008 mit seiner Lebensgefährtin unverheiratet zusammengelebt hatte.
Dieses Urteil hob das Bundesverfassungsgericht nun zwar auf. Dabei unterscheidet sich die Begründung der Karlsruher Richter aber nur in Details von der des BAG. Dies soll nun nochmals neu über den Streit entscheiden.
„Welche kirchlichen Grundverpflichtungen als Gegenstand des Arbeitsverhältnisses bedeutsam sein können, richtet sich alleine nach den von der verfassten Kirche anerkannten Maßstäben“, heißt es in dem Karlsruher Beschluss. Die staatlichen Gerichte seien aber „berechtigt, die Darlegungen des kirchlichen Arbeitgebers auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen“.
Bei einer Kündigung seien die Interessen beider Seiten abzuwägen. „Absolute Kündigungsgründe“ seien mit dem staatlichen Arbeitsrecht unvereinbar. „Dem Selbstverständnis der Kirche ist dabei ein besonderes Gewicht beizumessen, ohne dass die Interessen der Kirche die Belange des Arbeitnehmers dabei prinzipiell überwiegen“, betonten die Karlsruher Richter.
Nach Überzeugung des Bundesverfassungsgerichts hatte im konkreten Fall das BAG aber dennoch das kirchliche Selbstbestimmungsrecht verkannt. So habe die katholische Kirche das Recht, ihre eigenen Mitglieder schärfer zu sanktionieren als Nichtmitglieder. Das BAG habe dem Krankenhaus daher nicht vorhalten dürfen, dass es wiederverheiratete Nichtkatholiken beschäftigt.
Wegen der besonderen Bedeutung der Ehe als Sakrament dürfe die katholische Kirche auch die Wiederheirat schärfer sanktionieren als eine nichteheliche Partnerschaft. Dennoch könne sich im konkreten Fall aber der Arzt möglicher Weise auf Vertrauensschutz berufen. Denn im Gegensatz zur katholischen Grundordnung greife sein Arbeitsvertrag den Wertungsunterschied zwischen Wiederheirat und nichtehelicher Partnerschaft nicht auf.
Nach diesen Maßgaben des Karlsruher Beschlusses vom 22. Oktober 2014 soll das BAG die Kündigung nun nochmals neu überprüfen.
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