VERFASSUNGSRECHT
Bundesverfassungsgericht stärkt Fragerecht der Abgeordneten
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Karlsruhe (jur). Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat das Fragerecht der Bundestagsabgeordneten gestärkt. Nach einem am Mittwoch, 14. Dezember 2022, verkündeten Urteil muss die Bundesregierung die Frage nach der ins Ausland entsandten Verfassungsschutzbeamten beantworten (Az.: 2 BvE 8/21). Rechtfertigungsgründe für die Verweigerung der begehrten Auskunft liegen danach nicht vor. Grundrechte Dritter seien nicht betroffen und eine Gefährdung des Staatswohls nicht ersichtlich.
Hier wollte ein Bundestagsabgeordneter der FDP von der Bundesregierung wissen, wie viele Beamte der Bundesverfassungsschutz in den letzten fünf Jahren jeweils ins Ausland gesandt hatte. Die Anfrage war aus dem Jahr 2020, es geht also um Auskunft für die Jahre 2015 bis 2019.
Das Bundesinnenministerium verweigerte die Auskunft. Mit Blick auf das Staatswohl könne diese auch als geheimhaltungsbedürftige Verschlusssache nicht erfolgen. Die Auskunft über die Anzahl des eingesetzten Personals könnte Rückschlüsse auf die Arbeitsweise und die „operativen Fähigkeiten“ des Verfassungsschutzes geben.
Hierzu betonte nun das Bundesverfassungsgericht, dass die Bundesregierung im Bereich ihrer Zuständigkeiten grundsätzlich zur Auskunft verpflichtet ist. Anderes gelte nur, wenn die Auskunft Grundrechte Dritter oder das Staatswohl gefährden würde. Dies müsse die Bundesregierung nachvollziehbar begründen.
An einer solchen Begründung fehle es hier. Eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Bundesverfassungsschutzes habe die Bundesregierung nicht dargelegt. Gefragt habe der Abgeordnete nur nach der Gesamtzahl, nicht nach Einsatzorten oder -regionen.
Dem habe die Bundesregierung nur pauschal entgegengehalten, dass ausländische Geheimdienste solche Informationen wie ein Mosaik zu einem aussagekräftigen Gesamtbild zusammenfügen könnten, um Abwehrstrategien zu entwickeln. Dies entbinde die Bundesregierung „aber nicht von der konkreten Darlegung, dass es sich bei der jeweiligen Tatsache gerade um einen solchen ‚Mosaikstein‘ handeln könnte“, betonten die Karlsruher Richter.
Ohne eine solche „spezifischere Darlegung“ könnte die Bundesregierung mit dieser „Mosaikstein-Argumentation“ jede Auskunft verweigern. Dies hätte „in nahezu völliges Leerlaufen des parlamentarischen Fragerechts der Abgeordneten“ hinsichtlich der Nachrichtendienste zur Folge. Dies sei mit dem Auskunftsanspruch der Abgeordneten nicht mehr vereinbar.
Den Hinweis der Bundesregierung auf das sogenannte Parlamentarische Kontrollgremium, das für den Bundestag die Nachrichtendienste hinter verschlossenen Türen kontrolliert, ließ das Bundesverfassungsgericht nicht gelten. Dies könne das parlamentarische Informationsrecht nicht verdrängen. Insgesamt sei die Auslandstätigkeit des Bundesverfassungsschutzes ohnehin „eine offenkundige Tatsache“.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock