STAATS- UND ORGANISATIONSRECHT
Bundesverfassungsgericht: Weitergabe geheimer Gerichtsakten nur auf gesetzlicher Grundlage
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Karlsruhe (jur). Gerichte dürfen Akten nur dann an nicht an dem Verfahren beteiligte Behörden weitergeben, wenn dies ausdrücklich gesetzlich geregelt ist. Gegen jede solche Weitergabe steht zudem der Rechtsweg offen, wie das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am Mittwoch, 14. Januar 2015, veröffentlichten Beschluss entschied (Az.: 1 BvR 3106/09).
Es gab damit der Beschwerde eines Beamten statt, der für die Bearbeitung von Asylanträgen zuständig war. Über eine Kontaktanzeige lernte er eine Asylbewerberin kennen. Es kam zu mehreren Treffen, bei denen eine gemeinsame Tochter gezeugt wurde. Weil der Beamte seine Vaterschaft nicht anerkannt hatte, ließ die Mutter diese in einem familiengerichtlichen Verfahren feststellen.
Solche Verfahren sind nicht öffentlich. Dennoch bekamen Zeitungen von der Sache Wind und berichteten. Dies las auch die Leitung der Dienststelle des Beamten. Um disziplinarrechtliche Schritte einleiten zu können, bat sie das Amtsgericht um Informationen.
Das Amtsgericht sandte der Dienststelle das abschließende Urteil des Oberlandesgerichts zu, in dem nur der Name der Mutter geschwärzt war. Dagegen klagte der Beamte vor dem Oberlandesgericht; dies wies die Klage aber als unzulässig ab.
Gegen diesen Beschluss reichte der Beamte Verfassungsbeschwerde ein – mit Erfolg. Das Grundgesetz verlange einen „effektiven und möglichst lückenlosen gerichtlichen Schutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt“. Davon seien „Akte der Rechtsprechung“ zwar ausgenommen. Die Weitergabe von Akten an Unbeteiligte sei davon aber nicht umfasst, denn sie diene nicht der Rechtsprechung in dem jeweiligen Verfahren.
Generell seien die Gesetze so auszulegen, dass ein möglichst umfassender Rechtsschutz besteht, betonten die Karlsruher Richter. Hier seien die rechtlichen Vorgaben ohne Weiteres und sogar naheliegend so zu verstehen, dass der Gesetzgeber den Rechtsweg zum Oberlandesgericht eröffnen wollte.
Immerhin, so das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 2. Dezember 2014, greife die Weitergabe nichtöffentlicher Akten in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein. Dies sei nur auf der Grundlage konkreter Gesetze zulässig. Das Oberlandesgericht soll daher nun prüfen, ob es für den konkreten Fall eine solche gesetzliche Grundlage gab.
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