STRAFRECHT
Darf Verbrechensopfer bei YouTube gezeigt werden?
Experten-Branchenbuch.de,
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Im Rahmen der Filmberichterstattung z.B. bei YouTube darf unter Umständen das Opfer der Straftat auch gegen seinen Willen unverpixelt gezeigt werden. Dies hat das Landgericht Essen entschieden.
Der Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma war im Rahmen einer Observierung überfallen worden. Nachdem er Polizei und Feuerwehr informiert hatte, fand sich dort auch die Sensationspresse ein. Ein Filmteam fertigte gegen seinen Willen Videoaufnahmen an, auf denen er unverpixelt von der Seite und im Profil zu sehen ist. Im Anschluss daran wurden diese Bilder von seiner Person bei YouTube eingestellt. Ausschnitte davon wurden in Zeitungen im Fernsehen ausgestrahlt. Gegen die Veröffentlichung dieser Videoaufnahmen ging der Betroffene im Wege der Unterlassungsklage vor. Er beruft sich darauf, dass er durch die Veröffentlichung der Videos gegen seinen Willen in seinem Recht am eigenen Bild verletzt worden ist.
Das Landgericht Essen sah dies jedoch anders und wies seine Klage mit Urteil vom 05.06.2014 – 4 O 107/14 ab. Nach Auffassung der Richter habe das Verbrechensopfer nicht in die Veröffentlichung der YouTube Videos einwilligen brauchen, weil er infolge des Überfalls als einer nicht alltäglichen Straftat zu einer relativen Person der Zeitgeschichte geworden sei. Aufgrund dessen sei die Erteilung einer Einwilligung nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG entbehrlich. Die Pressefreiheit sei hier höher als das allgemeine Persönlichkeitsrecht zu gewichten.
Das bedeutet jedoch nicht, dass die Presse Opfer von Verbrechen als Freiwild ansehen und diese ohne Weiteres unverpixelt gegen ihren Willen - im Rahmen der sogenannten identifizierenden Berichterstattung - zeigen dürfen. Durch die Veröffentlichung von Aufnahmen - etwa über YouTube - dürfen nämlich die berechtigten Interessen von Verbrechensopfern nicht verletzt werden. Dies ergibt sich aus § 23 Abs. 2 KUG. Sie dürfen daher nicht in einem erkennbaren emotionalen Ausnahmezustand gezeigt werden. Hiernach dürften etwa keine Videos von traumatisieren Opfern gemacht werden. Auch unverpixelte Bilder vom Ablauf der Tat sind gewöhnlich tabu, um das Opfer eines Verbrechens nicht zu stigmatisieren. Journalisten sollten hier zurückhaltend verfahren und die Veröffentlichung von der Zustimmung des Opfers abhängig machen, weil Verbrechensopfer sich aufgrund ihrer Situation sich häufig in einer Ausnahmesituation befinden und in ihrer Privatsphäre besonders schützenswert sind.