DATENSCHUTZRECHT
Datenschutzgrundverordnung erschwert Änderung im Melderegister
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Leipzig (jur). Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) erschwert es türkischstämmigen Menschen in Deutschland, ihr Geburtsdatum ändern zu lassen. Danach muss nicht nur das im Melderegister angegebene Datum falsch, sondern zudem auch das neue Datum mit hoher Wahrscheinlichkeit richtig sein, wie das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in einem am Freitag, 10. Juni 2022, veröffentlichten Urteil entschied (Az.: 6 C 7.20). Es wies damit einen Türken ab, der sein Geburtsjahr 1958 in 1953 ändern lassen wollte.
Bis in die 80er Jahre waren im ländlichen Anatolien oft tagelange Fußmärsche nötig, um die Geburt eines Kindes zu melden. Dies wurde häufig jahrelang verschoben und dann – um türkische Strafen zu vermeiden – ein späteres Datum genannt. Auch die Wehrpflicht war für Bauern oft ein Grund, Söhne jünger zu machen und so den Verlust einer Arbeitskraft zu verschieben.
In Deutschland ist das Geburtsdatum oft sehr wichtig, insbesondere für den Beginn der Rente. Bereits 2000 urteilte aber der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg, dass die Deutsche Rentenversicherung eine Korrektur des Geburtsdatums nicht übernehmen muss (Urteil vom 14. März 2000, Az.: C-102/98 und C-211/98).
Der Kläger war 1971 nach Deutschland eingereist und lebt heute im Raum Karlsruhe. Nach seinen damaligen Angaben ist der 1. Januar 1958 im Melderegister als Geburtsdatum eingetragen. Inzwischen verlegte das Landgericht im türkischen Kayseri das Datum um fünf Jahre auf den 1. Januar 1953 vor. Auch der türkische Reisepass des Klägers weist inzwischen dieses Geburtsdatum aus.
Das Meldeamt am Wohnort weigerte sich aber, dieses Datum auch in das Melderegister einzutragen. Anders als noch das Verwaltungsgericht Karlsruhe hatte bereits der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg in Mannheim dies bestätigt (Urteil vom 10. März 2020, Az.: 1 S 397/19; JurAgentur-Meldung vom 7. April 2020).
Dem schloss sich nun auch das Bundesverwaltungsgericht an. Mit seinem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil vom 2. März 2022 wies es die Klage des Mannes nun in oberster Instanz ab.
Wie schon der VGH Mannheim verwies auch das Bundesverwaltungsgericht zur Begründung auf die DSGVO. Voraussetzung für einen Berichtigungsanspruch sei es danach, „dass er sich auf die Ersetzung eines unrichtigen Datums durch ein richtiges Datum richtet“. „Richtig“ sei dabei ein Datum, „das mit der Wirklichkeit übereinstimmt“, heißt es in dem Leipziger Urteil. Dies sei nicht zwingend ein Datum, das in Ausweispapieren eingetragen ist.
Hier gebe es zwar Hinweise darauf, dass das Geburtsjahr 1958 falsch ist. Es sei aber nicht feststellbar, dass 1953 das richtige Geburtsjahr ist. An die Angabe im türkischen Reisepass und das Urteil des Landgerichts Kayseri seien die Meldebehörden und Gerichte in Deutschland nicht gebunden.
Die Meldebehörde sei für die Richtigkeit der von ihr verarbeiteten Daten verantwortlich, betonte das Bundesverwaltungsgericht. Auch wenn das bisher gespeicherte Datum möglicherweise falsch ist, könne von der Behörde daher nicht verlangt werden, dies durch ein anderes Datum zu ersetzen, dessen Richtigkeit ebenfalls nicht erwiesen ist.
Auch den Hilfsantrag, als Geburtsjahr „0000“ einzutragen, wies das Bundesverwaltungsgericht ab. Dies sei keine Berichtigung, sondern laufe auf eine Löschung des bisherigen Eintrags hinaus. „0000“ sei lediglich ein von den Meldebehörden verwendeter Platzhalter. Eine Löschung habe der Mann bislang bei der Meldebehörde aber nicht beantragt.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock