INTERNETRECHT
Der Trend - Bewertungsportal
Autor: Fachanwältin für Gewerblichen Rechtsschutz Katrin Freihof - Rechtsanwältin
Die Zahl von Portalen, auf denen zu verschiedensten Produkten oder Dienstleistern Stellung genommen werden kann, steigt immer mehr an. Nutzt man zum Beispiel Internetsuchmaschinen um Adressen von Ärzten, Handwerkern oder auch Copyshops in der Nähe zu finden, so werden einem bereits im oberen Bereich der Suchergebnisse Bewertungsportale angeboten. Neben persönlichen Schilderungen des Arztbesuches, wie beispielsweise „ Doktor Soundso gab mir zunächst die Zeit, meine Symptome ausführlich zu schildern…“, sind häufig knappe Aussagen, wie „schlechter Service“ oder „mangelhaft“, zu lesen.
Da fragt man sich: Muss man sich überhaupt bewerten lassen und wenn ja, kann man wenigstens gegen ausfallende Kritiker vorgehen?
Wo liegen die Grenzen der Meinungsfreiheit?
Nach Art. 5 des Grundgesetzes darf jeder grundsätzlich seine Meinung äußern. Dies gilt auch für Äußerungen im Internet. Doch wo sind dem Kritiker Grenzen gesetzt?
Von der Meinungsfreiheit nicht erfasst, sind unzutreffende Tatsachen. Im Gegensatz zu einer Meinungsäußerung enthält eine Tatsachenbehauptung keine Stellungnahme, sondern lässt sich überprüfen. Eine falsche Tatsachenbehauptung liegt beispielsweise vor, wenn sich ein Käufer beschwert, dass er ein anderes Produkt als bestellt erhalten habe, obwohl dies nachweislich nicht der Fall ist. Auch Unterstellungen sind zu unterlassen. Enthält die Bewertung unwahre Tatsachenbehauptungen in Form von Unterstellungen, so überstrapaziert dies den Schutz der Meinungsfreiheit. Wann genau in eine Äußerung eine Unterstellung hineinzudeuten ist, bleibt jedoch eine Einzelfallentscheidung des Gerichts.
Außerdem muss sich der Bewertende mit kritischen Äußerungen zurückhalten, welche die Schwelle zur Schmähkritik übersteigen. Schmähkritik ist Kritik, die gezielt unter die Gürtellinie gehen und den anderen im Grunde nur schikanieren und bloßstellen soll.
Solange ein Nutzer jedoch bei der Wahrheit bleibt, darf ungeschönt Klartext gesprochen werden (Amtsgericht Bonn, Urteil vom 09.01.2013, Az. 113 C 28/12).
Wirft man einen Blick auf die Rechtsprechung, so zeigt sich klar eine Tendenz pro Meinungsfreiheit. Das Kammergericht Köln ordnete die Äußerungen „Miserabler Service von X Computersysteme, Kundenfreundlich ist anders!“ und „Schlechter Service von X“ als Meinungsäußerungen ein. Hierin liege eine subjektive Wertung in Form eines pauschalen Vorwurfs. Aus den Äußerungen ließe sich nicht entnehmen wie der Kunde zu seiner Wertung komme, so dass eine Tatsachengrundlage nicht entnommen werden könne. (KG Köln, Urt. vom 8.5.2013, Az. 28 O 452/12)
Soweit der Nutzer sachlich seine Meinung abgibt und sich dabei auf die Wahrheit stützt, sind der Bewertung keine Grenzen gesetzt.
Kann ich gegen den Nutzer (Bewertenden) vorgehen? Wenn ja, wie?
Vorausgesetzt man kennt die Identität des Nutzers kann man im Falle einer Rechtsverletzung vom Nutzer Beseitigung und Unterlassung verlangen. Dreh- und Angelpunkt ist wie auch bei Ansprüchen gegen den Portalbetreiber die Abwägung zwischen dem Löschungsinteresse und der Meinungsfreiheit. Erst wenn der Nutzer falsche Tatsachen behauptet oder Schmähkritik äußert, steht dem Bewerteten die volle Palette an Ansprüchen zur Verfügung. Sofern im Rahmen der Interessenabwägung eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, des Unternehmenspersönlichkeitsrechts bzw. des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs festgestellt worden ist (falsche Tatsachenbehauptung, Schmähkritik), besteht beispielsweise ein Unterlassungsanspruch analog §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB.
Über § 823 Abs. 1 BGB können zudem regelmäßig Gewinneinbußen in Form von Schadensersatzforderungen ausgeglichen werden.
Fake-Likes und gefälschte Bewertungen
Der Trend „Internetbewertungen“ findet nicht nur bei vielen Nutzern Anklang. Auch Dienstleister springen auf den fahrenden Zug auf und nutzen die Bewertungsportale und sozialen Netzwerke für ihre Zwecke. Als Folge verbirgt sich nicht mehr hinter jedem „Like“ und jeder positiven Bewertung ein Nutzer im eigentlichen Sinne. Dies dürfte das aufgebaute Vertrauen in die Portale bald erschüttern. Bis dahin stellt sich jedoch die Frage, wie „Fake-Likes“ und gefälschte Bewertungen rechtlich zu beurteilen sind.
Zum einen könnte man gefälschte positive Bewertungen als verschleierte Eigenwerbung verbuchen. Es wird der Eindruck erweckt, dass Nutzer ihre Erfahrungen äußern. Auf diese persönlichen Einschätzungen kommt es den anderen Nutzern gerade an. Sie vertrauen auf den Wahrheitsgehalt. Deshalb stellt eine gefälschte Bewertung, sofern die Grenzen des § 4 Nr. 3 UWG erreicht sind, einen wettbewerbsrechtlichen Verstoß dar.
Zum anderen kommt ein Verstoß gegen § 6 Abs. 1 Nr.1 TMG in Betracht. Kommerzielle Kommunikation muss klar als solche erkennbar sein. Bezahlte Nutzereinträge sind das nicht. Sie sind wie gefälschte Leserbriefe einzuordnen.
Bis lang fehlt es jedoch an einer diesbezüglichen Rechtsprechung, so dass unklar bleibt, wann die feinen Grenzen überschritten werden und ob ein „Like“ bei facebook tatsächlich einer positiven Bewertung gleichzusetzen ist. Man wird wohl nicht außer Acht lassen dürfen, dass ein „Like“ schnell gesetzt ist, um über die Produkte auf dem Laufenden gehalten zu werden.
Bei der Schnelllebigkeit des Internets bleibt es auch nicht auszuschließen, dass eine Selbstregulierung noch vor der ersten Gerichtsentscheidung erfolgt. Denn ist das Vertrauen der Nutzer in die Authentizität der Bewertungen erschüttert, so wird eine Gerichtsentscheidung daran schwerlich etwas ändern.
Fazit
Bewertungsportale sind auf dem Vormarsch und werden auch zukünftig für Streitereien sorgen. Doch solange das Grundrecht der Meinungsfreiheit schützend über allem schwebt, müssen Unternehmer weiterhin mit der Verbreitung eines jeden Fehltritts rechnen und für die Löschung einer falschen Bewertung kämpfen.