WETTBEWERBSRECHT
Die Nutzung veralteter Widerrufsbelehrungen ist abmahnfähig
Autor: Fachanwältin für Gewerblichen Rechtsschutz Katrin Freihof - Rechtsanwältin
Entscheidung des OLG Hamm, Urteil vom 13.10.2011, Az.: I-4 U 99/11
Die Verwendung einer Widerrufsbelehrung, die auf nicht mehr existente Vorschriften der Verordnung über die Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht (BGB-Info) verweist, stellt einen Wettbewerbsverstoß und keine Bagatelle dar. Damit ist die Gefahr von Abmahnungen sowie einstweiligen Verfügungen groß. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm in einem Urteil vom 13.10.2011 entschieden.
Grundlage der Entscheidung ist folgender Sachverhalt. Die Parteien sind Unternehmer und vertreiben Waren im Internet. Die Antragsstellerin stellte im März 2011 fest, dass die Widerrufsbelehrung der Antragsgegnerin hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist auf §§ 1-3 BGB-Info hinweist. Diese Vorschriften waren mit Wirkung vom 11.06.2010 weggefallen und befinden sich seitdem in Art. 246 §§ 1-3 EGBGB.
Das Landgericht Essen bestätigte im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens den Unterlassungsanspruch der Antragsstellerin gegen die Antragsgegnerin gemäß §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG. Dagegen hat die Antragsgegnerin Berufung eingelegt und vorgetragen, die Verwendung einer alten Widerrufsbelehrung mit Verweis auf nicht mehr existierende Bestimmungen der BGB-Info stelle lediglich einen Bagatellverstoß dar, denn es werde nur eine falsche Paragraphenkette genannt. Dem durchschnittlich informierten und aufmerksamen Verbraucher würde aber nach kurzer Internetrecherche auffallen, dass eine inhaltsgleiche Regelung in Art. 246 EGBGB fortbestehe.
Das OLG Hamm wies die Berufung als unbegründet zurück. Es stellte fest, dass die Antragsgegnerin wettbewerbswidrig gehandelt hat, indem sie in ihrer Widerrufsbelehrung auf falsche Vorschriften, nämlich diejenigen der BGB-Info, Bezug genommen hat. Damit hat sie gegen ihre Verpflichtung verstoßen, bei Fernabsatzverträgen den Verbraucher rechtzeitig vor Abgabe von dessen Vertragserklärung über das Bestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechts sowie den Einzelheiten der Ausübung zu informieren.
Das Gericht führte ferner aus, ein solcher Wettbewerbsverstoß sei nicht als Bagatelle zu beurteilen. Die Informationspflichten und deren Erfüllung seitens des Unternehmers haben eine besondere Bedeutung beim Warenverkauf im Fernabsatz. Sie stellen für den Verbraucher ein wichtiges Instrument des Widerrufs bzw. der Rückgabe der Ware dar. Die Spürbarkeitsschwelle i.S.v. § 3 Abs. 1 UWG ist insbesondere dann überschritten, wenn die Verbraucher unrichtig und unvollständig über ein etwaiges Widerrufs- oder Rückgaberecht belehrt werden. Denn die falsche Angabe von Normen erschwert die beabsichtigte Überprüfung eines Verbrauchers im Hinblick auf seine Rechte und könnte in der konkreten Situation dazu führen, dass der Verbraucher die Berechtigung seines Widerrufs in Zweifel zieht und von dessen Geltendmachung absieht.
Fazit: Vor dem Hintergrund dieser Entscheidung und der nochmaligen Gesetzesänderungen im Widerrufsrecht, die am 4.08.2011 in Kraft getreten ist, können wir nur dringend raten, den eigenen Internetauftritt an die aktuellen gesetzlichen Bestimmungen anzupassen, weil die Verwendung einer veralteten Widerrufsbelehrung eine erhebliche Abmahngefahr nach sich zieht. Sollte keine Unterlassungserklärung bei einer Abmahnung unterzeichnet werden, besteht die Gefahr, dass gegen den Abgemahnten eine einstweilige Verfügung erlassen wird.