VERWALTUNGSRECHT
Einbürgerung auch ohne brauchbare Ausweispapiere
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Mainz (jur). Ausländer, die unverschuldet nicht über verwertbare Ausweispapiere ihres Herkunftslandes verfügen, müssen trotzdem die Chance zur Einbürgerung haben. Zur notwendigen Klärung ihre Identität müssen dann auch anderweitige Nachweise möglich sein, etwa durch Erklärungen Angehöriger, wie das Verwaltungsgericht Mainz in einem am Montag, 25. April 2022, bekanntgegebenen Urteil entschied (Az.: 4 K 476/21.MZ).
Es sprach damit einem nach eigenen Angaben heute 35-jährigen Somalier Anspruch auf Einbürgerung in Rheinland-Pfalz zu. Der Mann war 2011 nach Deutschland gekommen und war als Asylberechtigter anerkannt worden. 2016 erhielt er eine Niederlassungserlaubnis.
Im Herbst 2019 beantragte er die Einbürgerung. Verschiedene Voraussetzungen wie Sprachkenntnisse und Integrationskurs hatte er erfüllt. Zudem legte er einen von der somalischen Botschaft in Berlin ausgestellten Pass sowie zwei Geburtsurkunden vor – eine ebenfalls von der Botschaft, eine weitere von der Stadt Mogadischu.
Die zuständige Kommune lehnte die Einbürgerung ab. Es fehle an einer zweifelsfreien Klärung der Identität des Mannes. Über somalische Staatsangehörige seien dort keine verlässlichen Informationen zu erlangen. Auch die somalische Botschaft in Berlin habe die Herkunft ersichtlich nicht ernsthaft geprüft.
Im Widerspruchsverfahren legte der Mann eine Erklärung und Ausweisdokumente seines Bruders vor, der inzwischen die US-amerikanische Staatsbürgerschaft besitzt, zudem eine Erklärung eines Onkels mit inzwischen schwedischem Pass.
Auch dies wollte die Einbürgerungsbehörde nicht gelten lassen. Mit seinem auch bereits schriftlich veröffentlichten Urteil vom 25. März 2022 gab das Verwaltungsgericht Mainz der Klage des Mannes nun aber statt. Seine Identität sei geklärt.
Üblich sei der amtliche Ausweis maßgeblich. Diesen habe hier die Einbürgerungsbehörde allerdings zu Recht nicht ausreichen lassen. Denn in Somalia gebe es keine Personenregister, anhand derer die Angaben in seit 1991 ausgestellten Ausweisen überprüft werden können. Gleiches gelte hier für die Geburtsurkunden.
Daher befinde sich der Kläger „in einer unverschuldeten Beweisnot“, betonte das Verwaltungsgericht. In dieser Situation könnten auch „sonstige Beweismittel“ zur Klärung der Identität herangezogen werden.
Hier sei der Somalier seit seiner Einreise durchgehend unter derselben Identität aufgetreten. Sein Bruder und sein Onkel hätten das Verwandtschaftsverhältnis und seine Identität bestätigt. Da diese Zeugen inzwischen die US-amerikanische beziehungsweise schwedische Staatsbürgerschaft besitzen, sei davon auszugehen, dass deren Identität geklärt sei. Insbesondere sein Onkel habe überprüfbare Papiere aus der Zeit vor 1991 gehabt.
Unter Heranziehung auch der Asyl- und Ausländerakte ergebe sich „insgesamt ein stimmiges Gesamtbild von der Identität und der Staatsangehörigkeit des Klägers“, befand das Verwaltungsgericht Mainz. Weil auch die weiteren Voraussetzungen erfüllt seien, habe er einen Anspruch auf Einbürgerung.
Im Fall einer Tibeterin mit chinesischer Staatsangehörigkeit hatte auch bereits das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden, dass in Ausnahmefällen eine Einbürgerung auch ohne amtliche Papiere möglich ist (Urteil und vom 23. September 2020, Az.: 1 C 36.19).
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock