ZIVILRECHT
Eltern haften nicht immer für ihre Kinder
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An einem Märztag im Jahre 2003 stellte der spätere Kläger seinen VW Golf wie immer in der Nähe seiner Wohnung in der Freischützstraße in München ab. Als seine Tochter wenig später mit dem Fahrzeug wieder wegfahren wollte, stellte sie deutlich sichtbare Lackspuren am gesamten Fahrzeug fest. Sie sprach daraufhin eine Gruppe von in der Nähe stehenden Kindern an; sie bemerkte dabei, dass der Sohn der späteren Beklagten einen spitzen Gegenstand (sie meinte später, es habe sich um eine Rasierklinge gehandelt) in der Hand hielt. Angesprochen auf die Lackkratzer gaben die Kinder sofort zu, dass sie das Auto zerkratzt hätten.
Der Kläger setzte sich daraufhin mit den Eltern in Verbindung und wollte den Schaden geregelt haben. Bei einem Telefonat soll der Vater des Jungen dem Kläger erklärt haben, er würde einen Teil des Schadens bezahlen, aber nur, wenn ihm Ratenzahlung eingeräumt werden würde. Dies lehnte der Kläger rundheraus ab: Er wollte seinen gesamten Schaden, den ein Sachverständiger später mit 3.162,47 € bezifferte bezahlt haben.
So kam der Fall vor das Amtsgericht München. Der zuständige Richter wies die Klage ab.
Ein Schuldanerkenntnis, das ohnehin nur für den Vater des Jungen wirken würde, sei nicht nachgewiesen. Man habe sich noch in Verhandlungen über die Abwicklung des Schadens befunden; im übrigen habe der Kläger die von dem Beklagten angebotene Lösung komplett abgelehnt.
Eine Aufsichtspflichtverletzung komme bei dem Sachvortrag auch nicht in Betracht: Eltern hafteten nämlich nicht jederzeit für alles, was ihre Kinder anstellten. Vielmehr sei das Zerkratzen eines Autos auch in heutiger Zeit ein eher ungewöhnliches Verhalten für einen 8-Jährigen. Daher hätten besondere Umstände gegeben sein müssen, um eine Haftung der Eltern annehmen zu können. Die Rechtsprechung nimmt solche besonderen Umstände insbesondere dann an, wenn das Kind schon in früherer Zeit in gleicher oder ähnlicher Weise auffällig geworden ist. In einem solchen Fall sind die Eltern gewarnt, so dass sie ihr Kind in einem solchen Fall nicht unbeaufsichtigt zum Spielen auf die Straße schicken können. Da der Kläger aber ein solches Vorgeschehen nicht hatte vortragen können, wurde die Klage abgewiesen.
Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung des Klägers wies das Landgericht München I mit Endurteil zurück.
Das Urteil ist damit rechtskräftig.
Urteil des Amtsgerichts München vom 09.12.2003; Aktenzeichen: 155 C 26544/03
Urteil des Landgerichts München I vom 24.06.2004; Aktenzeichen: 6 S 578/04