MIETRECHT
Erklärungswert einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung: Verzichtet der Vermieter damit auf alle zukünftigen Forderungen gegen den Mieter?
Autor: Rechtsanwalt Alexander Bredereck - Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Alexander Bredereck und Dr. Attila Fodor, Berlin
Vorsicht bei der Formulierung von Mietschuldenfreiheitsbescheinigungen!
Die Frage nach der Rechtsfolge einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung beschäftigte jüngst das Landgericht Berlin (Urteil vom 26.11.2010, Aktenzeichen: 63 S 188/10). Ein Mieter sah die vom Vermieter ausgestellte Mietschuldenfreiheitsbescheinigung als Beleg dafür an, dass der Vermieter ihm gegenüber aus dem Mietverhältnis keine weiteren Ansprüche mehr geltend machen könne. Nach Ende der Abrechnungsperiode wollte der Mieter die vollständige Kaution zurückhaben. Der Vermieter zog Forderungen aus der Betriebskostenabrechnung von der Kaution ab.
Das Landgericht Berlin entschied in dem Fall, dass der Vermieter noch Forderungen gelten machen durfte, obwohl er vorher eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung ausgestellt hatte. Die Berliner Richter werteten die ihnen vorliegende Mietschuldenfreiheitsbescheinigung als „bloße Wissenserklärung“. Wäre die Erklärung von den Richtern als Verzichtserklärung oder als negatives Schuldanerkenntnis gewertet worden, hätte die Entscheidung wohl zugunsten des Mieters ausfallen müssen.
Die Rechtsnatur einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung ist vom Einzelfall abhängig. Es kommt auf den Wortlaut oder auf eine Auslegung der Bescheinigung an, ob sie rechtlich als eine unverbindliche Wissenserklärung oder als eine Verzichtserklärung oder ein negatives Schuldanerkenntnis gewertet werden muss. In letzteren Fällen kann der Vermieter wohl keine Ansprüche mehr geltend machen, auch wenn er im Nachhinein feststellt, dass doch noch Mietzahlungen offen sind.
Fachanwaltstipp Mieter: Überprüfen Sie auf den Wortlaut bzw. Erklärungswert der Mietschuldenfreiheitsbescheinigung Ihres Vermieters. Möglicherweise kann der Vermieter nach Ausstellung der Mietschuldenfreiheitsbescheinigung keine Forderungen mehr aus dem Mietverhältnis mehr geltend machen.
Fachanwaltstipp Vermieter: Achten Sie unbedingt auf die Formulierung der Mietschuldenfreiheitsbescheinigung, sonst kann es sein, dass Sie keine Ansprüche mehr gegen den ehemaligen Mieter geltend machen können. Es kann immer vorkommen, dass Ihre Buchhaltung etwas übersehen hat. In dem Fall sollten Sie sich die Möglichkeit offen lassen, die rückständigen Mieten oder andere Ansprüche aus dem Mietverhältnis gegenüber dem Mieter geltend machen zu können.