EU-RECHT
Etappensieg für RWE und EON bei Brennelementesteuer
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Hamburg (jur). Die Energiekonzerne RWE und EON haben im Streit um die Rechtmäßigkeit der 2011 eingeführten Kernbrennstoffsteuer einen Etappensieg errungen. Das Finanzgericht Hamburg hat in einem am Dienstag, 19. November 2013, gefällten Beschluss die Frage zur Zulässigkeit der Steuer dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg zur Prüfung vorgelegt (Az.: 4 K 122/13).
In einem vorausgehenden Verfahren hatten die Hamburger Richter bereits am 29. Januar 2013 erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Brennelementesteuer geäußert und diese Klage nach Karlsruhe vorgelegt (Az.: 4 K 270/11; JurAgentur-Meldung vom selben Tag). Die Brennelementesteuer sei keine Verbrauchssteuer und „mangels Gesetzgebungskompetenz des Bundes verfassungswidrig“, so die Hamburger Finanzrichter. Wann das Bundesverfassungsgericht über das Verfahren entscheidet, ist noch nicht klar.
Die offiziell Kernbrennstoffsteuer genannte Steuer war zu Jahresbeginn 2011 eingeführt worden. Sie wird von den Hauptzollämtern auf die eingesetzten Brennelemente erhoben. Bei einem Steuersatz von 145 Euro je Gramm Kernbrennstoff erhoffte sich der Fiskus ursprünglich Einnahmen von 2,3 Milliarden Euro pro Jahr. Durch die stufenweise Abschaltung der damals noch 17 Atomkraftwerke im Zuge der „Energiewende“ nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima im März 2011 sind diese Schätzungen allerdings überholt.
Im jetzt verhandelten Fall hatten die Energiekonzerne RWE und EON über eine Betreibergesellschaft geklagt, die für das Kernkraftwerk Emsland zuständig ist. Als im Juni 2011 die Kernbrennstäbe im Atomkraftwerk Emsland gewechselt wurden, meldete die Betreibergesellschaft zwar eine Kernbrennstoffsteuer in Höhe von rund 154 Millionen Euro an. Gleichzeitig zog der Betreiber vor Gericht und wollte die Rechtmäßigkeit der Steuer überprüfen lassen.
Die Hamburger Finanzrichter zweifelten nun, ob die Brennelementesteuer überhaupt mit EU-Recht im Einklang steht und möglicherweise überhaupt gar nicht angewandt werden darf. So sei unklar, ob die europäische Energiesteuerrichtlinie die Erhebung einer Steuer auf die zur Erzeugung von elektrischem Strom eingesetzten Kernbrennstoffe verbietet. Auch müsse geklärt werden, ob es sich bei der Kernbrennstoffsteuer um eine unzulässige indirekte Steuer auf Strom handele. Denn nach der EU-Verbrauchsteuersystemrichtlinie dürften EU-Mitgliedstaaten keine neuen Stromsteuern zur allgemeinen Haushaltsfinanzierung erfinden.
Die Kläger hatten zudem einen Verstoß gegen das europäische Beihilferecht und dem Euratom-Vertrag vorgebracht. Sie würden mit der Brennelementesteuer zusätzlich belastet, während ihre Wettbewerber, die keine Kernkraftwerke betreiben, die Steuer nicht zahlen müssen. Damit würden diese bevorzugt.
Bis diese Fragen vom EuGH beantwortet werden können, müssen die Luxemburger Richter jedoch erst einmal formale Fragen abklären. So ist nach Angaben der Hamburger Richter strittig, ob das Finanzgericht den EuGH wegen eines Gesetzes anrufen darf, wenn zuvor auch das Bundesverfassungsgericht wegen eines vergleichbaren Verfahrens zur Prüfung aufgefordert wurde.
Bislang müssen die AKW-Betreiber die Steuer jedoch weiter zahlen. Dies hatte der Bundesfinanzhof in München bereits am 9. März 2012 entschieden (Az.: VII B 171/11, JurAgentur-Meldung vom 14. März 2012).
Derzeit sind beim Finanzgericht Hamburg mehrere Klagen für fünf Kernkraftwerke anhängig. Der Streitwert beläuft sich dabei auf insgesamt 2,1 Milliarden Euro. Bei einem Erfolg der AKW-Betreiber müsste der Bund Milliardenbeträge wieder zurückzahlen.
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage