WIRTSCHAFTSSTRAFRECHT
EuG erklärt EU-Genehmigung für Lufthansa-Corona-Hilfen für nichtig
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EuG erklärt EU-Genehmigung für Lufthansa-Corona-Hilfen für nichtig © Symbolgrafik:© Blue Planet Studio - stock.adobe.com
Luxemburg (jur). Das erstinstanzliche Gericht der Europäischen Union (EuG) hat die Genehmigung eines sechs Milliarden Euro schweren Corona-Hilfspakets für die Lufthansa durch die EU-Kommission für nichtig erklärt. Bei der Prüfung seien der Kommission „mehrere Fehler unterlaufen“, rügte das EuG am Mittwoch, 10. Mai 2023, in Luxemburg (Az.: T-34/21 und T-87/21). Sollte dies rechtskräftig werden, drohen der Lufthansa Group nachträglich weitere Auflagen.
Wegen der Corona-Pandemie hatte der Bund der Lufthansa Hilfen in Höhe von insgesamt neun Milliarden Euro bewilligt. Vor dem EuG ging es um ein Paket über sechs Milliarden Euro, das über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) der Bundesrepublik abgewickelt wurde. Es umfasste eine Aktienbeteiligung des Bundes an der Lufthansa im Umfang von 300 Millionen Euro sowie zwei stille Beteiligungen von zusammen 5,7 Milliarden Euro.
Die EU-Kommission hatte dies im Juni 2020 gebilligt, ohne ein förmliches Prüfverfahren einzuleiten. Sie stützte sich dabei auf befristete Sonderregeln für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft während der Corona-Pandemie. Dagegen klagten die Wettbewerber Ryanair und Condor.
Mit Erfolg. Die Kommission habe mehrere auch nach den Corona-Sonderregelungen geltende Anforderungen für staatliche Beihilfen nicht berücksichtigt und ihre Entscheidung daher jedenfalls unzureichend begründet, befand das EuG. Die Entscheidung sei daher nichtig.
Hiergegen können die beklagte EU-Kommission und auch die dem Verfahren als Streithelferin aufseiten der Kommission beigetretene Bundesrepublik Deutschland noch Rechtsmittel zum Europäische Gerichtshof (EuGH) einlegen.
Bleibt es bei der Nichtigkeit, müsste die Kommission erneut über die Beihilfen entscheiden. Dabei ist es verfahrensrechtlich möglich, dass sie mit neuer und besserer Begründung erneut zu einer Genehmigung kommt. Nach den Rügen des EuG müsste die Lufthansa dann aber auch mit nachträglich neuen Auflagen rechnen, insbesondere hinsichtlich des Wettbewerbs an den Flughäfen Düsseldorf und Wien.
Hintergrund ist, dass die EU-Kommission eine „erhebliche Marktmacht“ der Lufthansa Group nur für die Flughäfen Frankfurt am Main und München bejaht hatte. Nach dem Luxemburger Urteil deutet aber einiges auf eine starke Marktmacht auch an den Flughäfen Düsseldorf und Wien hin. Seit 2009 gehört auch die Austrian Airlines zur Lufthansa Group.
An den Flughäfen Frankfurt und München hatte die Lufthansa jeweils 24 „Zeitnischen“ für Starts und Landungen abgeben müssen. Hier rügte das EuG unter anderem, dass die starken Wettbewerber der Lufthansa an diesen Flughäfen kaum Chancen hatten, an diese „Zeitnischen“ zu gelangen. Obwohl dies jeweils die Vormacht der Lufthansa Group gefestigt habe, habe die EU-Kommission nicht begründet, warum die entsprechenden Regelungen für den Wettbewerb notwendig oder zumindest sinnvoll gewesen seien.
Grundsätzlich hatte insbesondere Condor gerügt, dass die vermeintliche „Rettung“ der Lufthansa gar nicht nötig gewesen sei, weil die Kranich-Linie sich das Geld auch am Kapitalmarkt hätte besorgen können. Die Kommission hatte dies verneint – nach dem Luxemburger Urteil allerdings mit schlechter Begründung. Gar nicht geprüft habe die Kommission die Möglichkeiten der Lufthansa, sich zumindest Teile des Geldes zu vertretbaren Konditionen am Kapitalmarkt zu beschaffen. Auch hätten teilweise Anreize gefehlt, die Gelder möglichst rasch zurückzuzahlen, so das EuG.
Nach eigenen Angaben hatte die Lufthansa allerdings ohnehin nicht alle Gelder abgerufen. Die letzte Milliarde hatte sie im November 2021 zurückbezahlt. Laut Lufthansa hat der Bund insgesamt 92 Millionen Euro Zinsen erhalten. Der WSF habe das vom Bund erworbene Aktienpaket in Höhe von 300 Millionen Euro im Laufe des Jahres 2022 verkauft.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock