EuGH: Einsichtsrecht von Bürgern und Verbänden in Unterlagen der EU-Behörden
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(jur). Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat erneut das Recht von
Bürgern und Verbänden auf Einsicht in Unterlagen der EU-Behörden gestärkt. Nach
einem am Donnerstag, 21. Juni 2012, verkündeten Urteil durfte das
vorinstanzliche Gericht der Europäischen Union (EuG) die Einsicht in einen
Brief des früheren deutschen Bundeskanzlers Gerhard Schröder nicht verweigern,
ohne den Brief selbst gelesen und so die Geheimhaltungsbedürftigkeit überprüft
zu haben (Az.: C-135/11).
Auf Antrag Deutschlands hatte 2000 die EU-Kommission der Umwidmung des
europäischen Naturschutzgebiets Mühlenberger Loch in Hamburg zugestimmt, damit
dort das Betriebsgelände für die Endmontage von Airbus-Flugzeugen erweitert
werden kann. Der Internationale Tierschutz-Fonds (IFAW) beantragte daraufhin
bei der Kommission Einsicht in verschiedene Briefe, die Deutschland und die
Stadt Hamburg an die Kommission gerichtet hatten.
Die Kommission lehnte dies zunächst ab und meinte, sie dürfe die Briefe nur mit
Zustimmung Deutschlands herausgeben. In erster Instanz billigte dies 2004 auch
das EuG, auf Betreiben Schwedens, das den IFAW unterstützt, entschied jedoch 2007
der EuGH, dass die Kommission die Unterlagen herausgeben muss (Az.: C-64/05 P).
Die Kommission kam dem weitgehend nach, hielt aber einen Brief des damaligen
Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD) weiterhin unter Verschluss. Grund war ein
Widerspruch Deutschlands, eine Veröffentlichung würde das öffentliche Interesse
und die internationale Beziehungen Deutschlands beeinträchtigen. Auch dies
hatte 2011 das EuG gebilligt (Az.: T-362/08).
Mit seinem neuen Urteil hob der EuGH diese erstinstanzliche Entscheidung auf.
Dass EU-Behörden die Herausgabe von Dokumenten verweigern sei nach EU-Recht
eine Ausnahme. Diese müsse genau begründet und im Streitfall von den
EU-Gerichten genau überprüft werden. Dies sei aber nicht möglich, ohne dass die
Richter diese Dokumente selbst lesen.
Damit der Schröder-Brief nun nicht im Zuge des Gerichtsverfahrens öffentlich
wird, soll nun das EuG das Schreiben in geheimer Sitzung bewerten und danach
neu entscheiden.
Quelle: www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage