EuGH kippt Verschärfung der EU-Geldwäscherichtlinie
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Luxemburg (jur). Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat die jüngste Verschärfung der EU-Geldwäscherichtlinie für ungültig erklärt. Die weitgehende Öffentlichkeit des hierfür geschaffenen „Transparenzregisters“ geht über das Notwendige hinaus und verletzt so die Grundrechte der betroffenen Organisationen und Anteilseigner, urteilte der EuGH am Dienstag, 22. November 2022, in Luxemburg (Az.: C-37/20 und C-601/20). Den Zugang zu deren Daten hatte Deutschland allerdings zurückhaltender und nach dem Urteil damit grundrechtskonformer umgesetzt als hier das Land Luxemburg.
Das „Register der wirtschaftlichen Eigentümer“ wurde 2015 mit der Geldwäscherichtlinie von der EU beschlossen. Deutschland hat dies 2017 unter der Bezeichnung „Transparenzregister“ umgesetzt. Meldepflichtig sind Unternehmen und Organisationen, die mehr als ein Viertel der Kapitalanteile halten oder mehr als ein Viertel der Stimmrechte eines größeren Unternehmens kontrollieren. Mit Name, Wohnort, Geburtsdatum und weiteren Daten sind dabei auch die natürlichen Personen zu melden, die als „wirtschaftlich Berechtigte“ hinter einer Organisation wie beispielsweise einer Stiftung stecken. Übergangsfristen für die Eintragung gelten in Deutschland noch bis Ende 2022.
Der Zugriff auf die Daten war ursprünglich auf Behörden und bestimmte weitere Berechtigte, etwa Banken, beschränkt. Nach einer auf EU-Ebene 2018 beschlossenen Verschärfung ist das Register im Grundsatz weitgehend öffentlich. Die Mitgliedsstaaten können aber Zugangsbeschränkungen beibehalten oder einführen.
Anders als Deutschland hat Luxemburg davon kaum Gebrauch gemacht. Daher klagten in Luxemburg eine dort ansässige Beteiligungsgesellschaft und ein „wirtschaftlicher Eigentümer“. Sie machen geltend, der öffentliche Zugang zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Daten führe für die wirtschaftlichen Eigentümer zu einem erhöhten Risiko von Erpressung oder Entführung. Das Bezirksgericht Luxemburg legte den Streit dem EuGH vor.
Der hat die neuen Bestimmungen der Geldwäscherichtlinie nun als unwirksam verworfen. Der öffentliche Zugang zu den Daten sei „einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten“. Eine „potenziell unbegrenzten Zahl von Personen“ könne sich so Informationen über die materielle und finanzielle Situation eines „wirtschaftlichen Eigentümers“ verschaffen. Dabei könnten diese Daten auch gespeichert und weiter verbreitet werden.
Gleichzeitig betonten die Luxemburger Richter zwar, dass der Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ein wichtiges Gemeinwohlziel ist. Der freie Zugriff auf die Daten sei dafür aber nicht erforderlich und daher unverhältnismäßig. Der ursprünglich vorgesehene beschränkte Zugriff für Behörden und bestimmte weitere Gruppen reiche dafür aus. Dem schweren Grundrechtseingriff durch den öffentlichen Zugang stünden keine nennenswerten Vorteile gegenüber.
Allein die auch in der Neufassung der Geldwäscherichtlinie vorgesehene Möglichkeit, dass die Mitgliedsstaaten auf nationaler Ebene den Zugriff auf die Daten weiterhin beschränken, reiche nicht aus. Denn dies gebe den Betroffenen „wirtschaftlichen Eigentümern“ keine „hinreichenden Garantien“, dass ihre Grundrechte gewahrt werden, rügte der EuGH.
Als Konsequenz des Luxemburger Urteils gelten für den Zugriff auf das Register die ursprünglichen Regelungen fort. Für eine Änderung müsste der EU-Gesetzgeber erneut tätig werden.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock