EU-RECHT
EuGH: Wohnsitzauflagen für Flüchtlinge rechtmäßig?
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Leipzig (jur). Wohnsitzauflagen für abgelehnte Flüchtlinge, die aus humanitären Gründen in Deutschland bleiben dürfen, verstoßen möglicherweise gegen EU-Recht. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am Dienstag, 19. August 2014, drei entsprechende Verfahren dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg zur Prüfung vorgelegt (Az.: 1 C 1.14, 1 C 3.14 und 1 C 7.14).
In den drei Fällen geht es um Syrer kurdischer und yezidischer Herkunft, die zwischen 1998 und 2001 nach Deutschland einreisten. Ihr Asylverfahren wurde abgelehnt. Die Flüchtlingseigenschaft wurde ihnen nicht zuerkannt. Allerdings wurde ihnen sogenannter „subsidiärer Schutz“ gewährt. Dabei erhalten sie aus humanitären Gründen bzw. bei einer Gefahr für Leib und Leben eine Aufenthaltserlaubnis.
Die Ausländerbehörden verbanden die Duldung jedoch auch mit einer Wohnsitzauflage, da die Kläger Sozialhilfe bezogen. Die Syrer mussten ihren Wohnsitz in einer bestimmten Stadt oder einem Landkreis nehmen. Die Behörden beriefen sich dabei auf die Allgemeinen Verwaltungsvorschriften des Bundesinnenministeriums. Mit Hilfe der Wohnsitzauflagen sollen einzelne Länder und Kommunen mit der Zahlung von Sozialleistungen nicht übermäßig finanziell belastet werden.
In einem Fall hatte der Kläger sich gegen die Wohnsitzauflage gewehrt, weil er zu seiner Schwiegermutter in eine andere Stadt ziehen wollte. Eine angefangene Beschäftigung in einem anderen Ort habe er bereits nach zwei Tagen wegen der Wohnsitzauflage wieder aufgeben müssen. Er habe die Hotelkosten nicht bezahlen können, erklärte der Mann.
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen in Münster hielt derartige Wohnsitzauflagen mit EU-Recht für unvereinbar. Der Kläger könne sich auf sein Recht auf Bewegungsfreiheit im Staatsgebiet und auf die Gewährung von Sozialhilfe berufen. Während nach der Genfer Flüchtlingskonvention entsprechende Wohnsitzauflagen verboten sind, müsse dies auch für geduldete Personen gelten, die aus humanitären Gründen in Deutschland bleiben dürfen.
In einem anderen Verfahren sah das Niedersächsische OVG in Lüneburg in der unterschiedlichen Behandlung bei den Wohnsitzauflagen zwischen anerkannten Flüchtlingen und Personen mit subsidiären Schutz dagegen kein Problem.
Wegen der „europarechtlichen Zweifelsfragen“ war die Vorlage an den EuGH erforderlich, so das Bundesverwaltungsgericht. Die Revisionsverfahren wurden daher ausgesetzt.
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