VERKEHRSRECHT
Freispruch für Alkoholsünder wegen falscher Atemalkoholmessung
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Atemalkoholmessung: Wartezeit von 20 Minuten zwischen Trinkende und Messung muss sicher eingehalten sein
Der Betroffene, ein 52jähriger Techniker aus Pforzheim, hatte an einem Abend im Frühjahr 2003 ein Lokal in der Pforzheimer Innenstadt aufgesucht und dort mehrere Glas Bier getrunken. Gleichwohl bestieg er etwa gegen 1.30 Uhr sein Kraftfahrzeug, um mit diesem nach Hause zu fahren. Noch in der Innenstadt geriet er dabei in eine Polizeikontrolle, wobei die Beamten bei ihm Alkoholgeruch feststellten und eine Atemalkoholmessung anordneten. Die mit dem Gerät der Marke ?Dräger Alcotest 7110 Evidential? durchgeführte Messung ergab eine Atemalkoholkonzen-tration von 0,26 mg/l. Die Beamten untersagten dem Betroffenen daraufhin eine Weiterfahrt und legten eine Anzeige vor, worauf das zuständige Ordnungsamt ein Bußgeld in Höhe von 250 Euro sowie ein einmonatiges Fahrverbot (weitere Folge: vier Punkte in der Verkehrszentral-registerkartei in Flensburg) festsetzte. Auf seinen hiergegen eingelegten Einspruch fand im Dezember 2003 die Verhandlung vor dem Amtsgericht Pforzheim statt. Dort beanstandete der Techniker die Ordnungsgemäßheit der Messung, weil die zwischen Trinkende und Messung notwendige Wartezeit von 20 Minuten nicht eingehalten gewesen sei. Diese Zeitspanne ließe sich - so der Betroffene - vorliegend nicht mehr sicher feststellen, weil die Zeitangaben in den jeweiligen Uhren der Beamten und in derjenigen des Messgerätes nicht aufeinander abge-stimmt gewesen und voneinander abgewichen seien. Dieser Argumentation ist das Amtsgericht nicht gefolgt und hat die im Bußgeldbescheid vorgesehene Sanktion bestätigt. Zwar fänden sich in den Akten voneinander divergierende Zeitangaben, weshalb der Zeitablauf nicht schriftlich fixiert sei. Hierauf komme es aber nicht an, da nach einer Rekonstruktion des abendlichen Geschehens die Zeitspanne zwischen Verlassen der Gaststätte und der Alkoholmessung auf der Wache mehr als 20 Minuten betragen haben müsse.
Anders nun das Oberlandesgericht auf die vom Betroffenen hiergegen eingelegte Rechts-beschwerde. Der 1. Bußgeldsenat hat das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben und den Betroffenen freigesprochen.
Bei der Bestimmung der Atemalkoholkonzentration handele es sich um ein sog. standardisiertes Messverfahren, bei welchem der Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehen habe, dass nur Mess-geräte eingesetzt und Messmethoden angewendet werden dürfen, die den im Gutachten des Bundesgesundheitsamts gestellten Anforderungen genügen. Danach müsse seit der Beendigung der Alkoholaufnahme (Trinkende) und der Atemalkoholmessung ein Zeitraum von mindestens 20 Minuten verstrichen sein. Dies beruhe darauf, dass sich erst danach ein definiertes Verhältnis zwischen Atemalkohol- und Blutalkoholkonzentration einstelle und die Messung von kurzfristigen Schwankungen nur noch in geringem Maß betroffen sei.
Wenn - wie im vorliegenden Fall - nach dem Messergebnis der Gefahrengrenzwert des § 24a Abs. 1 StVG von 0,25 mg/l Alkohol in der Atemluft aber nur ganz geringfügig (hier: 0,01 mg/l bei einem Messergebnis von 0,26 mg/l) überschritten sei, könne das Ergebnis des standardisierten Messverfahrens zur Ermittlung der Atemalkoholkonzentration mit dem Dräger Alcotest 7110 Evidential nur dann ohne Rechtsfehler verwertet werden, wenn die genannten Warte- und Kontrollzeiten sicher eingehalten seien. Hieran fehle es aber vorliegend, da die Polizeibeamten aufgrund der Differenzen der jeweiligen Uhrzeit keine eindeutigen Zeitangaben vermerkt hätten und die vom Amtsgericht vorgenommene Rekonstruktion letztendlich nur auf einer zweifelbehafteten Schätzung der abendlichen Abläufe beruhe.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 19. April 2004 - 1 Ss 30/04 -
Hinweis auf den Gesetzestext: § 24a StVG
(1) Ordnungswidrig handelt, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt.
(2) Ordnungswidrig handelt ...
(3) Ordnungswidrig handelt auch, wer die Tat fahrlässig begeht.
(4) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu eintausendfünfhundert Euro geahndet werden.
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