UNFALLVERSICHERUNG
Für enge Verwandte gibt es kein Unfallschutz bei häufiger Kinderbetreuung
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Halle (jur). Enge Familienangehörige stehen bei der regelmäßigen unentgeltlichen Betreuung kleiner Kinder ebenso wenig unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung wie die betreuten Kinder. Ein Unfallversicherungsschutz kommt allenfalls dann infrage, wenn die Betreuungsperson beim Jugendamt für die Kindertagespflege registriert ist und die Behörde gegebenenfalls die Sachkompetenz prüfen kann, entschied das Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt in Halle in einem aktuell veröffentlichten Urteil vom 24. März 2017 (Az.: L 6 U 58/14).
Konkret ging es um einen tragischen Unfall eines Kleinkindes aus dem Raum Stendal. Da die Mutter sich beruflich umorientierte und auch der Vater sich noch in Ausbildung befand, passte regelmäßig die Oma väterlicherseits unentgeltlich auf ihren Enkel und dessen Schwester auf. Nach Angaben der Oma waren dies von Januar bis Mitte August 2008 insgesamt 99 Tage.
Auch am 13. August 2008 befand sich der einjährige Enkel ebenfalls bei der Oma zur Betreuung, damit die Eltern eine Beziehungskrise klären konnten. Auf dem Grundstück der Großeltern fiel der Junge in einen 1,1 Meter tiefen Swimmingpool und konnte gerade noch vor dem Ertrinken gerettet werden. Er erlitt jedoch einen irreversiblen Hirnschaden, eine spastische Lähmung an Armen und Beinen und eine Epilepsie.
Das Landgericht Stendal verurteilte die Oma zur Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 400.000 Euro. Außerdem müsse sie auch für künftige Schäden aufkommen.
Gesetzliche Unfallversicherung muss für den Unfall aufkommen
Die Frau meinte, dass letztlich die gesetzliche Unfallversicherung für den Unfall aufkommen müsse. Es handele sich um einen versicherten Arbeitsunfall. Denn sie habe häufig und damit über das gewöhnliche Maß einer Gefälligkeit hinaus das Kind betreut. Sie habe zwar für die Betreuung kein Entgelt erhalten, dennoch sei sie „wie eine Beschäftigte“ tätig gewesen. Auch sei sie als Tagespflegeperson anzusehen.
Nach dem Gesetz stünden beim Jugendamt registrierte Tagespflegepersonen und dann auch die betreuten Kinder unter Unfallversicherungsschutz. Aus Gleichheitsgründen müsse dies aber nicht nur beim Jugendamt registrierte Tagespflegepersonen, sondern auch für Großeltern und andere Familienangehörige gelten, die regelmäßig ihre Enkel betreuen.
Vor dem LSG kam sie mit dieser Argumentation jedoch nicht durch. Ein versicherter Arbeitsunfall habe nicht vorgelegen.
Gesetzlicher Schutz der Unfallversicherung
Zwar sehen die gesetzlichen Bestimmungen vor, dass auch von Tagespflegepersonen betreute Kinder unter dem gesetzlichen Schutz der Unfallversicherung stehen. Dies gelte jedoch nur, wenn die Pflegeperson beim Jugendamt registriert ist. Jede Betreuung durch Verwandte, Freunde, Bekannte oder Nachbarn sei von dieser Regelung nicht umfasst. Schließlich sollen beim Jugendamt registrierte Tagespflegepersonen ihre Betreuungskenntnisse in qualifizierten Lehrgängen oder auf vergleichbare Weise nachweisen.
Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, dass sie, vergleichbar einer Beschäftigten, für ihre Tätigkeit nur beschränkt haften müsse. Weder sei sie eine „Beschäftigte“ noch eine ebenfalls versicherte „Wie-Beschäftigte“. Denn eine Kinderbetreuung für enge Verwandte sei nicht mehr arbeitnehmerähnlich, so das LSG. Hier habe die Klägerin dargetan, dass sie die Kinder ohne Entgelt allein wegen der engen verwandtschaftlichen Beziehungen betreut hat. Ein versicherter Arbeitsunfall sei daher zu verneinen.
Gegen das Urteil hat die Klägerin beim Bundessozialgericht in Kassel Revision eingelegt. Das Verfahren ist dort unter dem Aktenzeichen B 2 U 2/17 R anhängig.
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