STRAFRECHT
Für psychisch kranken Straftäter Sicherungsverwahrung gebilligt
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Straßburg (jur). Deutschland darf weiterhin als gefährlich geltende psychisch kranke Straftäter nachträglich in die Sicherungsverwahrung nehmen, auch wenn sie nach Jugendstrafrecht verurteilt worden sind. Dies hat die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in einem am Dienstag, 4. Dezember 2018, verkündeten Urteil bestätigt (Az.: 10211/12 und 27505/14).
Die Straßburger Richter lehnten damit die Beschwerde eines psychisch Kranken ab, der sich gegen seine Sicherungsverwahrung wandte. Der damals 19-Jährige Mann wurde vom Landgericht Regensburg 1997 nach dem Jugendstrafrecht zu einer zehnjährigen Haftstrafe wegen Mordes an einer Joggerin verurteilt. Er hatte die Frau in einem Waldstück erwürgt und sich danach an der Leiche vergangen.
Besondere Gefährlichkeit für die Allgemeinheit
Nach Verbüßen der Haftstrafe wurde bei ihm 2008 nachträglich die Sicherungsverwahrung angeordnet. Gutachter hatten ihm einen „Hang zum sexuellen Sadismus“ und eine anhaltende besondere Gefährlichkeit für die Allgemeinheit attestiert.
Therapien hatte sich der psychisch Kranke zunächst gänzlich verweigert. Erst zwischen 2015 und 2017 nahm er eine Psychotherapie wahr. Für den Streitzeitraum Juni 2013 bis September 2014 legte er gegen die Anordnung der Sicherungsverwahrung Beschwerde beim EGMR ein.
Karlsruher Richter forderten „therapiegerichteten Vollzug“
Am 17. Dezember 2009 hatte der EGMR entschieden, dass es eine unzulässige „Strafe ohne Gesetz“ darstelle, wenn die Sicherungsverwahrung erst nachträglich verhängt oder verlängert wird und sich damit gegen die Auffassung des Bundesverfassungsgerichts gestellt. (Az.: 19359/04). Die Karlsruher Richter schlossen sich aber schließlich 2011 dem EGMR an und forderten einen „therapiegerichteten Vollzug“ (Urteil und JurAgentur-Meldung vom 4. Mai 2011, Az.: 2 BvR 571/10 und 2 BvR 1152/10).
Der deutsche Gesetzgeber hatte im Zuge dieser Diskussion 2013 das Therapieunterbringungsgesetz gänzlich neu geregelt und festgelegt, wann psychisch gestörte Gewalttäter in die Sicherungsverwahrung genommen werden können.
Zulässige Sicherungsverwahrung von psychisch kranken Straftätern
Der EGMR hielt daraufhin die Sicherungsverwahrung psychisch kranker Straftäter zum Schutz der Allgemeinheit für zulässig (Az.: 234279/14; Urteil und JurAgentur-Meldung vom 7. Januar 2016). Die Betroffenen dürften auch nach dem Ende der Haftstrafe nachträglich in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden, um sie dort behandeln zu können.
Im jetzt entschiedenen Fall hatte der EGMR am 2. Februar 2017 erstinstanzlich geurteilt, dass für den Beschwerdeführer wegen seiner weiter bestehenden Gefährlichkeit die nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet werden durfte. Diese sei hier nicht als „Strafe“, sondern im Hinblick auf seine psychische Verfassung erfolgt.
Dem folgte nun auch die Große Kammer des EGMR. Hier hätten zwei externe Sachverständige unabhängig voneinander festgestellt, dass Daniel I. an einer Form eines sexuellen Sadismus leidet und er für die Allgemeinheit sehr gefährlich ist. Die nachträglich angeordnete Sicherungsverwahrung sei daher rechtmäßig gewesen, da er dort entsprechende Therapiemöglichkeiten angeboten bekam.
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