ZIVILRECHT
Gebäudeversicherer kann Haftung nicht durch Trödelei begrenzen
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Schleswig (jur). Gebäudeversicherer können ihre Haftung bei einem auslaufenden Vertrag nicht durch Verzögerungstaktik begrenzen. Wird noch während der Laufzeit der ersten Versicherung ein Schwammbefall festgestellt, umfasst die Leistungspflicht des ersten Versicherers auch Schadstellen, die erst später entdeckt werden, wie das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (OLG) in Schleswig in einem am Donnerstag, 18. Juni 2015, bekanntgegebenen Urteil entschied (Az.: 16 U 3/15).
Als Konsequenz ist auch ein Versicherungswechsel ohne das Risiko einer Deckungslücke möglich.
Konkret gab das OLG der Eigentümerin eines mehrgeschossigen Mietshauses recht. Sie hatte eine Versicherung gegen Schwammbefall und weitere Schädlinge abgeschlossen, diese aber gekündigt.
Einen Monat vor Vertragsablauf entdeckte sie einen erheblichen Schwammbefall an dem Gebäude und meldete dies der Versicherung. Diese verlangte konkretere Angaben. Die Eigentümerin beauftragte daher einen Sachverständigen. Der entnahm 36 Proben aus dem Bauholz; 24 davon waren befallen.
Erst im Zuge der Sanierung wurden nach Vertragsablauf weitere Befallsstellen entdeckt, unter anderem in der Holz-Tragekonstruktion des Dachgeschosses. Die Versicherung wollte nur für die vor Vertragsablauf gemeldeten Befallsstellen einstehen, nicht aber für die neu entdeckten Schäden.
Wie nun das OLG Schleswig entschied, muss die Versicherung aber für den gesamten Schaden aufkommen. „Eine Beschränkung auf nur diejenigen Schäden, die bis zum Ende der Vertragslaufzeit positiv festgestellt und der Versicherung konkret angezeigt wurden, lässt sich den Versicherungsbedingungen nicht entnehmen“, erklärte das Gericht.
Laut Vertag beginne der Versicherungsfall, sobald der Hauseigentümer den Schaden feststellt, „spätestens mit der Feststellung des Schadens durch den Versicherer“. Dies sei aus der Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers nur so zu verstehen, dass der Versicherungsfall eintritt, wenn „der Pilzbefall wahrgenommen wird“. Es entspreche auch dem typischen Ablauf, dass zunächst nur eine von Schwamm befallene Stelle entdeckt wird. „Dessen Meldung“, so dass OLG, „zieht dann weitere Untersuchungsmaßnahmen nach sich, die regelmäßig einen weiteren Befall zu Tage fördern.“
Dessen Sanierung sei dann insgesamt Inhalt des Versicherungsversprechens, urteilte das OLG. Andernfalls könne der Versicherer seine Haftung allein dadurch begrenzen, dass er – wie hier geschehen – „die nach der ersten Schadensmeldung vorgesehenen eigenen Feststellungen unterlässt oder verzögert“, so das OLG in seinem Urteil vom 04. Juni 2015.
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