REISERECHT
Gebuchte „Fahrt ins Blaue“ ist für Überraschungen gut
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Gebuchte „Fahrt ins Blaue“ ist für Überraschungen gut © Symbolgrafik:© p365.de - stock.adobe.com
Karlsruhe (jur). Wer bei einem Reiseveranstalter eine „Fahrt ins Blaue“ bucht, muss auch mit Überraschungen rechnen. Sobald aber die Reisenden zu Beginn der Fahrt ein Reiseprogramm erhalten, ist dieses für den Reiseveranstalter verbindlich, stellte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Donnerstag, 27. April 2023, veröffentlichten Urteil klar (Az.: X ZR 18/22).
Im konkreten Fall hatte der Kläger über ein Reisebüro für elf Personen eine „Fahrt ins Blaue“ bei einem Reiseveranstalter zum Gesamtpreis von 2.138 Euro gebucht. Wohin es bei der Pauschalreise ging und welches Programm vorgesehen war, war den Reisenden zunächst nicht bekannt.
Zu Beginn der Reise erhielten die Reisenden ein Programm ausgehändigt. Danach sollte es nach Hamburg gehen. Neben zwei Hotelübernachtungen waren eine Führung im Speicherstadtmuseum, eine große Hafenrundfahrt und der Besuch des Musicals „Cirque du Soleil Paramour“ vorgesehen.
Doch am Nachmittag des Anreisetages zur Busreise wurde das Highlight, der Besuch des Musicals, wegen der Corona-Pandemie gestrichen. Stattdessen wurde mit der Gruppe eine dreistündige Stadtrundfahrt durch Hamburg durchgeführt.
Der Kläger verlangte daraufhin eine Minderung des Reisepreises. Denn der Besuch des Musicals sei gecancelt worden.
Der Reiseveranstalter meinte, dass der Kläger sich nicht darauf habe verlassen können. Denn er habe ja nur eine „Fahrt ins Blaue“ gebucht.
Das Landgericht Osnabrück sprach dem Kläger wegen eines Reisemangels eine Reisepreisminderung von 15 Prozent zu, insgesamt 320 Euro.
Der BGH urteilte am 14. Februar 2023, dass die vom Landgericht festgestellte Reisepreisminderung gerechtfertigt sei. Bei der Buchung einer „Fahrt ins Blaue“, ohne dass der Reisende weiß, wohin es geht und welches Programm ihn erwartet, seien Preisminderungen wegen eines Reisemangels zunächst allerdings ausgeschlossen. Sobald aber vom Veranstalter ein Reiseprogramm ausgehändigt wird, sei dies verbindlich. Das ausgehändigte Programm stelle ein „konkretisierter Leistungsinhalt“ dar. „Eine solche Erklärung ist unwiderruflich“, betonten die Karlsruher Richter.
Der Wegfall des Musicals stelle auch einen „zur Minderung berechtigenden Reisemangel“ dar. „Ob die Erbringung der Reiseleistung nach Vertragsschluss unmöglich geworden ist oder ob den Reiseveranstalter ein Verschulden trifft, ist ohne Belang“, urteilte der BGH. Die stattdessen durchgeführte Stadtrundfahrt sei keine „gleichartige und gleichwertige den Mangel behebende Ersatzleistung“ gewesen.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock