ARBEITSRECHT
Gewerkschaftsspitze muss diskriminierungsfrei gewählt werden
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Luxemburg (jur). Gewerkschaften müssen ihre Führungsspitze diskriminierungsfrei wählen. Das hat am Donnerstag, 2. Juni 2022, der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg gegen eine Gewerkschaft in Dänemark entschieden (Az.: C‑587/20). Das Grundrecht auf Nichtdiskriminierung gehe der Vereinigungsfreiheit der Gewerkschaften vor.
Damit verwarf der EuGH eine Satzungsklausel der dänischen Angestelltengewerkschaft HK. Sie hat nach eigenen Angaben rund 220.000 Mitglieder und ist damit die zweitgrößte Gewerkschaft für Angestellte in Dänemark. Gegliedert ist die Gewerkschaft in die Bereiche Einzelhandel sowie öffentliche und private Verwaltung. Die Satzung sieht für die Wahl zum Bereichsvorsitz eine Altersgrenze von 60 Jahren vor, bei einer Wiederwahl von 61 Jahren.
Im Streitfall geht es um eine Gewerkschafterin, die 1993 erstmals zur Vorsitzenden des Bereichs HK/Privat gewählt und danach mehrfach in diesem Amt bestätigt wurde. Auch im November 2011 wäre sie gerne wieder angetreten. Wegen ihres Alters von nunmehr 63 Jahren war ihr dies aber laut Satzung untersagt.
Auf ihre Beschwerde bewertete der dänische Gleichbehandlungsausschuss die Satzungsklausel als unzulässige Altersdiskriminierung. Die Gewerkschaft HK sollte der Gewerkschafterin daher eine Entschädigung zahlen. Die Gewerkschaft weigerte sich. Das Landgericht für Ostdänemark fragte beim EuGH an, ob die Antidiskriminierungsrichtlinie der EU auf den Streit anwendbar ist.
Dies haben die Luxemburger Richter nun bejaht. Die Richtlinie gelte für „unselbstständige“ und „selbstständige Erwerbstätigkeit“. Dies sei so zu verstehen, „dass die Bedingungen für den Zugang zu jeglicher beruflichen Tätigkeit unabhängig von deren Art und Merkmalen erfasst werden“.
Weiter betonte der EuGH, dass die Antidiskriminierungsrichtlinie nicht dem Schutz von Arbeitnehmern als gegenüber dem Arbeitgeber meist schwächere Partei dient. Sie ziele vielmehr darauf ab, Diskriminierungen bei der Berufstätigkeit generell zu verhindern. Daher greife auch der Hinweis der Gewerkschaft HK auf die „politische Natur“ des Führungspostens nicht. Ebenso wenig sei es von Bedeutung, dass die Stelle per Wahl besetzt wird. Die Vereinigungsfreiheit der Gewerkschaft müsse hier hinter dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung zurückstehen.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock