KOMMUNALRECHT
Gleichberechtigung ist kein Verfassungsauftrag der Kommunen
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Koblenz (jur). Das Kommunalwahlgesetz Rheinland-Pfalz, das Angaben zur Geschlechterparität auf den Stimmzetteln vorsieht, ist insoweit verfassungswidrig. Die Zusatzangaben verletzen den Grundsatz der Freiheit der Wahl, wie am 13. Juni 2014 der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz in Koblenz entschied (Az.: N 14/14 und B 16/14). Es bestätigte damit einen Eilbeschluss vom April.
Nach dem Gesetz sollten die Stimmzettel ein Zitat des Artikel 3 des Grundgesetzes enthalten: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“, zudem Angaben, wie viele Männer und wie viele Frauen zuletzt im jeweiligen Gemeinderat vertreten waren. Bei den einzelnen Parteien sollte angegeben werden, wie viele Frauen und wie viele Männer jeweils auf den ersten sechs Plätzen kandidieren. Zudem sollte hinter jedem Namen ausdrücklich angegeben sein, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt.
Grund dieser Gesetzesinitiative war, dass bei den Kommunalwahlen 2009 lediglich 16,8 Prozent der Mandate an Frauen gegangen waren.
Gegen diese Vorschriften hatten einzelne Mitglieder der Piratenpartei geklagt. Dagegen beantragten die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen, die Vereinbarkeit der Regelungen mit der Landesverfassung festzustellen.
Rechtzeitig vor der Kommunalwahl am 25. Mai 2014 hatte der Verfassungsgerichtshof bereits im Eilverfahren die Regelungen verworfen (Beschluss und JurAgentur-Meldung vom 4. April 2014, Az.: A 15/14 und A 17/14). Wählerinnen und Wähler hätten das Recht „in der Wahlkabine in Ruhe gelassen zu werden“. „Wechselseitige Verschränkungen“ und Beeinflussungen seien für den politischen Willensbildungsprozess in der Demokratie zwar üblich und notwendig, das gelt aber „für den Moment der Stimmabgabe in der Wahlkabine nicht“. Im Wahlakt müsse sich „die Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen hin vollziehen, nicht umgekehrt von den Staatsorganen zum Volk hin“.
Daran hielten die Koblenzer Verfassungsrichter nun auch im Hauptverfahren fest und erklärten die Regelungen „für verfassungswidrig und daher nichtig“. Die Vorgaben zur Gestaltung der Stimmzettel seien „eine unzulässige staatliche Einwirkung auf den Inhalt der Wahlent¬scheidung im Zeitpunkt der Stimmabgabe“.
Zur Begründung erklärte der Verfassungsgerichtshof, das Grundgesetzzitat und die Angaben zur Geschlechterparität entfalteten auf dem Stimmzettel „einen appellativen Charakter“. Wählerinnen und Wähler würden aufgefordert, bevorzugt Frauen oder Listen mit hohem Frauenanteil zu wählen. Das Grundgesetzzitat „Männer und Frauen sind Gleichberechtigt“ werde in eine Aufforderung umgemünzt „Sorge dafür zu tragen, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind“.
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