ARBEITSRECHT
Häufige Verspätung bei der Arbeit ist kein Grund für eine fristlose Kündigung
Experten-Branchenbuch.de,
zuletzt bearbeitet am:
Düsseldorf. Eine fristlose Kündigung wegen Verspätung des Arbeitnehmers zur Arbeit ist regelmäßig unwirksam. In seinem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 24.02.2022 (Az.: 10 Ca 4119/21) hat das Arbeitsgericht Düsseldorf entschieden, dass bei Unpünktlichkeit eine außerordentliche Kündigung ausnahmsweise nur dann möglich sei, wenn diese einer Arbeitsverweigerung gleichkomme. Daraufhin kippte das Gericht mehrere Kündigungen einer Mitarbeiterin des Autovermieters Sixt.
Hintergrund des Rechtsstreits war eine Einladung zur Wahlvorstandswahl, um eine Betriebsratswahl bei Sixt durchzuführen. Die Klägerin und zwei weitere Kollegen stellten am 20.08.2021 einen entsprechenden Antrag. Nur eine Woche später wurde die Frau fristlos sowie hilfsweise ordentlich gekündigt. Sixt begründete dies unter anderem mit mehrfachem Zuspätkommen zur Arbeitstelle, zumal die Frau bereits vorher abgemahnt worden war.
Andere fristlose Kündigungen bezogen sich auf Unregelmäßigkeiten bei der Wahlvorstandswahl sowie Hausfriedensbruch bei den Wahlen, weil die Klägerin die Wahleinladung ohne vorherige Absprache in einem für sie nicht erlaubten Bereich aufgehängt hatte.
Das Arbeitsgericht erklärte sowohl fristlose als auch ordentliche Kündigungen für unwirksam. Die Kündigung aufgrund von Wahlunregelmäßigkeiten, in diesem Fall die Anmietung eines zu kleinen Raums für die Wahlvorstandswahlen, sei unsubstantiiert. Die fristlose Kündigung aufgrund des Hausfriedensbruchs sei zudem unverhältnismäßig und bedürfe einer vorangegangen Abmahnung.
Aber auch die fristlose Kündigung wegen Verspätung sei unwirksam, entschied das Arbeitsgericht. Es bestehe die Pflicht des Arbeitnehmers, pünktlich zur Arbeit zu erscheinen, jedoch sei hier meist nur eine ordentliche Kündigung möglich.
Damit eine außerordentliche fristlose Kündigung greife, müsse die Unpünktlichkeit des Arbeitnehmers den Grad und die Auswirkung einer beharrlichen Verletzung seiner Arbeitspflicht erreichen (Arbeitsverweigerung). In seiner Entscheidung vom 17.03.1988 hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) dies nach 104 Verspätungen und sechs Abmahnungen eines Arbeitnehmers auch so entschieden (Az.: 2 AZR 576/87).
In dem Fall der betreffenden Sixt-Arbeitnehmerin erhielt diese im Januar 2021 eine Abmahnung wegen Verspätungen. Darauffolgende Unpünktlichkeiten blieben jedoch ohne Folgen. Dass im August 2021 wegen vier Unpünktlichkeiten die Kündigung der Arbeitsstelle erfolgte, sei nicht gerechtfertigt. Somit liege keine Vergleichbarkeit zum BAG-Urteil von 1988 vor.
Eine ordentliche Kündigung sei auch deshalb nicht möglich, weil die Klägerin als Initiatorin von Betriebsratswahlen einen besonderen Kündigungsschutz genieße.
Quelle: © Experten-Branchenbuch.de