SOZIALRECHT
Jobcenter muss Umzug aus Wohnung ohne Dusche genehmigen
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Magdeburg (jur). Wohnen Hartz-IV-Bezieher in einer nur 25 Quadratmeter großen Wohnung ohne Dusche oder Wanne, muss das Jobcenter einen Umzug in eine größere angemessene Unterkunft erlauben. Dies gilt umso mehr, wenn der Arbeitslose die Wohnung auch für das Umgangsrecht mit seinem Kind nutzt, entschied das Sozialgericht Magdeburg per einstweiliger Anordnung in einem aktuell veröffentlichten Beschluss vom 29. Oktober 2015 (Az.: S 22 AS 3193//15 ER).
Im konkreten Fall zog ein heute 29-jähriger Langzeitarbeitsloser aus dem Landkreis Harz vor Gericht. Der Mann war seit seinem Hartz-IV-Bezug im Juli 2013 mehrfach ohne Genehmigung des Jobcenters umgezogen. Im März 2015 beantragte er erneut einen Umzug, diesmal in eine nur 25 Quadratmeter große Einzimmerwohnung ohne Dusche oder Wanne zu einer monatlichen Warmmiete in Höhe von 195 Euro. Toilette und Waschbecken befanden sich im Treppenhaus.
Das Jobcenter genehmigte den Umzug und erklärte sich bereit, die Unterkunftskosten zu übernehmen.
Der Hartz-IV-Bezieher stellte jedoch fest, dass der Umzug wohl ein Fehler war. Er beantragte erfolglos beim Jobcenter einen erneuten Umzug, diesmal in eine 59 Quadratmeter große Dreizimmerwohnung. Zur Begründung führte er an, dass seine alte Unterkunft weder über Dusche oder Wanne verfüge. Außerdem benötige er eine größere Wohnung zur Wahrnehmung des Umgangsrechts mit seinem fast einjährigen Sohn.
Das Jobcenter erklärte sich lediglich bereit, die Unterkunftskosten in Höhe der alten Miete zu übernehmen. Schließlich habe er sich die Einzimmerwohnung ja auch selbst ausgesucht und den Wohnstandard zur Kenntnis genommen. Die Kosten für die neue Unterkunft lägen 178 Euro höher und seien daher unangemessen.
Das Sozialgericht verpflichtete jedoch das Jobcenter, den Umzug in die größere Wohnung zu genehmigen und die Kosten hierfür zumindest vorläufig zu zahlen. Die Einzimmerwohnung ohne Dusche oder Wanne und mit Toilette und Waschbecken im Treppenhaus entspreche „nicht mehr den heutigen einfachen und grundlegenden Wohnverhältnissen“. Mit einer Wohnungsgröße von nur 25 Quadratmetern sei die Unterkunft gerade einmal halb so groß wie die als angemessen geltende Wohnungsgröße.
Bei einer solchen deutlichen Unterschreitung des Wohnstandards und der angemessenen Wohnungsgröße müsse das Jobcenter den Umzugswunsch akzeptieren, stellte das Sozialgericht klar. Stelle der Hartz-IV-Bezieher fest, dass ein „dauerhaftes Wohnen“ in solch einer Unterkunft nicht zumutbar ist, stehe es ihm frei, eine angemessene Wohnung zu beziehen. Ein Missbrauch sei darin nicht zu sehen.
Schließlich müsse berücksichtigt werden, dass der Arbeitslose auch für die Wahrnehmung des Umgangsrechts mit seinem Sohn eine größere Wohnung mit Waschgelegenheit benötigt.
Die Drei-Zimmer-Wohnung sei zudem auch hinsichtlich Größe und Kosten angemessen.
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