ARBEITSRECHT
Kann ein beleidigender Emoticon auf Facebook zu einer fristlosen Kündigung führen?
Autor: Robert Mudter - Rechtsanwalt
Wir nehmen eine Entscheidung des LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 22.06.2016, 4 Sa 5/16) zum Anlaß diese Frage zu thematisieren. In der Entscheidung des LAG hatte ein Arbeitnehmer ein Emoticon benutzt und in einem Chat mit einem Schweinchen Emoticon einen Vorgesetzten als fettes „Schwein“ bezeichnet. Der Arbeitgeber sprach die fristlose Kündigung aus.
In der Entscheidung hält das LAG ausdrücklich fest, dass es eine Beleidigung sieht. Dennoch war die Kündigung nicht erfolgreich, da der Mitarbeiter eine Betriebszugehörigkeit von 16 Jahren hatte und sich in dieser Zeit keine nennenswerten Vorfälle ereigneten.
Bleibt die Frage: Kann ein Kommentar in einem Chat mit einem Emoticon überhaupt Grund für eine Kündigung sein?
Die grobe Beleidigung des Arbeitgebers, von Vorgesetzten oder Mitarbeitern ist eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten und kann eine außerordentliche Kündigung begründen. Gem. § 626 BGB kann der Arbeitgeber "aus wichtigem Grund" ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer ihm
"unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann."
Die Prüfung einer außerordentlichen Kündigung erfolgt immer in 2 Stufen. Zuerst wird gefragt ob das Geschehene an sich einen wichtigen Grund darstellen kann. Es kommt dabei nicht auf den Einzelfall an, sondern wird gefragt, ob generell ein bestimmter Sachverhalt einen wichtigen Grund zur Kündigung darstellen kann. In einem zweiten Schritt wird dann gepfrüft, ob unter Berücksichtigung des konkreten Arbeitsverhältnisses eine außerordentliche Kündigung verhältnismäßig ist.
Sogenannte Formalbeleidigungen ("Schwachkopf", A-Wörter usw.) sind weder durch das Grundgesetz, noch durch die Meinungsfreiheit geschützt. Die Arbeitsgerichte sehen auf der ersten Stufe an sich einen wichtigen Grund. Hierunter fällt auch die Beleidigung in Facebook durch Emoticons.
In dem konkreten Fall hatte der Arbeitnehmer eine Betriebszugehörigkeit von 16 Jahren. Der Arbeitgeber hatte die fristlose Kündigung ausgesprochen, da der Arbeitnehmer in einem Chat auf Facebook zu seinem Vorgesetzten geschrieben hat:
"Das Fette (dann ist ein Emoticon mit einem Schweinekopf sichtbar) dreht durch!!! "
Hintergrund des Chats waren mögliche Krankschreibungen und die Sorge, dass diese zu Verärgerungen führen. Es beteiligten sich mehrere Arbeitnehmer an diesem Chat.
Das LAG Baden-Württemberg stellte fest, dass die Kündigung unwirksam war. Auf der 2. Stufe sieht das LAG die Kündigung als unverhältnismäßig. Allerdings betonte es in der Entscheidung, dass Die Beleidigung mit Emoticons auf der ersten Stufe ein wichtiger Kündigungsgrund sein kann. Das LAG führt in seiner Entscheidung aus:
„Die Beleidigungen sind ein Ausdruck des vielfach zu beobachtenden Phänomens, dass unter dem Schutz der Anonymität der sozialen Netzwerke deutlich heftiger „vom Leder gezogen“ wird als man dies in einem Gespräch direkt Auge gegenüber Auge getan hätte. Dies kann zwar nicht als Rechtfertigung für ungebührliche Äußerungen herhalten. Jedoch wird erkennbar, dass der Kläger das Aufschaukeln an Herabsetzungen anderer in einer plumpen Art und Weise schlicht lustig gefunden hat. Dies ist zwar gänzlich inakzeptabel. Jedoch geht die Kammer davon aus, dass wenn dem Kläger durch eine Abmahnung die Außenwirkung seiner Beleidigungen deutlich vor Augen gehalten worden wäre, auch bei diesem eine Einsicht in die Unrechtmäßigkeit seines Tun hätte geweckt werden können, so dass mit entsprechenden Vertragsstörungen künftig nicht mehr hätte gerechnet werden müssen.“
Das LAG berücksichtigte zugunsten des Arbeitnehmers die lange Betriebszugehörigkeit, aber auch, dass der beleidigte Vorgesetzte kein unmittelbarer Vorgesetzter des Klägers war. Im Falle der Weiterbeschäftigung wären also keine Beeinträchtigungen des Betriebsklimas zu befürchten. Eine Abmahnung, so dass LAG, wäre ausreichend gewesen.
Fazit:
Ein wutentbrannter Kommentar auf Facebook oder in anderen Medien sollte immer gut überlegt werden. Auch ein Emoticon, welches sinngemäß einer bestimmten Person zugeordnet werden kann, könnte zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zur außerordentlichen Kündigung führen. In der arbeitsgerichtlichen Praxis scheitern seit der berühmten Emmely Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes viele außerordentliche Kündigungen an der fehlenden Abmahnung. Es gibt jedoch auch Fälle von besonders krassen Verstößen in denen eine Abmahnung nicht erforderlich ist.
Fachanwalt für Arbeitsrecht Robert Mudter empfiehlt: Auch auf Facebook gilt: Nicht gleich alles von der Seele schreiben, die Zeiten eines belanglosen Privataustausches sind vorbei.